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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Englische Litteratur

haben sich doch manche Lustspiele dieser Dichter, wenngleich mit den nötigen Streichungen, neben Gays "Beggar's opera" bis zur Gegenwart in der Gunst des engl. Publikums erhalten.

Nach der Königin Anna Tode hatte der Übergang der brit. Krone an das Haus Hannover in der Person Georgs I. mehrere, die äußern Theaterverhältnisse wesentlich berührende Veränderungen zur Folge. Früher hatten Musik, Gesang und Tanz das Schauspiel von den Brettern gedrängt. Musik und Gesang waren inzwischen das alleinige Eigentum der mit Anfang des 18. Jahrh. eingewanderten ital. Oper geworden, also blieb nur der Tanz. Diesem mehr Sinn und Bedeutung zu geben, nahm man ihm einen Teil der von der Musik geregelten Grazie, verlieh ihm dafür die Geberde, fügte das Ganze in die zusammenhängende Versinnlichung irgend einer Fabel und nannte es Pantomime (s. d. und Dumb-Show). So entstand die sog. Christmas Pantomime, deren Ursprung man fälschlich auf die in ältester Zeit gebräuchlichen Weihnachtspossen zurückführt und deren Charakter, besonders seit dem Tode der als Tölpel (clown) unersetzt gebliebenen beiden Grimaldi, Vater und Sohn, sich zwar ansehnlich verändert hat, die aber doch fortdauernd sich auf den Londoner Theatern behauptet. Dem Drama brachte der Wechsel der Herrscherfamilie keinen Segen. Weder die George noch Wilhelm IV. unterstützten es, dessenungeachtet hat es ihm andauernd an Dichtern zweiten Ranges nicht gefehlt. Fielding und Garrick, der berühmte Schauspieler, vermehrten das Repertoire beträchtlich; ein Londoner Lehrer, Townley, schrieb das launige "High life below stairs". Flüchtig, aber oft eigenartig arbeitete Foote. Cumberland schrieb zum Teil sentimentale Stücke in der zierlichen Sprache, aber auch mit der Oberflächlichkeit des Weltmannes. George Colman der Ältere zeichnete die Personen seiner 35 Theaterstücke meist treu nach dem Leben, was ihre beste Eigenschaft ist. Goldsmith glänzte durch reichen Witz und unerschöpfliche Heiterkeit. Sheridan (1751-1816) war Spötter, Menschenkenner und Hofmann, Redner, Schöngeist und Poet in seinen beiden berühmten Lustspielen "The school for scandal" und "The rivals".

Schwächer war während dieser Zeit das ernste Bühnenstück vertreten; nennenswert sind nur die bürgerliche Tragödie "The gamester" von E. Moore, die romantische Tragödie "Douglas" von John Home (1724-1808), "The mysterious mother" von Horace Walpole und "The Grecian daughter" (1773) von Murphy.

