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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbahnabteilung - Eisenbahnanleihen
in Elsaß-Lothringen für den süddeutsch-franz. und den deutsch-ital. Verkehr über den Gotthard, in München unter der Generaldirektion der königlichen bayr. Staatsbahnen für den süddeutschen Eisenbahnverband und für den deutsch-ital. sowie den böhm.-ital. Verband, in Wien und in Szegedin für die Eisenbahnen Österreichs und Ungarns, in Brüssel unter der Verwaltung der belg. Staatsbahnen für die Teilnehmer an der internationalen engl.-franz.-holländ.-belg.-deutsch-schweizer.-österr.-ungar.-ital. Liquidationsgruppe u. a. m. - In England besteht für den Wechselverkehr der engl. Eisenbahnen eine nach dem Vorbilde des Londoner Abrechnungshauses der Banken und Bankiers (s. Clearing-House) gebildete Central-Abrechnungsstelle, das sog. Eisenbahn-Clearing-House (Railway Clearing House). Dasselbe wurde in den vierziger Jahren des 19. Jahrh. durch Rob. Morison begründet, die Regelung der gesetzlichen Befugnisse und Verpflichtungen des Abrechnungsverbandes erfolgte durch die unter der Bezeichnung Railway Clearing Act veröffentlichte Parlamentsakte vom 25. Juni 1850. Die Abrechnungsstelle erhält unmittelbar von den Abfertigungsstellen der Bahnen Meldungen über die Transporte und die erzielten Einnahmen; sie ermittelt die Entschädigungen für die gegenseitige Wagenbenutzung, führt überhaupt vollständig Rechnung für jeden Teilnehmer und besorgt durch den Kassierer und die mit dem Clearing-House verbundenen Bankhäuser die hieraus entspringenden Kassengeschäfte, indem sie Schuldbeträge einzieht, Zahlungen für Rechnung der Guthaber (durch Checks) leistet u. s. w. Die einzelnen Bahnen sind gewissermaßen als Teilnehmer einer Erwerbsgesellschaft aufzufassen, deren Buchführung unter Contoeröffnung für jeden Teilnehmer bei einer gemeinschaftlichen Stelle, dem Clearing-House, vereinigt ist. Die umfangreichen Abrechnungsarbeiten erfordern eine große Zahl von Beamten (gegen 2000); trotzdem betragen die Kosten des Clearing-House kaum 3/4 Proz. des abgerechneten Betrages. Von Clearing-House ist ferner die Herstellung einer einheitlichen Güterklassifikation (s. Eisenbahntarife, S. 901 b) für die einzelnen Bahnen sowie die Anordnung einheitlicher Vorschriften für den Betriebsdienst (Rules and regulations) ausgegangen. - Vgl. Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, hg. von Röll (Wien 1890-92); M. M. von Weber, Schule des Eisenbahnwesens (4.Aufl., Lpz. 1885); Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen, 1863, Nr. 26 fg., mit ausführlicher Übersetzung der "Railway Clearing Act".
Eisenbahnabteilung, diejenige Militärbehörde im Großen Generalstabe zu Berlin, welche die militär. Ausnutzung der Eisenbahnen im Frieden regelt und dieselbe für den Krieg in Verbindung mit dem Reichs-Eisenbahnamt und den Eisenbahnverwaltungen in Friedenszeiten vorbereitet. Sie ist dem Chef des Generalstabes der Armee unterstellt; ihre Organe sind die Linienkommissionen. Der Chef der E. übernimmt im Kriege die Funktionen des Feld-Eisenbahnwesens (s. d.) und wird durch den Chef der E. des stellvertretenden Generalstabes ersetzt, sobald ersterer den Sitz der E. verläßt (Kriegs-Transportordnung §§. 10, 15, 16).
Eisenbahnabteilungen, preußische, im Kriege von 1866, s. Eisenbahntruppen.
