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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbahnstationen - Eisenbahnstatistik
schen den fahrenden Zügen und den Stationen
herzustellen. Versuche wurden besonders in Ame-
rika unter Anwendung der Induktionsclettricität
(f. Induktion, elektrische) gemacht. Neuerdings soll
der Elektrotechniker Perls in Würzburg ein Signal-
system erfunden haben, das eine unmittelbare Ver-
ständigung zwischen den auf demselben Gleis fah-
renden Zügen fowie zwifchen den Zügen und den
Stationen ermöglicht, auch das Läutewerk der Loko-
motive in der Nähe von Übergängen selbstthätig inVc-
wegung setzt. Die Anordnung besteht in der Hanpt-
sache aus drei elektrischen Leitungen, die zwischen den
Fahrfchiencn liegen und zur Übertragung von elek-
trischen Strömen dienen, die ans den Stationen wie
auf den Lokomotiven durch Batterien erzeugt werden.
In Anbetracht der großen Bedeutung, die das
Signalwesen für die Sicherheit und Schnelligkeit
des Eisenbahnverkehrs hat, sind in den meisten
Ländern von Aufsichts wegen besondere Signal-
ordn u n g c n erlassen.
In Deutschland hat der Bundesrat auf Grund
des Art. 43 der Reichsvcrfassuug, wonach über-
einstimmende Vctricbseinrichtungen getroffen, ins-
besondere gleiche Vahnpolizeireglemcnts (s. Bahn-
polizei) eingeführt werden sollen, in der Sitzuug
vom 30. Juni 1892 an Stelle der frühern Signal-
ordnung vom 30>Nov. 1885 eine neue "^ignal-
ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands" be-
schlossen. Dieselbe ist nach der Bekanntmachung
des Reichskanzlers vom 5. Juli 1892 gleichzeitig
mit der vom Bundesrat in derselben Sitzung be-
schlossenen Betriebsordnung für die .Haupteisen-
bahnen Deutschlands, den Nonnen sür den Bau
und die Ausrüstung der Hauptcisenbahnen Deutsch-
lands und der Vahnordnung für die Nebencisen-
bahncn Teutschlands 1. Jan. 1893 in Kraft ge-
treten. Sie findet Anwendung auf den Zaupteisen-
bahnen und auf den Nedeneifenbahnen, soweit bei
letztern Signale in Anwendung kommen. (S. Eisen-
bahn-Betriebsordnung.)
In Ö st erreich-Ungarn besteht ebenfalls eine
befondere ^ignalordnung (vom 1. Juli 1877). In
England sind die Bestimmungen über das Signal-
Wesen durch das Clearing-House zu London (s. Eisen-
bahnabrechnnngsstellen) geregelt und durch das
Handelsamt (Loiii'd ol'U-^äe) bestätigt. Eine eigen-
tümliche Signaleinrichtung znr Vermeidung von
Zusammenstoßen auf den cngl. eingleisigen Bah-
nen ist der sog. Zug st ab (ti-niu Kwss). Für jede
Strecke befindet sich auf der betreffenden Station
ein besonderer durch Form und Farbe von den
andern ansgezeickneter, etwa ^ m langer Stab.
Kein Zug und keine Lokomotive darf eine Stab-
station verlassen, wenn der Stab sür denjenigen
Teil der Bahn, der zu befahren ist, sich zu dieser
Zeit nicht auf der Station befindet. Wenn ein
Zug zur Abfahrt von einer Station fertig ist, und
es soll nicht ein zweiter Zug folgen, bevor der
Zugstab für einen Zug aus der entgegengefetzten
Richtung gebraucht wird, so übergicbt der Stations-
beamte dem Lokomotivführer den Zugstab. Soll ein
anderer Zug in gleicher Richtung folgen, so erhält
der Lokomotivführer des ersten Zuges eine Zug-
karte, in der gesagt ist, daß der Zugstab folgen
werde. Dabei muß dem Lokomotivführer der Zug-
stab vorgezeigt werden, wodurch er die Überzeugung
erlangt, daß ihm bei Beobachtung der getroffenen
Bestimmungen kein Zug und keine Lokomotive auf
der zu befahrenden Strecke entgegenkommen kann.
