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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eiserne Maske - Eiserner Vorhang
reich zur Verleihung an Civil- und Militärpersonen
wiederhergestellt wurde und aus drei Klassen besteht.
Die Ritter der ersten Klasse erhalten durch dieselbe
die Wirkl. Geheimratswürde. Ferner erhielten bis
1884 die Ritter der zweiten Klasse auf ihr Ansuchen
den Freiherrcustand und die der dritten Klasse den
Ritterstand in erblicher Weise. Das Ordenszeichen
zeigt die E. K. unter dem österreichischen kaiserl.
Doppeladler, auf dessen Vrust ein dunkelblau email-
lierter Schild mit dem goldenen 1^ auf dem Avers und
der Jahrzahl 1815 auf dem Revers ruht. Das Band
ist gelb mit schmalen blauen Randstreifen. (S. Tafel:
Die wichtigsten Orden I, Fig. 29.)
Eiserne Maske, Mann mit der eiser-
nen Maske, ein geheimnisvoller Staatsgefan-
gener aus der Regierungszeit Ludwigs XIV. Von
ihm erhielt man die erste Kunde durch die "^le-
inmi'68 86cr6t8 pour äervir ü, I'liistoirc; ä6 ?ei'36"
(Amsterd. 1745^46), denen zufolge er der Her-
zog von Vermandois, ein natürlicher Sohn Lud- "
wigs XIV. und der Lavalliöre, gewefcn sein soll,
und wegen einer Ohrfeige, die er seinem Halbbruder,
dem Großdauphin, versetzt, in lebenslänglicher Haft
gehalten wurde. Voltaire in feinem "Liecie äs
i.0ui8 XIV" (1752) machte das Interesse an der
merkwürdigen Gestalt allgemein. Man erschöpfte
sich in Vermutungen. Einige Holland. Schriftsteller
behaupteten, daß der Gefangene ein junger fremder
Edelmann, der Kammerherr der Kömgin Anna und
der wahre Vater Ludwigs XIV. gewesen sei. La-
grange-Chancel suchte in "I^Vnn06 litt^i-airo" von
1759 zu beweisen, daß die Maske der Herzog von
Bcaufort, der sog. König der Hallen, sei, was
Beaupoil de Sainte-Aulaire in seiner "IliLtoirs äö
1a ^i-oncw' (3 Bde., Par. 1827; neue Ausg., 2 Bde.,
1860) schlagend widerlegte. Beglaubigte Auffchlüsse
über die E. M. gab zuerst der Jesuit Griffet, der neun
Jahre in der Bastille als Beichtvater wirkte, in sei-
nem "'Ii'Äit6 668 äin"6l'61it63 80lt63 ä68 pl6UV63 HUI
86i'v6Qt ü. etadiir lil. V6lit6 äan8 1'ki8toii'6" (Lüt-
tich 1769), indem er das geschriebene Journal
Dujoncas, des kö'nigl. Lieutenants in der Bastille,
für das 1.1698 anzog, sowie das Totenregister
des Kirchspiels St. Paul. Hiernach kam 18. Sept.
1698 Samt-Mars, der Gouverneur der Insel Mar-
guerite, mit einem Gefangenen in Paris an, dessen
Namenichtgenannt,und dessen Gesicht stets mit einer
schwarzen Sammetmaske bedeckt gehalten wurde.
Dieser Gefangene starb 19. Nov.1703. InderFrage
über dessen Person neigte sich Griffet zu der in den
"N6inoii'63 86ci-6t8" ausgesprochenen Ansicht hin.
Später kam Voltaire in der siebenten Ausgabe des
"Oictiomiaii'L i)1ii1o80p1iiHU6" (Artikel "/VnnH")
nochmals auf die Maske zurück, indem er feinen
Artikel durch einen Zusatz begleiten ließ, des In-
halts: dieVtaske sei ein ältcrerVruder LudwigZXIV.
und cin natürlicher Sohn Annas von Österreich
gewesen; Ludwig XIV. habe ihn, um sich zu sichern,
einsperren lassen. Linguet in der"I^a8ti1i6 äevoil^L"
schrieb die Vaterschaft desselben dem Herzog von
Buckiugham zu. Saint-Michel veröffentlichte 1790
ein Buch, in welchem er die Schicksale des Unglück-
lichen erzählte und eine geheime Vermählung der Kö-
nigin Anna mit Mazarin nachzuweisen suchte. Der
Adbö Soulavie, der die Memoiren des Marscballs
Richelieu (9Bde.,Lond.u.Par.1790-91) veröffent-
lichte, wollte nach einem Dokument darthun, daß
der Gc^Mne ^n Zwillingsbruder Ludwigs XIV.
gewesen; einer Prophezeiung zu Licbe sei er einge-
schlossen, seiner Ähnlichkeit mit dem Könige halber
durch die Maske verdeckt worden. Diese Ansicht
war zur Zeit der Revolution fast die allein geltende.