Eisenbahnagenten, von den Bahnverwaltungen an größern Verkehrsmittelpunkten bestellte Leute, die dem Publikum über Verkehrsfragen, Tarife, Fahrpläne, Anschlusse u. s. w. Auskunft zu geben und die eigene Verwaltung über die für sie wichtigen Verkehrsverhältnisse auf dem Laufenden zu erhalten haben (s. Auskunftsstellen in Eisenbahnangelegenheiten).
Eine besondere Art bilden die Agenten, denen auf Nebenbahnen mit geringerm Verkehr zum Zweck möglichst einfacher und billiger Gestaltung des Betriebes die Abfertigung der Personen und Güter übertragen ist. Sie werden gewöhnlich aus der Zahl der Geschäftsleute, Spediteure u. s. w. gewählt und erhalten eine entsprechende Vergütung. Solche Agenturen bestehen z. B. bei den preuß., bayr. und sächs. Nebenbahnen und haben sich bisher gut bewährt. Bei den preuß. Staatsbahnen sind neuerdings in größerm Umfange Güteragenten an entfernt von der Eisenbahn belegenen Orten angestellt worden, um zwischen den letztern und der nächsten Bahnstation eine regelmäßige bahnseitige An- und Abfuhr von Stückgütern zu bewirken. Die an den Seitenorten eingerichteten Güternebenstellen fertigen Stückgüter bis zu 750 kg Gewicht gegen tarifmäßige, öffentlich bekannt gemachte Gebühren ab und bringen dieselben den am Orte der Nebenstelle oder im Zollbezirk der Nebenstelle wohnenden Empfängern in die Behausung, oder holen dieselben auf Verlangen aus letzterer ab. (S. Bestätterung.)
Endlich pflegen auch größere Eisenbahnverwaltungen, die an fremdländischen Verkehren beteiligt sind, E. im Auslande anzustellen, mit dem Auftrag, ihre Verwaltung über die Bedürfnisse des Verkehrs mit den betreffenden Gebieten zu unterrichten und Vorschläge über zweckmäßige Einrichtungen zur Verbesserung und Hebung des Verkehrs zu machen. Solche E. besitzen z. B. die österr., franz., engl. und belg. Bahnen. Zahlreich vertreten sind sie bei den amerik. Bahnen, deren eigentümliche Verhältnisse es mit sich bringen, daß sie hier ihre Thätigkeit vornehmlich im Interesse des Geschäftskampfes ihrer Gesellschaften entwickeln und das Publikum durch marktschreierische Anpreisungen zur Benutzung bestimmter Linien zu bewegen suchen. - Vgl. Brosius, Erinnerungen an die Eisenbahnen der Vereinigten Staaten (2. Aufl., Wiesb. 1885); ferner den Artikel: Stückgutverfuhr von und nach entfernt von der Eisenbahnstation gelegenen Orten im "Archiv für Eisenbahnwesen", 1890.
Eisenbahnakademie, s. Eisenbahnvorlesungen.
Eisenbahnamt, s. Eisenbahnbehörden (S. 847 a).
Eisenbahnanleihen. Wenn bei einem Privateisenbahnunternehmen das ursprünglich veranschlagte und von den Aktionären eingezahlte Kapital zum Bau und zur Beschaffung des Betriebsmaterials nicht ausreicht, so muß entweder eine Ausgabe neuer Aktien stattfinden oder eine Anleihe gemacht werden. In letzterm Falle werden dem Publikum Obligationen verkauft, welche vor den Stammaktien einen Vorzug genießen und daher den Namen Prioritätsobligationen erhalten haben. Sie unterscheiden sich von den Aktien dadurch, daß sie keine schwankende Dividende, sondern einen festen Zins tragen, und daß dieser zuerst vom Ertrage abgezogen wird, ehe die Aktien Dividenden erhalten. Diesen Prioritätsobligationen dient oft zur Sicherung hypothekarische Verpfändung des Gesellschaftsvermögens. Im Deutschen Reich fehlt es an einem Gesetze, welches die hypothekarische Belastung einer Eisenbahn als Einheit ermöglicht. Der nach dem Vorgang der Schweizer und österr. Gesetzgebung