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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Edinburgh (Stadt)

Edinburgh (spr. edd’nbŏrŏ), Hauptstadt von Schottland und der schott. Grafschaft E. oder Mid-Lothian (s. d.), Municipalstadt und Parlamentsborough, liegt unter 55° 57' 23" nördl. Br. und 3° 11' westl. L. von Greenwich, 3,2 km von der Südküste des Firth of Forth entfernt. Das Klima ist oft rauh; der wärmste Monat hat + 14,6, der kühlste + 3° C. Durchschnittstemperatur.

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E. hatte 1801: 66544, 1881: 228357 und 1891: 264796 E., d. i. eine Zunahme von 11,5 Proz. gegen 1881; 1893 wurden 267672 berechnet; doch ist es im Laufe des 19. Jahrh. von Glasgow bedeutend überflügelt worden. Mit Leith und Granton steigt die Zahl auf 339599 E. (Hierzu ein Stadtplan.)

Anlage. E. ist berühmt wegen seiner unvergleichlich schönen Lage zwischen Meer und Gebirge. Es liegt auf drei Hügeln, Ausläufern der Pentland Hills, zwischen dem 251 m hohen mit Magazinen besetzten und von der aussichtsreichen Promenade Queen’s Drive umzogenen Arthurssitz (s. d.) im O. und dem Flüßchen Leithwater im W. und verwächst nach NO. und N. allmählich mit den Hafenstädten Portobello und Leith (s. d.). E. zerfällt in die südl. Altstadt, die einst Sitz des schott. Adels, mit ihrem Labyrinth von Gassen und den bis 10 Stockwerken hohen Häusern (16. Jahrh.), jetzt den ärmern Schichten zur Wohnung dient und in Canongate und Cowgate (Kuhthor) zahlreiche histor. Merkwürdigkeiten aufweist, und in die Neustadt, die mit ihren regelmäßigen Straßenzügen und neuern Prachtbauten seit 1768 entstanden ist. Die beide Stadtteile trennende Senke des seit 1816 entwässerten Loch North ist jetzt mit den schönen Anlagen der East- und West-Princes’-Street Gardens ausgefüllt und durch großartige Viadukte (Nord Bridge, Waverley Bridge) und den Mound, eine 295 m lange Straßenüberführung, überbrückt. In den Vororten, namentlich im S. (St. Leonhard's Hill, Newington, Morningside und Merchiston), wohnt die Arbeiterbevölkerung.