Auch Zschokke in seinem Trauerspiel "Der Mann
mit der E. M.", die Franzosen Arnould und Fournier
in dem Drama "I.'Ii0nim6 au Hiatus äe lsr" (1832)
und Tbümmel in seinen "Reisen ins mittägliche
Frankreich" haben den Gegenstand in dieser Weise
behandelt.
Inzwischen hatte sich ergeben, daß der Gefangene
in den Registern der Vastille unter dem Namen
Marchioli aufgeführt wurde, und bereits Senac
de Meilhan in seinen "d^nvr63 p1ii1o30i)1ii(iu68 et
1itt6raii'63" (2 Bde., Hamb. 1795) sprach sich auf
Grund ital. Aktenstücke dahin aus, daß jene Maske
kein anderer als Mattioli sei, der Minister des Her-
zogs Karl Ferdinand von Mantua. Dafür entschied
sich auch Rour-Fazillac in seinen "H6cd6i'c1i631ii3tc"-
l'iqU68 6t ci'itihU63 8U1' 1'ii0MIN6 aii M3.8HU6 ä6
ILI-" (Par. 1801), sowie andere und zumal deutsche
Gelehrte. Mattioli hatte in Sachen der Erwerbung
Casales durch Frankreich eine zweifelhafte Rolle
gespielt; Ludwig XIV. ließ ihn im Mai 1679 auf-
heben; er wurde unter fremdem Namen dem Gou-
verneur von Pignerol, (^aint-Mars, übergeben,
dem er bei dessen Versetzungen nach der Insel Mar-
gucrite und später, wie man folgern will, in die
Vastille folgen muhte. Für Mattioli ist auch Topin,
"I^'1i0NM6 lln INN3(M6 äs loi'" (Par. 1869; 3. Aufl.
1870), aufgetreten; trotz allem läßt sich diese Vermu-
tung so wenig beweisen und so wohl angreifen wie
die Menge der ältern Phantastereien. Auf Grund
reichlicher Akten hat Jung, "I^a veritä 8ur 1o ink8qu6
äs ker" (Par. 1873), den Gefangenen mit einem
lothr. Ritter vonHarmoises gleichgesetzt, der infolge
einer Verschwörung wider das Leben Ludwigs XIV.
- Jung bringt ihn mit den Giftaffairen jener Jahre
(s. 8iiainl)i'6 ai'äentL und Brinvilliers) zusammen
- 1673 verhaftet wurde. Diese Lösung hat Beifall
gefunden. Loifeleur, "1>oi8 6Qi^ui63 iii3toliHU68"
(Par. 1882), verwirft auch sie: daß Gefangene in
der Vastille in ähnlicher Weise wie dieser behandelt
wurden, sei keine Seltenheit gewesen; vielleicht habe
es mehrere gegeben, die, wo sie öffentlich auftreten
durften, sich durch eine Maske unkenntlich machen
mußten; kcine der romanhaften Verknüpfungen mit
bestimmten und gar mit hochstehenden Persönlich-
keiten sei begründet; um einen Namenlosen (am
ehesten ein Spion möge es gewesen sein) habe sich,
ganz haltloserweise, ein Mythenkranz geschlungen.
- Unter dem Pseudonym E. M. wurden zur Zeit
des Ausnahmegesetzes von 1878 in der Züricher
Zeitung "Socialdemokrat" Mitglieder der social-
demokratischen Partei als Polizeispione denunziert.
Eiserne Pforte, s. Karisches Meer.
Eiserne Portion, s. Eisern. ^Eisern.
Eiserner Bestand, f. Velleidungswirtschaftund
Eiserner Helm, Orden vom Eisernen
Helm, ebcmaliger kurhess. Orden, gestiftet anläß-
lich der Freiheitskriege vom Kurfürsten Wilhelm
18. März 1814 als Belohnung des Militärvcr-
dienstes.
Eiserner Hut (im Bergwesen), s. Erzlagerstätten.
Eiserner Vorhang, feuersicheres Verschluß-
mittel der Vühnenöfmung im modernen Theater.
Ter E. V., der bei Vühnenbränden den Feuerherd
von: Zuschauerraum wenigstens so lange abschließen
soll, bis das Publikum sich entfernt hat,"ist nach dem
furchtbaren Brande des Ril^gtheaters in Wien(1881)
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