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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Einkommensteuer
Frankreich hat die E. noch wenig Anklang gefun-
den. In Österreich besteht seit 1849 eine E., die
teils einen Zuschlag zur Erwerbsteuer, teils im
wesentlichen eine Kapitalrentensteucr, teils eine
(progressive) Vesoldungs- u. s. w. Steuer umfasit
(Ertrag für 1892 auf 44,95 Mill. M. veranschlagt).
In den Niederlanden wurde 1893 eine mit dem
Einkommen über 650 Fl. beginnende progressive E.
eingeführt.
In Deutschland sind die Verhältnisse im ein-
zelnen sehr verschieden. In Bayern und Würt-
temberg besteht eine partielle E. für die noch
nicht anderweitig durch Ertragsteuern belasteten
Einkommensteile (mit festem Steuersatz und einer
gewissen Degression in Bayern, mit Feststellung
des Steuersatzes durch das jeweilige Finanzgesetz
und mit einer thatsächlichen, wenn auch nicht
formellen Degression in Württemberg). Der Er-
trag ist im bayr. Budget für 1893 aus2,i Mill. M.,
im württemb. Budget für 1894/95 auf 6,13 Mill. M.
angesetzt. Im Großherzogtum Hessen hat das
Gesetz vom 7. Juli 1884 die E. neu geregelt und
unter gleichzeitiger Einführung einer Kapitalrenten-
steuer alle Einkommen von 500 M. an einer bis ,
zu 20000 M. Einkommen steigenden progressiven
allgemeinen E. unterworfen, die Veranlagung be-
ruht auf Einschätzung, und der Steucrfuß wird
durch Finanzgesetz bestimmt. Baden hat durch
Gesetz vom 20. Juni 1884 ebenfalls eine allge-
meine E. eingeführt, die auf Grund kontrollierter
Selbsteinschätzung veranlagt wird, alle Einkom-
men von 500 M. an trifft und bis zu 30000 M.
Einkommen progressiv ist; der eigentliche ^teuerfuß
wird durch Finanzgesetz festgestellt. (Ertrag 1892 fast
5 Mill. M.) 1894 wurden die Einkommen von
20 bis 25000 M. in ihrem vollen Betrag zur Steuer
herangezogen, während die degressive Skala für die
kleinern Einkommen unverändert blieb und Ein-
tommen von 25 bis 200000 M. mit einer im Steuer- !
fuß progressiven Skala, die von 5 zu 5 Proz. an-
steigt, besteuert wurden. Sachsen hat 1878 für
die Einkommen von 300 M. an eine allgemeine E. !
eingeführt, deren Grundlage die Selbsteinschätzung ^
für Einkommen von 1600 M. an bildet; doch wird die ,
Selbsteinschätzung nicht erzwungen (wie in Baden), !
vielmehr zieht deren Unterlassung nur den Verlust
des Reklamationsrechts für das laufende Steuer-
Jahr nach sich. Der normale Steuersatz (3 Proz.)
beginnt von der 20. Klasse an (5400 - 6300 M.), !
in den untern Stufen ist die Steuer degressiv und !
stellt sich für die 1. Klasse (300-400 M.) auf.
Vs Proz. Etwaige ein- oder mehrmalig zu er- ^
hebende Zuschläge zu den Normalsätzen bestimmt l
das Finanzgesetz. Eine allgemeine E. besteht ferner
in den Hansestädten, in Weimar, Oldenburg,
Schwarzburg-Nudolstadt, Reuß älterer und jüngerer
Linie, Lippe und Preußen.
Im Königreich Preußen ist die E. aus der
1811 eingeführten Kopfsteuer hervorgegangen, die
1820 in eine Klassensteuer verwandelt wurde. Durch
Gesetz vom 1. Mai 1851 wurde dann eine all-
gemeine klassifizierte E. für alles Einkommen über
1000 Thlr. im Betrage von 3 Proz. der untern
Klassengrenzen eingeführt, und 1873 erhielt auch
