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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Englische Litteratur

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Englische Litteratur

Davies ("Nosce te ipsum"), Joshua Sylvestre, William Warner, Th. Watson u. a. m. Doch die Hauptbedeutung des Elisabethanischen Zeitalters liegt darin, daß es das Drama zur höchsten Vollkommenheit ausgebildet, daß es Shakespeare (1564-1616), den Dichter aller Dichter hervorgebracht hat, denn während seine Vorgänger auf dramat. Gebiete nur für ihre Zeit geschrieben, während auch ihre gelungensten Werte meistens nur noch ein litterarhistor. Interesse haben, drückte er seinen Gebilden den Stempel auf, der sie allen Nationen zugänglich macht. Zwar geriet sein Name während der engl. Bürgerkriege fast in Vergessenheit, und erst seit dem Beginn des 18. Jahrh. wurden seine Werke wieder ein Gemeingut der Nation, seitdem aber sind dieselben mehr und mehr durchforscht worden und die Kenntnis derselben ist über die ganze gebildete Welt verbreitet. Mit seinen kleinern Werken ("Venus and Adonis", "The rape of Lucrece", "A lover's complaint", "The passionate pilgrim", "Sonnets") zählt er auch zu den bedeutenden Lyrikern seiner Zeit. Dichter wie Edward Fairfax, der Übersetzer des "Befreiten Jerusalem", und Sir John Harrington, der Übersetzer des "Orlando furioso", führen bereits zu John Milton (1608-74) hinüber, der als der würdige Schlußstein in dem großartigen Baue der Elisabethanischen Litteratur zu betrachten ist.

Eine andere Gruppe von Dichtern hat man die "metaphysische Schule" genannt. Zu ihr zählen Abraham Cowley ("The mistress", "Pindaric odes", "The Davideis"), George Herbert ("The temple"), Richard Crashaw ("Steps to the temple"), Francis Quarles "Emblems"), George Wither ("Abuses stript and whipt", "Satire to the king", "Shepherd's huting", "Mistess of Philarete" u. v. a.), Robert Herrick ("Works, human and divine"). Sie alle sind Nachahmer John Donnes, der seinerseits wieder den euphuistischen Romanstil Lylys in die lyrische Poesie übertragen hat.

Wie seinen Zeitgenossen, so blieb Shakespeare auch seinen Nachfolgern unerreichbar. Von Chapman (1557-1634) sind noch 16 wenig bedeutende Dramen vorhanden, in denen sich nur geringe Spuren eines schöpferischen Geistes bemerkbar machen; noch fruchtbarer war Thomas Heywood, dem 220 Stücke zugeschrieben wurden (nur 23 konnte Collier 1852 sammeln). Der bedeutendste auch wohl von ihm anerkannte Zeitgenosse Shakespeares ist Ben Jonson (1573-1635). Reicher an Talent und wirksamer an bühnenmäßiger Berechnung waren Fr. Beaumont (um 1586-1616) und J. Fletcher (1579-1625), neben ihnen besonders Massinger. Von andern Dramatikern seien hier genannt: John Marston, John Webster ("The duchess of Malfi", "Vittoria Corombona"), Samuel Rowley ("When you see me, you know me"), William Rowley ("A match at midnight", "A woman never vexed" u. a.). Ausläufer der Elisabethanischen Schule sind: James Shirley (1596-1666), Thom. Randolph (1605-34: "The Muses' looking-glass") und Will. Cartwright (1611-43: "The royal slave").

Wie nach Chaucer die Dichtung durch die langwierigen Kämpfe der Rosen in ihrer Entwicklung gehemmt wurde, so wurde sie jetzt durch den Bürgerkrieg für geraume Zeit brach gelegt. In der kunstfeindlichen Sphäre des Puritanismus konnte ein freier dichterischer Geist nicht zur Entfaltung kommen. Eine geistige Strömung, deren Wertschätzung litterar. Produkte darin gipfelte, daß sie sagte, neu entstehende Bücher enthielten entweder dasselbe wie die Bibel, und dann wären sie unnütz, oder sie enthielten anderes, und dann wären sie schädlich, schnitt natürlich jeder weltlichen Poesie den Lebensfaden ab. Der einzige, freilich nicht zu unterschätzende Ersatz, den der Puritanismus geleistet hat, sind die Werke Miltons (s. d.).

