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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eigener Wechsel - Eigensinn
stehen 1) infolge der täglichen Drehung der Erde um
ihre Achse, wodurch es scheint, als ob die Fixsterne
Kreise um die Erdachse beschrieben, 2) infolge der
MrÜchen Bewegung der Erde um die Sonne, wo-
durch die jährlichen Parallaxen der Fixsterne ent-
stehen (s. Fixsternparallaxen), 3) infolge der Prä-
cefsion und Nutation (s. Präzession), 4) infolge der
Abirrung (s. d.) des Lichts, 5) infolge der Licht-
brechung, die das von jedem Stern nach der Erde
kommende Licht durch d:e Erdatmosphäre erfährt.
Eigener Wechsel, s. Wechsel.
Eigenhandel, Proprehandel,im Gegensatz
zum Kommissionshandel (s. d.) der von einem Unter-
nehmer auf eigene Rechnung und Gefahr betriebene
Warenhandel. Derselbe verlangt natürlich ein
größeres Betriebskapital als der Kommissionshan-
del und ist auch mit größern Chancen des Gewinns
wie des Verlustes verbunden.
Gigenlehner (E i a e n l ö h n e r), in früherer Zeit
solche Personen, welche einen Bergbau mit eigener
Handarbeit betrieben. Nach den frühern bergrecht-
lichen Bestimmungen konnten dieselben auch eine
Gesellschaft bilden, nur durften mehr als acht E.
zu einer solchen Gesellschaft nicht zusammentreten
und muhten wenigstens vier davon die Vergarbeit
mit eigener Hand verrichten. Auch stand es den-
selben zu, aus ihrer Mitte einem die Verwaltung
des Verggebäudes als Lehnträger nach freier Wahl
zu übergeben und mit dem Betriebe des Gruben-
gebäudes zu betrauen, dafern von feiten der Berg-
behörde die Persönlichkeit hierzu für geeignet be-
funden wurde. Trat der E. ganz allein auf oder
nur mit einem Gesellschafter, fo hieß er Einfpän-
ner, nahm derfelbe mehrere an, fo hießen sie Ge-
sellen und, im Gegensatze von Gewerken, Haupt-
gesellen. Die Vorrechte und Befreiungen, die der
Eigenlehnerbergbau durch das Gesetz genoß, be-
zweckten, die Aufsindung und Untersuchung nutz-
barer Lagerstätten zu befördern und zu erleichtern
und dadurch die Lust zum Bergbaubetrieb zu erhöhen.
Nach dem Preuß. Allg. Berggesetz vom 24. Juni
1865 und den deutschen Berggesetzen, die ihm ge-
folgt sind, ist jene obenerwähnte Beschränkung weg-
gefallen. Die Mitbeteiligten eines Bergwerks kön-
nen durch Vertrag jede nach den Grundsätzen des
Civilrechts zulässige Form der Gemeinschaft ein-
gehen; auch durch sonstige Willenserklärung, na-
mentlich Testament, können die Rechtsverhältnisse
der Beteiligten beliebig geregelt werden; doch bedarf
ein folches Rechtsgeschäft der gerichtlichen oder no-
tariellen Form. Die Urkunde ist der Bergbehörde
einzureichen. Beim Mangel eines solchen Vertrags
behandelt die Behörde die Miteigentümer als Ge-
werkschaft. Das gewerkschaftliche Verhältnis ist aber
ausgeschlossen, wenn das bisher im Alleineigentum
stehende Bergwerk zu einer ungeteilten Erbschaft
oder einer sonstigen gemeinschaftlichen Masse (Güter-
gemeinschaft u. dgl. m.) gehört.
Das königlich fächf. Gefetz vom 16. Juni 1868
kennt auch die vorerwähnten Beschränkungen nicht.
Nach H. 8 desselben haben, wenn ein Bergwerk sich
im Besitz von mehrern Personen befindet (Gesel-
lenschaft), dieselben einen Bevollmächtigten zu er-
nennen, welcher in allen das Berggebäude betreffen-
den Angelegenheiten im Namen fämtlicher Besitzer
Verfügungen anzunehmen und verbindliche Erklä-
rungen abzugeben hat.