die von den geringern Einkommen erhobene Klassen-
steuer die Form emer E. unter Freilassung der Ein-
kommensbeträge unter 420 M. Das Gesetz vom
26. März 1883 erhöhte diese untere Grenze auf
900 M. (die Negierung hatte 1200 M. vorgeschla-
gen); für die höhern Klassensteuerstufen kamen
(wie schon das Gesetz vom 10. März 1881 bestimmt
hatte) drci, für die erste Stufe der E. zwei und für
die zweite Stufe der E. eine Monatsrate nicht zur
Erhebung. Der Ertrag der klassifizierten E. war
nach dem Voranschlage für 1891/92 46975000M.,
derjenige der Klassensteuer 25941000 M.
Das Gesetz vom 24. Juni 1891 (gültig seit 1. April
1892) unterwirft fowohl Einzelpersonen, als auch
Aktien- und Kommanditaktiengescllschaften, Berg-
gewcrkfchaften, die in Preußen einen Sitz haben, ein-
getragene Genossenschaften, deren Geschäftsbetrieb
über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht, und
Konsumvereine mit offenem Laden und dem Rechte
jurist. Personen der E. Die Einkommen bis 900 M.
sind steuerfrei. Als Einkommen gelten die gesamten
Jahreseiukünfte der Steuerpflichtigen in Geld und
Geldeswert aus Kapitalvermögen, Grundvermögen,
Pachtungen und Mieten, einschließlich des Miets-
wertes der Wohnung im eigenen Hause; aus Handel
und Gewerbe, einschließlich Bergbau; aus gewinn-
bringender Beschäftigung, sowie aus Rechten auf
periodische Hebungen und Vorteile irgendwelcher
Art. Von: Einkommen werden abgezogen die zur
Erwerbung und Erhaltung des Einkommens ver-
wendeten Ausgaben, einschließlich der Deichlasten:
Schuldenzinsen und Renten; die auf besondern
Rechtstiteln ruhenden dauernden Lasten; die vom
Grundeigentum, dem Bergbau und dem Gewerbe-
betriebe zu entrichtenden direkten Staatssteuern
und die zu den Geschäftsunkosten zu rechnenden
indirekten Abgaben; die regelmäßigen jährlichen
Absetzungen für Abnutzung von Gebänden, Ma-
schinen, Betriebsgerätschaftcn u. s. w.; die gesetz-
oder vertragsmäßigen Beiträge zu Kranken-, Un-
fall- und Invalidenversichcrungs-, Witwen-, Waisen-
und Pensionskassen; die Prämien sür Versicherung
auf den Todes- oder Lebensfall, soweit ihr Betrag
600 M. jährlich nicht übersteigt. Vom Einkommen
der Aktiengesellschaften u. s. w. bleiben 3^ Proz.
des Aktien- u. s. w. Kapitals frei.
DieE.
beträgt jährlich
bei einem Einkommen

von mehr
bis ein-

von mehr
bis ein-

als
schließlich
M.
als
schließlich
M.
900
1050
6
3900
4 200
92
1050
1200
9
4200
4 500
104
1200
1350
12
4500
5 000
118
1350
1500
16
5000
5 500
132
1500
1650
21
5500
6 000
146
1650
1800
26
6000
6 500
160
1800
2100
31
6500
7 000
176
2100
2400
36
7000
7 500
192
2400
2700
44
7500
8 000
212
2700
3000
52
8000
8 500
232
3000
3300
60
8500
9 000
252
3300
3600
70
9000
9 500
276
3600
3900
80
9500
10 500 300

Sie steigt bei höherm
Zinkommen

von mehr
als
bis einschließlich
in Stufen von M.
um je M.

10 500

30 500

1000
30

30 500

32 000

1500
60

33 000

78 000

2000
80

78 000
100 000

2000

100
Bei einem Einkommen von mehr als 100000 M.
bis einschließlich 105 000 M. beträgt die Steuer
4000 M. und steigt bei höherm Einkommen in
Stufen von 5000 M. um je 200 M.
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