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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenach
571 Katholiken und 403 Israeliten; 7555 bewohnte
Gebäude, 11121 Haushaltungen und Anstalten
in 70 Gemeinden und umfaßt die Amtsgerichts-
bezirke E. und Gerstungen. - 2) E. (mittellat.
I86uacum), Hauptstadt des Verwaltungsbezirks E.
-, sowie Haupt- und Residenz-
stadt des ehemaligen Fürsten-
tums E., in romantischer
Gegend am Nordwestende des
Thüringerwaldes, in 221 m
Höhe, an der Einmündung der
Nesse in die Hörsel und an der
Linie Halle-Vebra derPreuß.
^taatsbahnen und E.-Lichten-
fels (151,2 km) der Werra-
bahn, Sitz der Bezirksdirektion, eines Landgerichts
(Oberlandesgericht Jena) mit acht Amtsgerichten
(E., Geisa, Gerstungen, Ilmenau, Kalten-Nordheim,
Lengsfeld, Ostheim, Vacha), Amtsgerichts, Rech-
nungs- und Steueramtes, eiuer Forstinspektion,
Steuerrevision, Forsttaxationskommission, Kirchen-
inspektion und Reichsbanknebenstelle, hat (1890)
21399 E., darunter 482 Katholiken und 376 Israe-
liten, Post erster Klasse, Bahnpostamt mit Zweig-
stelle, Tclcgraph, Fernsprecheinrichtung, in Garnison
(<;00'))iann) das 2.Bataillon des 94.Infanterieregi-
ments "Großherzog von Sachsen"; Wasserleitung,
Kanalisation, Gasbeleuchtung, Schlacktdof, Spar-
kasse, Vorschußverein. Unter den öffentlichen Plätzen
ist zu erwähnen der Markt mit der daran anstoßen-
den Esplanade, jetzt geziert mit einer Germania zum
Andenken an die 1870/71 aus dem Eiscnacher Kreise
Gefallenen, der Lutherplatz mit dem Lutherhaus,
wo Luther als Schüler bei der Frau Cotta gewohnt
haben soll, und der Karlsplatz. Unter den fünf
Kirchen (vier evangelische, eine katholische) ist die
spätgot. Markt- oder Gcorgskirche die größte, die
Nikolaikirche, 1150 erbaut, mit achteckigem Turm,
l887 renoviert, die älteste. Letztere ist durch einen
^wischenbau an Stelle des 1888 abgebrochenen
ehemaligen Benediktiner-Nonnenklosters mit dem
roman. Nikolaiturm verbunden. Vor dem Westportal
dcr erstern das nach Donndorfs Modell von Howald
gegossene Vronzestandbild des in E. geborenen Se-
bastian Bach (1884). Die bedeutendsten weltlichen
Gebäude sind das ehemalige, 1742 vom Herzog
Ernst August von Weimar erbaute Nesidenzschlotz
(davor ein großer Brunnen mit vergoldeter Statue
des heil. Georg), das Rathaus (1641), Gymnasinm,
ursprünglich ein Dominikanerkloster, die neuen Bür-
gcrschulen, das schöne Theater auf dem Theaterplatz,
1878 von Julius von Eichel der Stadt geschenkt,
westlich davon die Klemda (Klemme), ein 1260 von
der Herzogin Sophie gegen Markgraf Heinrich den
Erlanchten erbautes Kastell, jetzt Gesellschaftshaus,
und südöstlich davon das 1888 erbaute Gewerbe-
haus, mit ständiger Ausstellung für Kunst und
Kunstgewerbe; am Frauenplan Sebastian Bachs
Geburtshaus, in der Karlstraße das des Malers
Fricdr. Prcller. Das großherzogl. Karl Friedrichs-
Gymnasium (Direktor I)i-. Weber, 15 Lehrer,
9 Klassen, 193 Schüler), früher eine Lateinschule,
die auch Luther und Sebastian Bach einige Zeit be-
suchten, wurde 1544 vom Kurfürsten Joh. Friedrich
dcm Großmütigen in eine Landesschule verwan-
delt, die 1707 den Titel eines 6^mna8ium iiiuäti's
erhielt. Ferner besitzt E. ein großhcrzogl. Real-
gymnasium, 1843 als Realschule eröffnet (Direktor
Or.Frcrichs, lj Lehrer, 6 Klassen, 222 Schüler),
eine höhere Mädchen-(Karolinen-)schule, ein Lehrer-
seminar, Lehrerinnenseminar, eine Forstlehranstalt,
Zeichen- und Gewerbeschule, Leih- und Pfandhaus,
Waiseninstitut, Korrektionsanstalt, gemeinschaft-
liches Stadt- und Landkrankenhaus, St. Annen-,
St. Iustus-, Et. Sp intus-, St. Clemensstift, Armen-
afyl und andere Wohlthätigkeitsanstalten.