Die Bühne wurde gleichfalls auf das empfindlichste geschädigt. Einzelne Dichter, wie Shirley, Francis Quarles, Davenant u. a. fuhren zwar fort, Dramen zu veröffentlichen, fanden aber nur Leser und keine Zuschauer mehr. Thatsächlich ruhte die dramat. Kunst während eines halben Menschenalters, erst mit der Wiederherstellung des Königtums 1660 öffneten sich die Theater wieder. Allerdings hatte es Davenant verstanden, die strengen gesetzlichen Vorschriften höchst geschickt zu umgeben, indem er schon um 1656 eine Art dramat. Vorstellung unter dem Namen "Moral representation" einführte. Aber die mit Karl II. Zurückgekehrten, die in Frankreich das Theater Corneilles und Molières kennen gelernt hatten, waren mit der schlichten Einfachbeit der alten Schaubühne nicht mehr zufrieden. Jetzt wurden von Paris Dekorationen, bewegliche Scenerie, künstliche Beleuchtung u. dgl. eingeführt und damit das Hauptgewicht nicht mehr auf den Gehalt der Stücke, sondern auf die äußere Ausstattung gelegt. Nach dieser Richtung hin thaten sich besonders Davenant und Dryden hervor, von denen an der Verfall des engl. Dramas datiert. Zu Shakespeares Zeiten war die Bühne noch Nationaltheater, jetzt wurde sie zum Hoftheater. Kärrner und Soldaten durften nicht länger auf den Brettern erscheinen, nur die Blüte der Gesellschaft durfte noch die Bühne beleben. Daher die abstrakt entwickelten konventionellen Begriffe von Ehre, Liebe, Heldentum, daher das hohle Pathos und die rein äußerliche Motivierung des Konflikts. Von nun an ging der sittenlose Hofton auf die Kunst über. Vergebens warf sich Otway (gest. 1685) in seinem "Venice preserved" und "Orphan" dem Strome entgegen; ebensowenig blieben Nathaniel Lee (1657-92), der Verfasser von "Theodosius" und "Alexander the Great", und Thom. Southern (1659-1746) frei von den Verirrungen der Zeit. Zwar bahnte sich später das Trauerspiel in edler Haltung und moralischer Tendenz wieder Eingang, deklamierte aber in den steifen Formen der franz. Schule. So Addison, so Thomson, so die Schöpfungen eines Young, Glover und Mason, unglücklichen Nachahmern des unbegriffenen Altertums. Nicholas Rowe (1673-1718) wollte zuerst zurück auf die frühere Bahn, aber weil er nicht durchdrang, ließ auch er vom Bessern ab. Einen glücklichern Weg schlug G. Lillo (1693-1739) mit der von ihm aufgebrachten Gattung des bürgerlichen Trauerspiels ein. Zu seinen besten Stücken gehören: "George Barnwell" und "Fatal curiosity".

Eine selbständigere Bahn hatte die Komödie genommen. Die Lustspiele der Restaurationszeit sind fast ohne Ausnahme prosaische Sittenkomödien. Aber ihr Hauptmangel ist eben eine grenzenlose Sittenlosigkeit. Auch darin hat Dryden den Ton angegeben und ist von den Spätern kaum übertroffen worden. Die Hauptvertreter sind: Wycherley (1640-1715), Congreve (1672-1728), Farquhar und Vanbrugh. In zweiter Linie stehen George Etherege, Aphra Behn, Susanna Centlivre, Edw. Ravenscroft und Colley Cibber. Obschon nicht alle decent in ihrem Tone,