Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Eberbach; Eberesche

668

Eberbach - Eberesche

Melanchthon verbunden, stand er letzterm besonders nahe und war nach dessen Tode in den Streitigkeiten der Philippisten und strengen Lutheraner der bedeutendste Vertreter der Melanchthonschen Richtung, die er namentlich in der Schrift «Unterricht und Bekenntnis vom heiligen Sakrament des Leibes und Blutes unsers Herrn Jesu Christi» (Wittenb. 1562) verteidigte. Dem Augsburger Interim trat er entschieden entgegen, 1548 war er auf dem Pegauer Konvent, 1557 mit Melanchthon auf dem Wormser Kolloquium; 1569 verteidigte er auf dem Altenburger Kolloquium gegen die Flacianer Melanchthons Ansicht von der Mitwirkung des menschlichen Willens bei der Rechtfertigung. Als sein Hauptwerk betrachtete E. die im Auftrag des Kurfürsten vorgenommene Verbesserung der lat. Übersetzung des Alten Testaments. Von den nach seinem Tode herausgegebenen Predigten wurden besonders die Katechismuspredigten geschätzt. Ferner schrieb E. in lat. Sprache eine «Geschichte des jüd. Volks seit der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil» (Wittenb. 1548) und dichtete geistliche Lieder. – Vgl. Sixt, Dr. Paul E., der Schüler, Freund und Amtsgenosse der Reformatoren (Heidelb. 1843); ders., Paul E. (Ansb. 1857); Pressel, Paul E. (Elberf. 1862).

Eberbach. 1) Amtsbezirk im bad. Kreis Mosbach, hat (1890) 14563 (7094 männl., 7469 weibl.) E., darunter 4266 Katholiken und 170 Israeliten, und 26 Gemeinden. – 2) E. am Neckar, Hauptstadt des Amtsbezirks E. im Odenwald, 4 km westlich vom Katzenbuckel (627 m) und 18 km im NW. von Mosbach, rechts am Neckar, am Fuße des Burghaldenbergs und an den Linien Heidelberg-Würzburg der Bad. Staatsbahnen und Frankfurt-E. (106,1 km) der Hess. Ludwigsbahn, ist Sitz eines Bezirksamtes, Amtsgerichts (Landgericht Mosbach) und einer Bezirksforstei und hat (1890) 4927 E., darunter 1176 Katholiken und 99 Israeliten, Post zweiter Klasse, Telegraph, evang. und kath. Kirche, höhere Bürgerschule; Eisenhammerwerk, Cigarren- und Lederfabriken, Roßhaarspinnerei, Reif- und Steinschneiderei, Sägemühlen, Steinbrüche, Schiffbau, Schiffahrt, Holz- und Weinhandel. (Vgl. Wirth, Geschichte der Stadt E., Stuttg. 1864.) – 3) E., ehemalige reiche und berühmte Cistercienserabtei bei Hattenheim im Rheingaukreis des preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden. Erzbischof Adalbert von Mainz errichtete 1116 hier ein Kloster für Regulierte Chorherren des Augustinerordens, hob es jedoch, da diese bald entarteten, wieder auf. Die Besitzung schenkte er 1131 den Benediktinern auf dem nahen Johannisberg, kaufte sie jedoch nachher zurück und ließ durch Bernhard von Clairvaux ein neues Kloster nach dessen Regel gründen; 1135 begannen die eingewanderten Mönche unter dem Abte Ruthard den neuen Klosterbau, 1186 wurde die einfache roman. Kirche eingeweiht, die später vielen Erzbischöfen, Grafen, z. B. von Katzenelnbogen, und Edeln zur Ruhestätte diente. Viele Denkmäler aus dem 12. bis 18. Jahrh. sind noch vorhanden, darunter das prächtige gotische mit den Grabsteinen der Mainzer Erzbischöfe Gerlach (gest. 1371) und Adolf Ⅱ. von Nassau (1474). Durch den Bauernkrieg und Dreißigjährigen Krieg verarmte das Kloster; 1803 wurde es aufgehoben und diente von 1811 ab zunächst als Korrektions- und Irrenhaus, später als Centralgefangenanstalt. – Vgl. Bär, Diplomatische Geschichte der Abtei E. (2 Bde., Wiesb. 1851‒58); Rössel, Urkundenbuch der Abtei E. (2 Bde., ebd. 1861‒70); ders., Die Abtei E. (ebd. 1862); Stoff, Die Abtei E. im Rheingau (ebd. 1879).

