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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Entlassungsprüfung - Entlebuch
beitsstrafe als verbüßt. Der Widerruf ist zulässig bei
schlechter Führung des Entlassenen oder wenn der-
selbe den ihm auferlegten Verpflichtnngen zuwider-
handelt. Er hat die Wirkung, daß die seit der E.
bis zur Wiedereinliefernng verflossene Zeit anf die
festgesetzte Strafdaucr nickt angerechnet wird. Das
Institut der E. ist engl.Ursprnngs ltickot oficnve).
1862 in Sachsen eingeführt, fand dasselbe Auf-
nahme in das Deutsche Strafgefetzbuch, obne die ge-
hoffte praktische Bedeutung zu gewinnen. Por Erlaß
einer reichsgesetzlichen ^trafvollzngsordnung wird
das auch fchwerlich gescheheu. Auch der Qsterr. Ent-
wurf von 1889 sieht die vorläufige E. vor (§. 19).
Gntlassungsprüfung, s. Maturitätseramen.
Entlasten, im kaufmännischen Verkehr jemand,
der vorber in den Geschäftsbüchern mit einer Schnld-
iumme eingetragen (belastet) worden war, für eine
darauf hin gemachte Gegenleistung seiner Schuld
oder des bezüglichen Teils derselben entheben, ihm
diese Leistung gutschreiben (s. Entlastung).
Entlastung, Decharge, die Erklärung des-
jenigen, welchem eine Rechnung gelegt, eine Rechen-
schaft erteilt ist, daß er die gelegte Recknung, Aus-
kunft, Rechenschaft genügend erachtet. Die E. wird
einem Geschäftsführer von dem Gefchäftsherrn, dem
Vormund von der Obervormnndschaftc'bebördc und
von dem Mündel nach erlangter Großjährigkeit,
dem Vorstand einer Aktiengesellschaft, Genossen-
schaft, Korporation, eines Vereins von der General-
vcrfammlnng, dem rechnnngsführenden Beamten
von der vorgesetzten Behörde erklärt. Bei größerer
Rechnungsführung werden in der Regel Rcviforen
ernannt, welche die Rechnnng zu prüfen haben und
auf deren Bericht hin erst die Dechargc aufgesprochen
wird. Da die Rechnungslegung dazu bestimmt ist,
die gesamte Geschäftsführung klar zu stellen und
nachzuweisen, daß der Geschäftsführer feine Ver-
pflichtungen erfüllt habe, so wirkt die E. ähnlich wie
ein Verzicht oder eine Quittung, soweit die Reck-
nung in einer für den Geschäftsherru erkennbaren
Weife über einen Punkt der Verwaltung Auskunft
erteilt, oder denselben soweit berührt hat, das-,
dem Geschäftsherrn durch die Rechnung Veranlas-
iung gegeben war, specielle Ansknnft über einen
Punkt der Verwaltuug zu fordern, kann der Ge-
schäftsherr nach der E. bezüglich diefes Punktes keine
Regreßanfprüche an den Geschäftsführer erheben,
außer wenn unredlicheHandlnngen desselben vor-
liegen, oder es sich um Rechnungssehler handelt.
