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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbahnbehörden
In Dessen, Oldenburg und Mecklenburg-
Schwerin bestehen für die Verwaltung der ober-
bess. Bahnen, der oldenb. Staatsbahnen und der
großherzoglicb mecklenb. Friedrich - Franz - Eisen-
bahn <s. Kessische, Oldenburgische und Mecklen-
burgische Eisenbahnen) je eine Direktion oder Eisen-
bahndirektion in Gießen und Oldenburg sowie eine
Generaldirektion zu Schwerin. Die Preußen, Baden
und Hessen gemeinsam gehörende Main-Neckar-Eisen-
bahn (s. d.) wird von einer aus drei Mitgliedern,
von denen jede Negierung je eins ernennt, gebil-
deten Direktion in Darmstadt verwaltet.
Eine eigenartige Eisenbahnverwaltungsbehörde
ist die königl. Direktion der Militär-Eisenbahn zu
Schöneberg bei Berlin. (S. ^Militär-Eisenbahn.)
Über Militüreisenbahnbehörden s. Militärtransport-
ordnungen.
Bei den meisten deutschen Privatbahnen
vereinigt sich die Verwaltung der Eisenbahnangcle-
genheiten in dem Direktorium oder der Direktion,
einem Kollegium von gleichberechtigten Mitgliedern
mit einem Vorsitzenden, das die Verwaltung nach
außen vertritt. Bei den Eisenbahn-Aktiengesell-
schaften besteht noch ein Verwaltungsrat, der die
wichtigern Maßregeln des Direktoriums, insbeson-
dere soweit solche Organisations- und Geldfragen
betreffen, zu überwachen und vor der Ausführung
zu genehmigen hat.
Die Reich-saufsicht über die Eisenbahnen wird,
soweit es sich um den Erlah von Verwaltungsvor-
schriften handelt, vom Bundesrat, im übrigen vom
Reichskanzler ausgeübt. Die dem Reichskanzler zu-
stehenden Aufsichtsrechte werden nach seinen An-
weisungen und unter seiner Verantwortlichkeit von
dem durch Gesetz vom 27. Juni 1873 errichteten
Reichseisenbahnamt zu Berlin wahrgenommen.
Dasselbe hat insbesondere die Aufgabe, innerhalb
der durch die Versassung bestimmten Zuständigkeit
des Reichs für die Ausführung der auf das Eisen-
bahnwesen bezüglichen Gesetze zu sorgen und auf
Abstellung der hervortretenden Mängel und Miß-
stände hinzuwirken. In Bezug auf die Privat-
bahnen stehen dem Reichseisenbahnamte zur Durch-
führung seiner Verfügungen dieselben Befugnisse zu,
die den Aufsichtsbehörden der betreffenden Bundes-
staaten beigelegt sind. Eine unmittelbare Zwangs-
gewalt hat dasselbe jedoch nicht. Bei Zwangsmaß-
regeln gegen Privatbahnen ist es auf die zuständige
Landesaufsichtsbehörde angewiesen. Verfügungen
gegen Staatsbahnen werden aus dem reichsverfas-
sungsmäßigen Wege (Art. 19 der Reichsverfassung)
zur Durchführung gebracht. Wird gegen eine vom
Reichseifenbahnamte verfügte Maßregel Gegenvor-
stellung erhoben, so hat das durch Zuziehung von
richterlichen Beamten zu verstärkende Reichseisen-
bahnamt über die Gegenvorstellung selbständig und
unter eigener Verantwortlichkeit zu beschließen. Seit
l88() giebt das Reichseisenbahnamt auch die Sta-
tistik sür sämtliche deutsche Eisenbahnen beraus. (S.
Eisenbahnstatistik.) Eine neue wichtige Aufgabe ist
dem Reichseisenbcchnamt durch dieKriegstransport-
ordnung (s. Militärtransportordnungen) vom
26. Jan. 1887 zugefallen, durch welche insbesondere
die nach ausgesprochener Mobilmachung zu bewir-
kende Beförderung des Reichsheers, der Marine
und der Streitkräfte mit dem Reicbe verbündeter
Staaten geregelt wird. Zu den zur Mitwirkung bei
Ausführung diejerOrdnung berufenen Behörden ge-
hört auch das Reichseisenbahnamt, das die Central-
stelle der Civil-Eisenbahnverwaltungen für alle
durch die Kriegstransportordnung geregelten An-
gelegenheiten bildet.