Bauten. Den Mittelpunkt des Ganzen bildet das Schloß am Südwestrande der großen Anlagen, zwischen neuen Gebäuden malerisch hervorragend, die Akropolis der ihrer Lage und ihres blühenden geistigen Lebens wegen oft mit Athen verglichenen Stadt. Es enthält die alten schott. Königsinsignien und gewährt Aussicht auf Stadt, Meer und Gebirge. Am Ostende, am Fuße von Arthur’s Seat, steht das düstere Königsschloß Holyrood (s. d.). Ferner enthält die Altstadt die got. St. Gileskirche mit geschichtlichen Erinnerungen im Innern, einen 1385-1460 aufgeführten got. Bau, dem durch W. Chambers 1871-83 die ursprüngliche Gestalt wiedergegeben wurde, das ausgedehnte Parlamentsgebäude, seit 1707 Sitz des höchsten Gerichts (Supreme Court), mit kostbaren Glasgemälden und einer Bibliothek von 300000 Bänden, die Kornbörse, die Bank von Schottland, die Tron Church, das Wohnhaus des Reformators John Knox (1560-72). An und auf dem Caltonhügel (92 m) erheben sich das burgähnliche Gefängnis, die High School, das unvollendete Nationaldenkmal zum Andenken an die Schlacht von Waterloo, ein schönes Nelson-Monument und die Sternwarte. Westlich vom Castle liegen die St. Cuthbert Church, Free Church und jenseit der Deanbrücke über den Leith die Trinity Episcopal Church sowie der Dean-Kirchhof mit zahlreichen Denkmälern. Inmitten des vornehmen Westviertels die frühgot. St. Mary-Kathedrale, mit 90 m hohem Turm, von H. H. Scott entworfen, wohl das schönste neuere kirchliche Bauwerk Schottlands. Im ganzen hat E. gegen 150 Kirchen (darunter 25 große) und Kapellen der schott. Staatskirche, der Free Church, der United Presbyterian Church, der Katholiken und vieler Sekten; auch eine deutsch-evang. Kirche ist vorhanden. Außer den obengenannten sind zu nennen: St. Andrews, St. Georges, Greyfriars Church, St. Johns und West Church. In der Assembly-Hall finden alljährlich die Synoden der Staatskirche statt. Der prächtigste Teil der Neustadt liegt zwischen dem Charlotte-Square mit der St. Georgekirche im W. und dem St. Andrews-Square im O., unweit dessen sich die Royalbank und das Staatsarchiv (Register House) mit allen gerichtlichen Dokumenten und wertvollen Urkunden zur schott. Geschichte erheben. Er besteht aus den drei Parallelstraßen Princes’-Street, am Rande der gleichnamigen Anlagen mit zahlreichen Klubgebäuden und den elegantesten Kaufläden, George-Street mit der Freimaurerhalle, Konzerthaus und Bankgebäuden, sowie Queen-Street, an die sich im N. wieder Parkanlagen anschließen. Die weitere Umgebung der Stadt ist mit Landhäusern besetzt. Von Denkmälern sind erwähnenswert: vor allem das Scottmonument (1840) mit der Marmorstatue des Dichters, das Bronzereiterstandbild Wellingtons (1852) vor dem Renaissancebau der Post, beide von Steel, ferner die Denkmäler von Livingstone, David Hume, Robert Burns, John Wilson, Allan Ramsay, Th. Chalmers und Sir James Simpson; auch dem Herzog von Buccleuch, Karl II., Georg IV. und Pitt sind Statuen errichtet.

Bildungs- und Unterrichtsanstalten. An der Spitze der Unterrichtsanstalten steht die Universität, ein Gebäude aus dem 18. Jahrh., 1583 gegründet; sie hat 55 Docenten und 3138 Studierende (72 Frauen); besonders angesehen ist die mediz. Fakultät, für die 1884 Neubauten (für 250000 Pfd. St.) in unmittelbarer Nähe der großen Krankenhäuser (nördlich von den Meadows) aufgeführt worden sind. Die Bibliothek enthält 177000 gedruckte Bücher und 3000 Manuskripte. Unter den höhern Schulen sind wichtig: High School, aus dem 16. Jahrh. stammend, ursprünglich nur klassischen Studien gewidmet, lehrt jetzt auch Mathematik, Naturwissenschaften und neuere Sprachen; Edinburgh Academy zerfällt in eine klassische und eine moderne Anstalt; Fettes’ College giebt allgemeine Bildung; ferner Free Church Normal School, Merchiston Academy und Watt Institution. Unter der städtischen Schulbehörde (School Board) stehen 30 Anstalten. Wichtig sind auch Fachschulen, wie das Royal College of Surgeons (1505), das auch die Berechtigung erstrebt, die mediz. Doktorwürde zu erteilen, sowie das College of Physicians (1681), das, von der Universität unabhängig, Prüfungen abhält. New College dient als Predigerschule für die 1843 abgetrennte Free Church; auch die Presbyterianer haben ein eigenes theol. Seminar. Sehr reich ist das wissenschaftliche Vereinsleben entwickelt. In Royal Institution, einem schönen Bau am Mound, sind außer Räumen für die Handels- und Gewerbekammer ein antiquarisches Museum (Gipsabgüsse) mit Bibliothek, die Versammlungssäle der Gesellschaft der Altertumsfreunde und der Royal Society (1783 inkorporiert)