Im Verhältnis von Regierung und Volksver-
tretung entspricht die E. nach Ablauf der Wirt-
schaft^penooe dem Voranschlag (s. Budget). Beide
Akte sind ihrem Wesen nach gleichartig; nach dem
positiven Rechte bedarf jedoch der Voranschlag der
Form des Gesetzes, die E. nnr eines formlosen Be-
schlusses, welcher in der Regel vom Landtag, nach
Reichsrecht vom Reichstag und Bundesrat gemein-
sam zu fassen ist. Entlastet wird das Ministerium,
nach Reichsrccht der Reichskanzler. Welche Rechts-
folgen bei Versagung der E. eintreten würden, ist
durch das Gesetz nicht bestimmt: es handelt sich hier
um ein zur Zeit noch ungelöstes konstitntionellee>
Problem, wie überhaupt das dermalen geltende Reckt
über E. als nnfertig bezeichnet werden muß (s. auck
Komptabilität5gesetz). Die E. wird vorbereitet durch
genaue Prüfuug der Rechnungen von feiten einer
obersten Rechnungsbehörde, in Preußen der berühm-
ten, von Friedrich Wilhelm I. im I. 1717 errich-
teten Oberrechnungskammer (s. d.), welche für das
Reich als Reichsrechnungshof fungiert. Unmittelbar
nach Schluß des Rechnungsjahres sind dieser Be-
hörde alle Rechnungen undInventarien einzureichen,
außer über diejenigen Posten des Etatv, welche aus-
drücklich durch gesetzliche Vorschrift ausgenommen
sind, und die ganz nnbedeutendcn Rechnungen. Auf
Grund der rechnerischen und budgetmäßigen Prü-
fung der Rechnungen kann jede Behörde zur Rechen-
schaft gezogen werden, und die Oberrechnungs-
kammer hat ausgedehnte Zwangsmittel zur Siche-
rung der Erfüllung ihrer Monita; event, ist die
Sache zur weitern Verfolgung an die Eentralstelle
des betreffenden Ressorts abzugeben, ^ino die
Monita erledigt, so erfolgt der dnrch Kollegial-
beschluß festzustellende Jahresbericht an den Land-
oder Reichstag, auf Grund dessen dann der Ent-
lastungsbeschluß gefaßt wird. Die materielle Prü-
fnng liegt jedock ausschließlich bei der Oberrech-
nnngskammer, welche dem Parlament in keiner
Weise verantwortlich ist und selbst nicht Rückfragen
desselben zu beantworten verpflichtet ist. Im An-
fchlnß an die Revision der Rechnungen anf Grund
des Budgets bat die Oberrechnungstammerden Be-
stand des gesamten Staatseigentums zu kontrol-
lieren. Das ganze Revisionsverfahren ist binnen
eines Jahres zu Ende zu führen. Die geltenden
Rechtsvorschriften über die E. finden sich in Art.
104 der preuft. und Art. 72 der Reichsverfaffungs-
urkunde, ferner in dem Reichsgesctz vom 11. Febr.
1875, durch welches die Bestimmungen des preuß.
Gesetzes vom 27. März 1872 anch zum Reichsrecht
erklärt wurden, nachdem über ein selbständiges
Komptabilitätsgesetz für das Reich zwischen Regie-
rung und Reichstag eine Einigung nicht hatte
erzielt werden können. - Vgl. die Lehrbücher des
Staatsrechts, sowie die anonyme Monographie in
der "Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft",
XXX11,479fg.; XXX11I,23fg. (Tüb. 1876,1877).
Entlastungsbogen, der über geraden oder
bogenförmigen Thür- und Fenstersturzen, überhaupt
freiliegenden Werkstücken oder über scheitrecht ge-
wölbten Ziegelsteinbögen gespannte Mauerbogen,
welcher den Zweck hat, die Last des anf denselben
ruhenden Mancrwerkes aufzunehmen und nach sei-
nen Stützpunkten zu übertragen, nm das so ent-
lastete Wertstück oder den Bogen vor dem Zerbrechen
oder Durchbiegcu zu schützen. Größere freiliegende
Werksteinstücke, wie Architrave, Thorwegsturze
u. s. w. und scheitreckte Iiegelsteinbögen von größe-
rer Spannweite werden durch eiserne schienen und
Bolzen an dem Entlastungsbogen anfgehängt.
Gntlastungsmauer, s. Dechargenmaner.
Gntlebuch. 1) Landschaft und Thal im schweiz.
Kanton Luzern, im südlichsten Teil desselben zwi-
schen Obwalden und Bern gelegen, nmfaßt die
obern Thalstufen der Kleinen Emme und der Ilfis
und bildet einen eigenen Bezirk mit 400,6 hkin
svlächenraum und (1888) 16662 E., darunter 645
Evangelische. Im engern Sinne wird als E. das
Hauptthal der Kleinen Emme von der Wasserscheide
gegen die Ilfis bis zu der Umbiegung bei Wohl-
dusen bezeichnet. Die Landschaft trägt subalpinen
Eharakter wie die Oberstufe des benachbarten Em-
mentbals, ist aber ärmer und einförmiger. Die
Nagelfluhgebirge, welche das Hauptthal einschließen,
links der Napf (1408 iu) mit seinen Ausläufern,
rechts die Bauchten (1771 m), die Farneren (1574 m)
und die Vramegg, sind langgestreckte bewachsene
Bergzüge, reich an Alpweiden und Waldungen;