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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Englische Kunst

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Englische Kunst

als in Deutschland und Frankreich in Verbindung mit den übrigen Künsten geübt. Eingeborene Maler von Bedeutung treten erst im 17. Jahrh. aus. Sie haben die Wirksamkeit der beiden großen in England thätigen Maler Holbein und van Dyck zum Vorbilde. Zuerst wurde denn auch von diesen das Porträtfach gepflegt. Cooper (1609-72) bezeichnet den Höhepunkt der in England früh gepflegten Miniaturmalerei. Neben Dobson, Walker, Jameson, Wright, Cooper u. a. wirken auch im 18. Jahrh. noch vorzugsweise Ausländer, wie Peter Lely aus Soest und Gottfried Kneller aus Lübeck. Durch Thornhill, welcher der Französischen Schule anhing und neben andern großen Aufgaben die Kuppel der Paulskirche in London ausmalte, kam die barocke Richtung des Fresko in Übung. Als der erste eigenartige engl. Maler war W. Hogarth (1697-1764) der Schöpfer der engl. Karikatur; er gab der engl. Malerei die auf unbefangene und rücksichtslose Naturbetrachtung gegründete Richtung, die durch den Sinn des engl. Volks so sehr begünstigt wurde. Eine jener entgegengesetzte ideale Richtung wurde in sie eingeführt durch den ausgezeichneten Bildnismaler Sir Joshua Reynolds (1723-92; s. Taf. II, Fig. 5). Seine Nebenbuhler im Porträtfach waren Ramsay (1709-84) und G. Romney, vor allen aber Th. Gainsborough (1727-88; s. Taf. II, Fig. 1), der auch im Genrebild und in der Landschaft zu den besten Meistern der Zeit zählte. Als der erste vorzüglichste Landschaftsmaler der Engländer verdient in derselben Zeit Richard Wilson (1714-82), ein freier Nachahmer Claude Lorrains, genannt zu werden. Old-Crome und Nasmyth, jeder eine eigenartige Schule gründend, richteten durch ihre Bilder zuerst den Blick auf die Naturschönheiten Englands. Reynolds' Nachfolger als Präsident der Akademie zu London war der nordamerik. Quäker und Maler Benj. West (s. Tafel: Amerikanische Kunst II, Fig. 1). Mehr als durch seine Werke nützte er der E. K. durch Fürsorge für das Gedeihen der königl. Kunstakademie und seine Teilnahme an der 1805 erfolgten Gründung der British Institution, welche beide Anstalten durch ihre Ausstellungen die Kunstliebe des engl. Publikums und den Wetteifer der Künstler außerordentlich gefördert haben. Unter seinen Zeitgenossen ist der Schweizer Joh. Heinr. Füeßli (1742-1825) der bedeutendste. Die Davidsche Schule, welche ihren Einfluß von Frankreich über ganz Europa verbreitete, übte auf England eine geringe Wirkung. Nur einzelne Künstler, wie Westall, Haydon, pflegten das histor. Fach; andere, wie Hilton, Etty, Allan, Briggs, schlugen einen freiern, an die ältere Malweise der Niederländer und Italiener anknüpfenden Weg ein. Von lebendiger Phantastik waren die Werke eines Stothart und John Martin. Neben ihnen lösten die monumentalen Aufgaben in Erfindung und Ausführung die im Geist der deutschen und franz. Romantiker schaffenden Historienmaler Maclise (s. Tafel: Englische Kunst II, Fig. 10), Dyce (s. Taf. II, Fig. 4), Herbert und Ward. Dem auf die Individualität gerichteten Sinn der Engländer entsprechend wurde die Porträtmalerei mit Glück gepflegt; sie fand in Sir Th. Lawrence (1769-1830), der 1820 Präsident der Londoner Akademie wurde, in Jackson Northcote und Hoppner tüchtige Vertreter. Außerdem machten Th. Phillips, M. A. Shee (1830 nach Lawrence Präsident der Akademie), W. Beechey, Rothwell, H. W. Pickersgill, Gordon und Francis Grant (1803-78) als Porträtmaler sich Namen. In den sehr beliebten Bildern, welche Stoffe aus Dichtern behandeln, sowie in der Genremalerei wurden die engl. Maler durch eine scharfe Beobachtungsgabe unterstützt, die sich sowohl in Reichtum der Vorwürfe als auch in schlagendem, bisweilen übertriebenem Ausdrucke der Köpfe auslegt. Obenan steht David Wilkie (1785-1841; s. Taf. II, Fig. 9), der Schöpfer des modernen Genrebildes. Nach ihm sind zu nennen: Chalon, Mulready, Leslie Ward, W. Collins, Redgrave, F. R. Lee, J. Clark, J. C. Horsley, F. Goodall, H. O'Neil, T. Webster, W. P. Frith, deren Bilder bei einer an Ostade und Netscher sich anlehnenden Farbengebung das engl. Volksleben vorzüglich widerspiegeln. Im Fache der Landschaftsmalerei sind als die drei bedeutendsten Turner (1775-1851), Constable (1776-1837) und Bonington (1801-28) zu nennen. Turner (s. Taf. II, Fig. 8) ist der vielseitigste Geist, welcher je in der Landschaftsmalerei wirkte, Meer, und Land, heroischer Charakter und höchste Steigerung der malerischen Wirkungen finden sich bei ihm nebeneinander. Constable hat die engl. Natur in Regen und Sonnenschein mit kräftiger Farbe und leichtem Vortrage bei tief eindringendem Verständnis in die Stimmungswerte gemalt. Von ihm gingen die entscheidenden Anregungen für die bedeutende Pariser Landschaftsschule in den fünfziger und sechziger Jahren aus. Bonington stellte südl. und nordfranz. Gegenden geistreich und namentlich tonwahr vor Augen. Diesen schließen sich an: W. Glover, W. Collins, Th. Danby, J. D. Harding, W. Linnell, T. Creswick, H. M'Culloch. In der Seemalerei sind Callcott, Stanfield und E. W. Cooke mit Auszeichnung zu nennen. Für die Tiermalerei besaß England in Morland und Edwin Landseer (1802-73; s. Taf. II, Fig. 6) Künstler ersten Ranges.