Die Landesaufsichtsbehörden der Eisen-
bahnen fallen, insoweit es sich um Staatsbahnen
bandelt, mit den obern Eisenbahnverwaltungs-
behörden zusammen. Über die Privatbahnen in
Preußen wird die Aufsicht des Staates - mit
der Neuordnung der Staatseisenbahnverwaltung
steht aucb eine anderweite Gestaltung der Aufsichts-
organe bevor - durch das Eisenbahn kom-
missariat in Berlin in erster und durch den Mi-
nister der öffentlichen Arbeiten in letzter Instanz
ausgeübt mit der Maßgabe, daß die Wahrung der
Rechte des Publikums den Privatbahnunternehmern
gegenüber den Regierungspräsidenten obliegt. In
der neuen Betriebsordnung für die Haupteisen-
bahnen Deutschlands, der Vahnordnung für die
Nebeneisendahnen Deutschlands, der Signalord-
nung für die Eisenbahnen Deutschlands, den Normen
für den Bau und die Ausrüstung der Haupteisen-
bahnen Deutschlands und den Bestimmungen über
die Befähigung von Eisenbahnbetriebsbeamten -
sämtlich vom 5. Juli 1892 und an Stelle der be-
treffenden bisherigen bahnpolizeilichen Vorschriften
am 1. Jan. 1893 in Kraft getreten (s. Eisenbahnbau,
S. 842 d, Eisenbahnrecht, S. 877 d, und Eisenbahn-
Betriebsordnung) - wird zwischen Landesauf-
sich tsbehördenundAufsich tsbehördenunter-
schieden und die Bestimmung darüber, welche Behör-
den i n jedem Bundcsstaat hierunter zu verstehen seien,
der Zentralbehörde des Bundesstaates überlassen.
Für Preußen ist diese Bestimmung dahin ergangen,
daß im Sinne dieser Vorschriften unter Landesauf-
sichtsbebörde der Minister der öffentlichen Arbeiten,
unter Aufsichtsbehörde die Eisenbahnallfsichtsbe-
börden, also bei denStaatsbahnen die königl. Eifen-
babndirektionen, bei andern Eisenbahnen das königl.
Eisenbahnkommissariat zu Berlin zu verstehen sind.
In den übrigen deutschen Ländern bildet ebenfalls
das Ministerium die obere Aufsichtsbehörde, wäh-
rend mit der unmittelbaren Aufsicht, wie in Bayern
die Bezirks-s Kreis-)regierung,en, in Württemberg
die Generaldirektion der Staatsbahnen, in Sachsen
besondere Kommissare beauftragt sind. Über die
Privalbahnen in Elsaß-Lothringen übt die Abtei-
lung IV des Landesministeriums die Landesaufsicht.
In Österreich besteht nach der 15. Dez. 1891
ergänzt und abgeänderten Organisation vom
23. Juni !884für die Verwaltung der Staats-
eis enb ah i.en unter der obern Leitung des Han-
delsministeriums in Wien eine in vier Abteilungen
geteilte "K. K. Generaldirektion der Osterr. Staats-
bahnen'>, der für die örtliche Betriebsleitung 9
ifrüher 11) l. t. Eisenbahnbetriebs-Direktionen zu
Wien, Linz, Innsbruck, Villach, Pilsen, Prag, Kra-
tau, Lemberg und Trieft unterstellt sind. - Bei den
meisten Privatbahnen Österreichs hat der Ver-
waltungsrat die Leitung sämtlicher Gcschäfts-
angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere aucb
die Überwachung und Erledigung der rein technischen
und der Verwaltungsgeschäfte zu besorgen; ihm ist
ale ausführendes, mit entfpreckender Machtvoll-
kommenheit ausgestattetes Organ ein General-
direktor oder zwei Direktoren (der eine für die
technischen, der andere für die Verwaltungsange-
legenbeiten) untergeordnet. Bei der Kaiser-Fer-
dinands-Nordbahn und der Aussig-Teplitzer Bahn
wird die Verwaltung nicht vom Verwaltungsrat,