Eine neue poet. Schule, die erst nach der Restauration der Stuarts recht zur Geltung gelangen sollte, die aber schon unter der Herrschaft der Puritaner durch die sog. "Cavalier poets" angekündigt wurde, war diejenige, als deren Haupt man Dryden (1631-1700) bezeichnen kann; sie zeichnet sich durch volltönende Sprache und glatte Verse aus, läßt aber unter dem äußern Schimmer nicht selten den innern Gehalt vermissen. Hat Milton dem Puritanismus klassischen Ausdruck verliehen, so hat die Gegenpartei der Kavaliere ihren klassischen Vertreter in Samuel Butler gefunden, dessen "Hudibras" immer seinen Wert als Zeit- und Sittenbild behalten wird. Die durch Dryden vertretene poet. Richtung erreichte ihren Höhepunkt in Pope, der in Witz, Korrektheit und Gefeiltheit das Mögliche leistete. Nicht mit Unrecht hat man ihn den Boileau Englands genannt. Neben ihm stehen der feingebildete Addison, der heitere Fabeldichter Gay, der Naturmaler Thomson, der sarkastisch-humoristische Swift, der religiös-feierliche Young. Um die Mitte des 18. Jahrh. blühten ferner der sentenziöse Johnson, der düstere Gray ("Elegy written in a country churchyard"), der Lehrdichter Akenside ("Pleasures of imaginations"), der Elegiker Shenstone ("The school-mistress"), der humoristische Armstrong ("The art of preserving health", eine Art versifizierter Hufeland), der Lyriker Collins, der Satiriker Churchill, William Falconer ("The shipwreck"), James Beattie ("The minstrel"), John Dyer, Christopher Anstey u. v. a. Der franz. Einfluß, der sich während dieser Periode (etwa 1700-85) geltend machte, war hauptsächlich durch die Stuarts zur Herrschaft gelangt. Wenn er aber auch die poet. Formen in unverkennbarer Weise vervollkommnete, so schädigte er doch das innere Wesen der Dichtung. Wegen ihrer Formvollendung wurde früher diese Epoche das Augusteische Zeitalter der E. L. genannt; je deutlicher man aber erkannte, wie wenig wahre Poesie die Hauptvertreter der Periode haben, desto mehr ist man von dieser Anschauung zurückgekommen.

Eine besondere Förderung erfuhr die engl. Prosa gegen Ende des 17. Jahrh. durch den Kanzelredner Tillotson, den polit. Schriftsteller Will. Temple, den Philosophen Locke und durch den skeptischen Shaftsbury (1671-1713) in seinen durch Witz und Phantasie belebten philos. Forschungen. Viel geschah dann durch die zu Anfang des 18. Jahrh, unter den Auspizien Addisons von Steele ins Leben gerufenen Wochenschriften "Tatler" (1709), "Spectator" (1711) und "Guardian" (1713). Bald erhielt jeder Stil seinen Bildner; der satirische in Swift ("The tale of a tub", "Gulliver's travels"), der didaktische in John Brown, Hutcheson und Adam Smith, der Briefstil in Lady Montague, Chesterfield und Junius, der historische in Hume, Robertson und Gibbon, vor allem erhielt aber der Roman jetzt eine hervorragende Bedeutung. Die Romane des 15. Jahrh. waren nur prosaische Umbildungen alter Heldenlieder, besonders aus dem Kreise Karls d. Gr., König Artus' und der Tafelrunde, es folgten die Schäferromane, eingeführt durch die "Arcadia" des Ph. Sidney; aber den Charakter, der dieser Dichtungsart in unsern Tagen eine so hohe Wichtigkeit verleihen sollte, gab ihr erst Daniel Defoe (1661-1731) durch seinen, in alle gebildeten Sprachen übertragenen Roman: " (1719). Durch Richardson wurde der Familienroman eingeführt ("Pamela", "Clarissa", "Sir Charles Grandison"), der sich lange Zeit einer großen Beliebtheit erfreute. H. Fielding (1707-54) trat den gar zu sehr idealisierten Gestalten Richardsons mit feiner Satire entgegen und die Schilderungen des wirklichen Lebens in seinen Romanen ("Joseph Andrews", "Jonathan Wild", "Tom Jones") sind psychol. Meisterwerke. Weiter noch ging in dieser Richtung T. Smollett, dessen launige Sittengemälde ("Peregrine Pickle" und "Humphrey Clinker") noch heute ihren Reiz nicht verloren haben. Neben diesen Romanen stehen die halb mutwilligen, halb sentimentalen Gebilde eines Sterne ("Tristram Shandy" und "A sentimental journey"), die sich zum liebenswürdigen Humor eines Goldsmith ("Vicar of Wakefield") verklärten. Ihnen schlossen sich die Erzeugnisse Mackenzies, Miß Burneys, Johnstones, John Moores und Mrs. Inchbalds an. In eine etwas