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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Eichstädt; Eichstädter Alb; Eichstätt

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Eichstädt - Eichstätt (Bezirksamt und Stadt)

Flecken Gieboldehausen, Dingelstädt und Lindau und 150 Dörfern mit (1791) 74000 E. Infolge des Lunéviller Friedens nahm Preußen 1802 das kurmainzische E. nebst der Reichsstadt Mühlhausen in Besitz; aber schon 1807 wurde das Land dem Königreiche Westfalen einverleibt, 1813 von Preußen wieder erobert und, nachdem 1815 zufolge des Wiener Traktats die Distrikte Duderstadt, Gieboldehausen und Lindau an Hannover abgetreten worden, auf die drei zum Reg.-Bez. Erfurt gehörigen Kreise Heiligenstadt, Worbis und Mühlhausen verteilt. - Vgl. J. Wolf, Polit. Geschichte des E. (2 Bde., Gött. 1792 - 93); Wersebe, Beschreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale, Unstrut, Weser und Werra (Hannov. 1829); Duval, Das E. oder histor.-romantische Beschreibung aller Städte, Burgen, Schlösser, Klöster u. s. w. des E. (Sondersh. 1845); Werner, Das E. (Heiligenstadt 1886); Zehrt, Eichsfeldische Kirchengeschichte des 19. Jahrh. (ebd. 1892).

Eichstädt, Bezirksamt und Stadt, s. Eichstätt.

Eichstädt, Heinr. Karl Abraham, Philolog, geb. 8. Aug. 1772 zu Oschatz, studierte in Leipzig, habilitierte sich dort 1793, wurde 1795 zum außerord. Professor der Philosophie ernannt und ging 1797 nach Jena, wo er an der Redaktion der "Allgemeinen Litteraturzeitung" teilnahm. Nach 2 Jahren wurde er daselbst Direktor der Lateinischen Gesellschaft, 1803 ord. Professor der Beredsamkeit und Dichtkunst. Noch in demselben Jahre begann er die neue "Jenaische allgemeine Litteraturzeitung" herauszugeben, erhielt 1804 die Stelle eines Oberbibliothekars bei der Universität und starb 4. März 1848. E.s Hauptschriften sind kritische Abhandlungen und Untersuchungen, z. B. über Theokrit, Tibull, Horaz, Phädrus u. s. w., er hat ferner (freilich unvollständige) Ausgaben des Diodorus Siculus (2 Bde., Halle 1800) und des Lucrez (Lpz. 1801) und eine Übersetzung von Mitfords "Geschichte Griechenlands" (6 Bde., ebd. 1802 - 8) geliefert. E., einer der besten lat. Stilisten, zeigt sich als Meister der Form namentlich in mehrern Gedächtnisschriften auf Zeitgenossen, z. B. "Oratio Goethii memoriae dicata" (Jena 1832). Eine von E. begonnene Sammlung seiner "Opuscula oratoria." (ebd. 1848 - 49; 2. Aufl. 1850) wurde von Weißenborn beendigt. - Vgl. Goethes Briefe an E. (hg. von W. Freiherrn von Biedermann, Berl. 1872).

Eichstädter Alb, s. Fränkischer Jura.

