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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Einstehen - Einstweilige Verfügung

Einstehen, Bezeichnung für die freiwillige Stellvertretung eines Wehrpflichtigen durch einen andern. Entweder stellt derjenige, der seiner Dienstpflicht nicht selbst genügen will, einen Vertreter und findet sich mit ihm gegenseitig ab, oder der Staat übernimmt gegen Zahlung einer bestimmten Summe die Beschaffung eines Stellvertreters. Derjenige, der sich vertreten läßt, wird Einsteller, sein Stellvertreter Einsteher genannt. In Staaten, wo die allgemeine Wehrpflicht gilt, ist das E. untersagt. – Über das E. in der Jägerei, s. Einschwingen.

Einsteigbrunnen, soviel wie Einsteigschächte.

Einsteigschächte oder Revisionsbrunnen, gemauerte Schächte von rechteckigem, auch elliptischem oder kreisförmigem Querschnitt, um Zugänge zu den Thonröhren oder Kanälen der Kanalisationsanlagen zu erhalten zwecks Revision oder auch zur Herausschaffung von Sand u. dgl. Sie sind mit Steigeisen in den Wandungen, ferner oben mit einem in das Pflaster der Straßen eingefügten Deckel versehen.


Figur 1 und 2:

Vorstehende Fig. 1 zeigt die Heidelberger, Fig. 2 die Berliner Konstruktion der E.

Einstellen, s. Eingerichtetes Jagen.

Einstellung. Die E. zum aktiven Dienst beendet die Aushebung der Militärpflichtigen. Der Zeitpunkt der E. wird alljährlich bestimmt, die rechtzeitige Einberufung ist Sache der Bezirkskommandos (Deutsche Wehrordnung von 1888, §. 80 fg.).

Einstellung des Konkursverfahrens, nach der Deutschen Konkursordnung eine besondere Art der Beendigung desselben, welche dieselben Wirkungen hat, wie die nach Abhaltung des Schlußtermins oder Bestätigung eines Zwangsvergleichs erfolgende Aufhebung des Konkursverfahrens (s. d.). Bei dem Konkurs über das Vermögen einer eingetragenen Genossenschaft ist die E. auf Grund der Zustimmung der Gläubiger nach §. 109, Abs. 2 des Reichsgesetzes vom 1. Mai 1889 erst dann zulässig, wenn der Vollzug der Schlußverteilung begonnen hat. (S. auch Genossenschaft im Konkurs.)

Einstellung des Strafverfahrens. Die E. steht im Vorbereitungsverfahren der Staatsanwaltschaft zu. Sie stellt das Verfahren ein, wenn die von ihr angestellten Ermittelungen keinen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Anklage gegeben haben. Der Beschuldigte ist von der E. in Kenntnis zu setzen, wenn er vom Richter vernommen oder verhaftet war. Einen Antragsteller hat die Staatsanwaltschaft unter Angabe der Gründe zu bescheiden. Soweit er durch die strafbare Handlung verletzt ist, steht ihm gegen diesen Bescheid binnen zwei ↔ Wochen die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft und gegen dessen ablehnenden Bescheid binnen einem Monat der – von einem Rechtsanwalt zu unterzeichnende – Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu, für welchen in der Regel das Oberlandesgericht zuständig ist. Ist Voruntersuchung geführt worden, so hat das Gericht, falls es nicht das Hauptverfahren eröffnet, den Angeschuldigten außer Verfolgung zu setzen oder (wegen Abwesenheit und Geisteskrankheit) das Verfahren vorläufig einzustellen. Ist das Hauptverfahren eröffnet, so muß auf E. des Verfahrens erkannt werden, wenn der bei einem Antragsdelikt erforderliche Antrag nicht vorliegt oder rechtzeitig zurückgenommen ist. Auch bewirkt in der Regel der Tod des Privatklägers die E. des Verfahrens. Vgl. §§. 168 fg., 196, 203, 208, 259, 433 der Deutschen Strafprozeßordnung.

Nach der Österr. Strafprozeßordnung (§8–109 fg.) ist die Voruntersuchung, sobald der Ankläger das Begehren nach strafgerichtlicher Verfolgung zurückzieht oder auf E. der Voruntersuchung anträgt oder erklärt, daß er keinen Grund zur weitern gerichtlichen Verfolgung finde, durch Verfügung des Untersuchungsrichters einzustellen; außerdem kann die E. der Voruntersuchung nur durch Beschluß der Ratskammer oder des Gerichtshofs zweiter Instanz erfolgen. Dem Beschuldigten ist auf sein Verlangen zu bezeugen, daß kein Grund zur weitern gerichtlichen Verfolgung gegen ihn vorhanden sei.

Einstellvieh, s. Viehverstellung.

Einsteuer (frz. impôt unique), das System, alle Staatsausgaben durch eine einheitliche direkte Einkommen- oder Ertragssteuer zu decken. Der Gedanke ist nicht neu; schon Marschall Vauban vertrat ihn in seinem «Projet d’une dime royale» (1707); später wollten die Physiokraten (s. Physiokratismus) eine einzige Grundsteuer eingeführt wissen. Auch in unserm Jahrhundert taucht der Plan einer E. in der finanzwissenschaftlichen Litteratur öfters auf. Bekannt ist die socialistische Forderung einer einzigen progressiven Einkommensteuer an Stelle aller bestehenden, insbesondere auch der indirekten Steuern. In größern Gemeinwesen mit sehr verschiedenartigen Einkommensquellen dürfte der Plan praktisch undurchführbar sein.

Einstreichen sagt man in der Jägersprache von niederm Federwild, das in die Netze und Garne fliegt; von den Rebhühnern auch, wenn sie einfallen (sich niederlassen).

Einsturzkrater, s. Krater.

Einsturzseen, s. Seen.

Einstweilige Verfügung, eine gerichtliche Maßregel, die nach der Deutschen Civilprozeßordnung zu zwiefachem Behufe zulässig ist.

  • 1) Zur Sicherung der künftigen Zwangsvollstreckung. In dieser Beziehung ist die E.V. dem Arreste (s. d.) verwandt: sie ist von diesem jedoch insofern unterschieden, als letzterer auf Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer wirklichen oder möglichen Geldforderung, sie selbst aber auf Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Individualleistung (d. h. des Streitgegenstandes) geht. Voraussetzung für den Erlaß einer derartigen E. V. ist die Besorgnis, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts auf die Individualleistung vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, z. B. bei dem Anspruch auf Herausgabe einer Sache durch Vernichtung oder Beseitigung derselben, oder bei einer Hypothek durch

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 818.