Seit der Mitte dieses Jahrhunderts kam in England die Schule der Präraffaeliten (s. d.) auf, welche einen vollständigen Umschwung des künstlerischen Empfindens herbeiführten. Sie brach mit der Nachahmung der Holländer und Spätitaliener und führte auf unmittelbare Naturbeobachtung und auf eine innigere Darstellung seelischer Vorgänge hin. Den ursprünglichen Anregern Rossetti, Holman-Hunt und Millais schlossen sich bald jüngere Kräfte an, unter welchen Burne-Jones (s. Taf. II, Fig. 2) an erste Stelle durch die eigentümliche Schärfe seiner stilistischen Auffassung trat. Watts, Paton, Madox Brown, Richmond, Crane bildeten die Richtung in selbständiger Weise fort. Doch betonte Millais mehr und mehr die realistische Seite und wurde somit einer der wichtigsten Führer der engl. Malerei; Walker, Mason, Holl, Herkomer bildeten diese weiter aus. Die mehr klassicistische Richtung vertritt Leighton, der derzeitige Präsident der Akademie Prinsep Calderon, Poynter u. a., die koloristische der Niederlande Alma Tadema (s. Taf. II, Fig. 7). Die präraffaelitischen Anregungen erstreckten sich auch auf die Landschaft, in welcher Brett, Hoock, H. Moore, Leader u. a. Glänzendes leisteten, wie auf die Bildnismalerei, welche durch Millais (s. Tas. II, Fig. 3), Watts, Holl, Herkomer, Ouleß u. a. auf die höchste Stufe geführt wurde. In Edinburgh bildete sich eine besondere, von dem selbst unbedeutenden Lauder Scott ausgehende Schule von koloristisch feiner Beobachtung aus, deren Hauptvertreter Fettes Douglas, Orchardson, Pettie als Figurenmaler, Reid, MacWhirter, Graham, Murray als Landschafter sind. Die Einflüsse der