Dagegen hat das österr. Gesetz vom 23. Mai 1854
den Standpunkt der frühern Bergordnungen fest-
gehalten, indem es die Teilung des Eigentums am
Bergwerk in kleinere Anteile als Sechzehntel ver-
bietet und die Beteiligten, die hiervon abweichen
wollen, auf den Weg der Gewerkschaft oder Aktien-
gesellschaft verweist.
Eigenlöhner, s. Eigenlehner.
Eigenname (lat. nomen propriuin), s. Per-
sonenname.
Eigennutz, s. Egoismus. - Der wirtschaft-
liche E., dasSelbstinteresse(engl.86lk-iut6r63t),
ist nach der engl. nationalökonomischen Schule die
leitende und treibende Kraft in der wirtschaftlichen
Thätigkeit des Einzelnen und infolge davon auch in
der Volkswirtschaft überhaupt. Positiv unsittlicher
und widerrechtlicher E. foll natürlich ausgeschlossen
bleiben; aber auf dem Boden der Gesetzlichkeit und
der bestehenden tauschwirtschaftlichen Gesellschafts-
ordnung ist es nach jener Auffassung nicht nur ge-
rechtfertigt, daß jeder ausschließlich seinen eigenen
Vorteil verfolge, sondern es wird dadurch das Wohl
des Ganzen besser gefördert, als dies durch irgend
eine planmäßige Leitung von oben herab geschehen
würde. Jedermann wird dadurch aufs höchste an-
gespornt, die jeweilig wertvollsten und am meisten
begehrten Leistungen zu bieten, da er bei solchen
die höchste Entlohnung für sich felbst erwarten kann.
Sofern also Freiheit der Bewegung stattfindet und
nicht etwa Monopole oder Vorrechte Vorteile sichern,
die andernfalls nur durch wirklich wertvolle Leistun-
gen zu erringen sind, erscheinen also gleichsam die
Kräfte Aller thätig, das Wohl der Gesamtheit zu
fördern. Das Princip diefes E. führt zu dem sog.
Princip der Wirtschaftlichkeit: mit dem möglichst
geringen Aufwand von Zeit, Stoff und Kraft ein
möglichst großes Maß von Bedürfnisbefriedigung
herbeizuführen. Nicht zu verkennen ist jedoch, daß
es genug Fälle giebt, wo sich der Vorteil des Ein-
zelnen nicht deckt mit dem Vorteil der Gesamtheit,
wo im Gegenteile der erstere direkt mit dem letztern
in Widerstreit gerät. Dann führt der E. nicht zur
Harmonie, sondern zu Reibungen, die man zu be-
seitigen oder wenigstens zu mildern suchen muß. Es
kann dies auf einzelnen Gebieten durch Eingreifen
des Staates geschehen, indem der Konkurrenzkampf
allgemein beschränkt wird, wie dies z. B. in betreff
der Ansbcuwng der Kinder- und Frauenarbeit ge-
schehen ist. Sodann aber kommt es darauf an, daß
das unter der Herrschaft des E. erworbene Einkom-
men und Vermögen feitens feiner Besitzer eine Ver-
wendung finde, bei der auch der Gemeinsinn und
das sociale Pflichtgefühl zur Geltung kommen.
Eigenschaft, jedes Merkmal, wodurch ein Ding
sich vom andern unterscheidet, indem das Ding als
das für sich Bestehende, die E. als das ihm Zuge-
hörige oder Anhängende betrachtet wird (f. Acci-
dens, Attribut, Qualität).
Eigenschaftswort, f. Adjektiv.
Gigenscher Kreis, f. Bernstadt.
Eigensinn, eine beharrliche Willensrichtung in
Beziehung auf zufällige und unwesentliche Dinge,
worin der Wille sich auch, ohne daß für ihn felbst
ein Nachteil daraus entspränge, beugen dürfte. E.
ist daher zwar verwandt mit einem festen und un-
beugsamen Charakter, aber als Karikatur davon.
Einen hohen Grad von E. nennt man Starrsinn.
Was man bei Kindern E. nennt, fällt nicht immer
unter den oben abgegrenzten Begriff, oft ist es nur
der natürliche Widerstand gegen eine ungerechte und
besonders gegen eine launenhafte Behandlung.