Außerdem wird jeder Zug auf eingleisigen Bahn-
strecken von einem durch besondern Anzug oder ein
Abzeichen kenntlichen Schaffner (I>ilot ^l^rä) be-
gleitet oder doch perfönlich abgelassen. Neuerdings
ist auf der London-uud North-Western-Eisenbahn ein
elektrischer Zugstab von Webb und Thompion
zur Anwendung gekommen. Durch das Herauszieyen
des dem Lokomotivführer mitgegebenen Stabes aus
dem auf der Lokomotive befindlichen Apparat wird
dieBlockstrecke am andern Ende elektrisch verschlossen
(blockiert), und der ^tab kann sür einen Gegenzug
dem auf demselben befindlichen Apparat nicht ent-
nommen werden. (S. Vlocksignalsystem.)
In Frankreich ist durch Ministcrialverordnung
vom 15. Nov. 1885 eine ^ignalordnnng ((^oäs
ä03 LiFuaux) eingeführt worden, nach der bei den
franz. Eisenbahnen die Sprache der s'ichldarcn und
hörbaren Signale zwischen dem Zug-, Strecken-
und Bahnhofspersonal einheitlich gestaltet werden
soll. Bei dieser franz. Signalordnung ist der bei
dem deutschen Signalsystem angewandte Grund-
satz, daß sich die Tagessignale durch die Form unter-
scheiden sollen, während für die Nachtsignale die
Farbe das charakteristische Merkmal bildet, nicht
streng durchgeführt, auch drücken die zur Signal-
gcbung verwendeten Farben nicht, wie dies bei dem
deutschen Signalsystem der Fall ist, stets den glei-
chen Begriff aus, vielmehr ist die Bedeutung der-
selben abhängig von der Zahl der Lichter und der
Zusammensetzung der Farben. Für den Betrieb
der Eisenbahnen ist nach der franz. Signalordnung
fowohl der Gruudfatz des räumlichen Abstandes
als auch derjenige des Zeitabstandes gestattet. (S.
Vlocksignalsystem.) Für die Tagessignale werden
in Frankreich vorzugsweise Scheiben angewendet.
Für die Nachtsignale kommen außer rotem, grünem
und weißem Licht noch gelbes und violettes Licht,
Doppellichter gleicher und verschiedener Farben so-
wie beleuchtete Tagessignalkörper in Anwendung.
In andern Ländern, wie namentlich auch bei den
in anderer Beziehung schon sehr entwickelten Eisen-
bahnen in Nordamerika, besteht noch eine sehr große
Verschiedenheit im ^ignalwesen und hat vielfach
jede einzelne Bahnverwaltung auch ihre besondern
Signale. Es entstehen infolgedes viele Unfälle durch
Mißverständnis der Signale seitens des Vahn-
personals, besonders wenn Personal von einer Ver-
waltung zu einer andern übergeht. (S. Central-
Weicheu- und Signal-Stellvorrichtungen.)
Litteratur. M. M. von Weber, Das Tele-
graphen- und Signalwescn der Eisenbahnen (Weim.
1867, nebst Atlas von Sonne, Stuttg. 1869); Elans,
Nbcr Weichentürme und verwandte Sichcrheitsvor-
richtungen für Eisenbahnen (Braunschw. 1878);
Schmitt, Das Signalwesen (Prag 1878); Tertor,
Dienstvorschriften für den äußern Betriebsdienst
auf den engl. Eisenbahnen (Berl. 1882); Kohlfürst,
Die elektrischen Einrichtungen der Eisenbahnen und
das Signalwesen (Bd. 12 von Hartlebens "Elektro-
technischer Bibliothek", Wien 1883); ders., Die Fort-
entwicklung der elektrischen Eisenbahneinrichtungen
(Wien, Pest, Lpz. 1891).
Eisenbahnstationen, s. Bahnhöfe.
Eisenbahnstatistik, die ziffermähigc Darstel-
lung und Untersuchung der Erscheinungen des Eisen-
bahnwesens. Die E. )ucht dics^ Enck^v^m<zen zu
bestimmten Gruppen zusammenzustellen imd durch
Vergleichung der erhaltenen Ziffern Ergebnisse zu
gewinnen, die ebensowohl für die Eifenbahnver-