Eichstätt (Eichstädt). 1) Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez. Mittelfranken, hat (1890) 23521 (11572 männl., 11949 weibl.) E. in 76 Gemeinden mit 161 Ortschaften. - 2) E., ursprünglich Eistet, ^[Abb: Wappen von Eichstätt] unmittelbare Stadt und Hauptort des Bezirksamtes E., von 1805 bis 1817 Hauptstadt des Altmühl- und Ober-Donau-Kreises, 26 km im NW. von Ingolstadt, in 388 m Höhe an der Altmühl, in einem tiefen Thale, mit dem Bahnhof E. der Linie München-Ingolstadt-Gunzenhausen der Bayr. Staatsbahnen durch Nebenbahn (5,2 km) verbunden, altertümlich gebaut, ist Sitz eines Bischofs, des Bezirksamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Augsburg) mit 9 Amtsgerichten (Beilngries, E., Ellingen, Greding, Ingolstadt, Kipfenberg, Monheim, Pappenheim, Weißenburg), eines Amtsgerichts, Rent-, Bau- und Forstamtes, Bezirksgremiums, einer Brandversicherungsinspektion sowie ^[Spaltenwechsel] des Bistums E. (s. unten) und hat (1890) 7546 (3811 männl., 3735 weibl.) E., darunter 755 Evangelische und 45 Israeliten, 1633 Haushaltungen, in Garnison (521 Mann) das 3. Bataillon des 19. Infanterieregiments, Post, Telegraph, ein bischöfl. Lyceum (Rektor Dr. Schneid), eine königl. Studienanstalt, bestehend aus Gymnasium und Lateinschule, früher isolierte Lateinschule, 1839 zum Gymnasium erweitert (Rektor Dr. Orterer, 18 Lehrer, 9 Klassen, 283 Schüler, einschließlich 90 Zöglinge des bischöfl. Knabenseminars), königl. Realschule, königl. Lehrerbildungsanstalt mit Internat, ein Priesterseminar, eine weibliche Erziehungsanstalt der Englischen Fräulein, Kapuziner- und Benediktinerinnenkloster; städtisches Theater, ein ansehnliches städtisches und ein Distriktskrankenhaus, ein Bürgerspital zum Heiligen Geist und die Dom-Augusto-Stiftung, 1835 von Herzog August von Leuchtenberg zur Beschäftigung der Armen gestiftet, ferner ein Waisenhaus, Rettungshaus, Gasbeleuchtung und Wasserleitung.

Erwähnenswerte Gebäude sind: der Dom, 1042 begonnen, mit roman. Türmen, dem Wilibaldschor im Übergangsstil, einem got. Schiff und Ostchor (1365 - 96), schönen Glasgemälden, Wandmalereien (1880 - 92 restauriert) und dem Grabe des heil. Wilibald; daran angrenzend das Land- und Amtsgerichtsgebäude, seit 1730 Sitz der ehemaligen Fürstbischöfe, von 1817 bis 1855 der Herzöge von Leuchtenberg, die evang. Kirche (1886), Schutzengel- (früher Jesuiten-) kirche (1640), Kapuzinerklosterkirche (1625) mit Nachbildung des heiligen Grabes (1889 restauriert), die Walpurgiskirche mit den Brustgebeinen der heil. Walpurgis, unter welchen zu gewissen Zeiten das für wunderthätig gehaltene Walpurgisöl herabträufelt, das 1444 erbaute Rathaus und das seit 1872 als Kaserne benutzte Sommerschloß (1735) der ehemaligen Fürstbischöfe, worin sich das ausgezeichnete Leuchtenbergsche Naturalienkabinett befand, welches 1858 den Staatssammlungen in München einverleibt wurde. Hinter der Hofgartenkaserne befindet sich der seit 1872 der Stadt gehörige Lust- (Hof-) garten mit Pavillons und Springbrunnen, auf dem Residenzplatze der Marienbrunnen (1777), dessen Säule (19 m) eine 2½ m hohe vergoldete Madonna trägt, auf dem Marktplatze der Wilibaldsbrunnen (1695) mit dem Bronzestandbild des Heiligen.

In den schönen Anlagen, 1 km von der Stadt, die Denkmäler der drei Herzöge von Leuchtenberg. In den nahen Schieferbrüchen werden wertvolle Versteinerungen gefunden. Nahe der Stadt die Feste Wilibaldsburg mit reizender Aussicht in die beiden Flußthäler und einem durch Felsen gesprengten Brunnen (90 m), in der Mitte des 14. Jahrh. von dem Fürstbischöfe Friedrich aus dem Hause der Burggrafen von Nürnberg erweitert, war bis 1730 Residenz der Bischöfe. Den einst berühmten botan. Garten (hortus Eystettensis) zerstörten die Schweden bei Einnahme der Burg 11. Mai 1633. Später wurde das Schloß Reichsfeste, als welche es noch 1796 gegen die Franzosen verteidigt wurde. Nach der Säkularisation 1806 wurde das Hauptschloß veräußert, unter König Ludwig I. 1828 aber zurückgekauft und diente dann als Kaserne und Militärspital. Jetzt steht es verlassen und verfällt.

Stadt und Bistum E. verdanken ihren Ursprung dem heil. Bonifatius, der den Angelsachsen Wilibald aus dem ihm von den nordgauischen Grafen Suitger überlassenen Landgebiete 745 als Bischof

^[Abb: Wappen von Eichstädt]