Eberesche (Sorbus), Laubholzgattung aus der Familie der Rosaceen (s. d. ) Abteilung der Pomaceen, mit etwa 15 Arten, die in der nördlichen gemäßigten Zone vorkommen. Die Blüten sind klein, weiß, selten rötlich, in vielblütigen Doldenrispen; die Blütenachse halbkugelig oder kreiselförmig mit kurzen dreieckigen Kelchzipfeln, welche sich nach der Blütezeit zusammenlegen, meist mit drei (zwei bis fünf) Stengeln. Die Frucht, ein kleiner, beerenähnlicher Kernapfel, ist weich, mit zwei bis fünf dünnhäutigen, ein- bis zweisamigen Fächern. Die E. sind sommergrüne Bäume und Sträucher mit einfachen und zusammengesetzten Blättern. Die Gattung Sorbus wird auch nur als Unterabteilung der Gattung Pirus betrachtet, von der sie sich namentlich durch kleinere Früchte und dünnhäutige Fruchtfächer unterscheidet. Man kennt außer mancherlei Varietäten sieben europ. Arten, von denen die gemeine E. (Sorbus aucuparia L.), auch Vogelbeere, Quitschbeere genannt, die verbreitetste ist. Ihre Blätter sind unpaarig gefiedert, in der Jugend zottig, später kahl, am Grunde ungleich und ganzrandig, sonst scharf gesägt; die weißen Blüten stehen in großen dichten Trugdolden. Die Früchte sind schön scharlachrot, kugelig, erbsengroß. Der Baum erreicht selten eine Höhe von mehr als 15 m. Er ist fast durch ganz Europa und das ganze nördl. Asien verbreitet, geht mit der Birke hoch nach Norden und steigt in unsern Gebirgen bis an die Grenze der Baumvegetation, wo er strauchförmig wird. In Waldungen kommt er häufig eingesprengt, aber nicht bestandbildend vor, wird jedoch forstlich nicht kultiviert, weil er im Hochwald höhere Umtriebe nicht aushält und als entschiedene Lichtpflanze viel Raum beansprucht. Dagegen ist er in den jungen Fichtenkulturen des höhern Gebirges, wo er sich von selbst einfindet, als vorübergehende Schutzholzart gern gesehen. Am Harz, im Erzgebirge, wo Obst nicht mehr gedeiht, ist die gemeine E. als Alleebaum sehr beliebt. Von Tischlern, Wagnern u. s. w. wird ihr Holz nicht ungern verarbeitet. Das Laub dient als Wild- und Viehfutter. Die im August bis September reifenden Früchte (Drosselbeeren) benutzt man bisweilen zur Branntwein- und Essigbereitung, als Wildfutter, mit Salz als Viehfutter; sie sind das beste Lockmittel für den Drosselfang in Dohnen. Von den Varietäten verdient Erwähnung die aus Spornhau in Mähren stammende süße E. (var. dulcis) mit süßen genießbaren, etwas größern Früchten. Sie läßt sich nur durch Veredelung fortpflanzen und ist in neuerer Zeit vielfach verbreitet in Österreich, Ungarn, Deutschland, selbst in Schweden (vgl. Kraetzl, Die süße E., Wien 1890). Ein aus dem Safte der Früchte bereitetes Mus (succus s. extractum sorborum) ist als Volksheilmittel bei Diarrhöe und Blasenleiden bekannt.

Fig.1 auf Tafel Laubhölzer: Waldbäume Ⅵ, zeigt die gemeine E. als Baum, außerdem von dieser Art: 1 eine Blütendolde, 2 eine Blüte in natürlicher Größe, 3 dieselbe vergrößert, 4 dieselbe im Durchschnitt stark vergrößert, 5 eine Beere in natürlicher Größe, 6 Längsschnitt, 7 Querschnitt derselben vergrößert.

Nahe verwandte Arten sind die zahme E. (Sorbus domestica L.) und die Bastardeberesche (Sorbus hybrida L.). Erstere auch Speier-, Sperber- oder Spierlingsvogelbeere genannt, hat ebenfalls