Von größeren industriellen Etablissements bestehen
eine Farbenfabrik, eine Fabrik chem. Farben und
Kalipräparate, zwei Vleiweißfabriken, zwei Dampf-
ziegeleien, Kammgarnspinnerei, Wollweberei, Kunst-
tischlerei, drei Vierbrauereien, 17 Gerbereien, viele
Dampfsä'gemühlen sowie Fabrikation von Thon-
waren (etrurische und mittelalterliche Gefäße),
Herden, Wagen, Schuhwarcn, Tabak und Cigarren,
Schuhleisten, Essig, Ol, Leim, Alabastcrwarcn und
Maschinen und bedeutende Fischzucht (Spiegelkar-
pfen) und eine Geflügelmastanstalt. Der Eisenacher
Verschönerungs- und der Thüringer Waldverein,
dessen Vorort E. ist, haben für die Reisenden in der
kurzen Zeit ihres Bestehens sehr viel gethan. Außer
der Wartburg (s. d.) befinden sich in der Umgebung
viele durch Naturschönheit ausgezeichnete Punkte,
wie von Eichcls Garten am Pflugensberg, der groß-
berzogl. Karthausgarten vor dem Frauenthor, das
Marienthal, das Annathal, die Drachen-, die
Landgrafenschlucht, die Hohe Sonne, der Hirsch-
stein, die großherzogl. Sommcrresidenz Wilhelms-
thal u. s. w. Auf dem neuen Friedhof, 2 Km nörd-
lich dcr Stadt, das Grab des Dichters Fritz Reuter
mit seiner Büste von Afinger. Auf dcm Hainstein ein
1889 errichtetes Kurhaus, darunter die von Vurg-
steinfnrt 1887 nach E. verlegte Sprachheilanstalt.
Geschichte. E., ursprünglich Isenach genannt
und östlich der jetzigen Stadt am Fuße des Peters-
berges gelegen, wurde 1070 unter Ludwig dem
Springer näher der Wartburg erbaut. Ihren Auf-
schwung verdankt sie der Wartburg, der Residenz
der Landgrafen von Thüringen, und dcr Zcit von
1596 bis 1741, wo sie selbst Residenz eigener Fürsten
war. Die Stadt wurde 1343, 1617, 1637 durch
große Brände heimgesucht und 1. Sept. 1810 in-
solge der Explosion mehrerer franz. Pulverwagen
sehr beschädigt. - Vgl. Storch, Beschreibung der
Stadt E. (Eiscnach 1831); Senft, Geognost. Beschrei-
bung dcr Umgegend E.s (ebd. 1857); Schwerdt und
Jäger, E. und die Wartburg (2. Aufl., ebd. 1871);
G. Schmidt, Das kath. E., ein Vortrag über die
kirchlichen Zustände E.s vor der Reformation (ebd.
1874); Warnatz, Die Wartburg und E. in Sage
nnd Geschichte (Wien 1881); Walther, Neuer Führer
für E., Wartburg und Umgebungen (Berl. 1881);
Scheller, Sommerfrische in E. und Umgebung
s Eisenach 1889); Sammlung von Gesetzen und
Verordnungen für die Residenzstadt E., hg. von
Kahle (2 Bde., ebd. 1888-89).
Das ehemalig^ Fürstentum E. kam mit Thü-
ringen 1440 an wachsen und bei der Teilung zwi-
schen Friedrich dem Sanftmütigen und seinem Bru-
der Wilhelm an den lctztern, nach dessen Tode es
1482 wieder zurückfiel, 1485 aber an die Ernestini-
sche Linie kam. Der jüngere Sohn Johann Fried-
rich des Mittlern, Johann Ernst, stiftete 1596 die
ältere Linie E.; der siebente Sohn des Herzogs
Johann von Weimar, Albrecht, 1640 die mittlere
Linie E. Beide starben aber mit ihren Stiftern,
jene 1638, diese 1644 wieder aus. Georg, der fünfte
^ohn des Herzogs Wilhelm von Wcimar, wurde
1672 der Stifter der jung ern Linie E., die. indcs