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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Epernay - Epernon
geben und nach dem Brande von 1887 größten-
teils neu aufgebaut und hat (1890) 10371 meist
slowak. kath. (5. (2670 Magyaren, 1786 Deutsche:
900 Griechisch-Katholische, 1500 Evangelische und
1300 Isracliten), in Garnison 2 Bataillone des
67.ungar.Infanterieregiments "Freiherr von Kray";
ferner 6 .stirchen, eine Synagoge, ein luth. Distrikts-
kollegium (thcol. Lehranstalt und Obergymnasium),
ein katholisches tönigl. Obergymnasium, eine
Hauptschule, eine bischöst. Bibliothek, ein Prä-
monstratcnscr- und ein Franziskanerklostcr; Leinen-
industrie und Steina.utfabrikcn, sowie bedeuten-
den Handel mit Getreide, Leinwand, Vauerntuch,
Hegyalyer Wein und Vieh. Die schönsten öffent-
lichen Gebäude dieser an die Städte des deutschen
Mittelaltcrs erinnernden Stadt sind: die spätgot.
St. Nikolaskirche mit Turm (70 m) aus dem
18. Jahrh., das Komitatshaus, das Kapitelhaus,
das schöne Stadthaus und das Theater, über der ^
Aarcza befindet sich der viel besuchte Kalvarienberg
(82 m) mit schöner Aussicht. Etwa 4 km im S. die
Salzwerke von Sövar mit reichhaltiger Salzquelle.
- E. verdankt seinen Ursprung deutschen Kolonisten
und war um die Mitte des 13. Jahrh, schon ein
blühender Ort. Ludwig I. erhob E. 1374 zur königl.
Frcistadt: später wurde es befestigt und mit einer
Menge Privilegien beschenkt. Die Lebren Lutbers
fanden in E. bereits 1530 Eingang. Unter der Tö-
kölyschcn und der Nakoczyschen Revolution hatte es
viel zu leiden, und seit 1673 kam auch durch die
katholisierende Gegenreformation viel Ungemach
über die Stadt. Der kaiserl. General Anton Ca-
raffa fetzte hier 1687 das sog. Eperiescr Blut-
gericht ein und ließ auf dem Hauptplatze ein stän-
diges Schafott errichten, aus welchem 9. Mai 30
der angesehensten prot. Bewohner der Stadt ihr
Leben einbüßten. Großen Nuhm erwarb im 16.
und 17. Jahrh, die Stadt durch ihr vortreffliches
Schulwesen; in ihren Lehranstalten unterrichteten
zumeist hervorragende Gelehrte und Schulmänner
aus Deutschland, doch ging das Deutschtum daselbst
mehr und mehr zurück, das Slawentum gewann
die Oberhand. Am 7. Mai 1887 wurde ein großer
Teil der Stadt durch Brand zerstört.
Epernay (spr. -näh). 1) Arrondissement im
franz. Depart. Marne, hat 2135,0? czivm, (1891)
99067 E., 174 Gemeinden und zerfällt in die 9 Kan-
tone Anglure (190,9i (ikm, 7489 E.), Avize (155,3i
qkm, 10113 E.), Dormans (199,".l; ^m, 11073 E.),
E. (113,53 q1<m, 27902 E.), Efternay ft77,?9 qkm,
8001 E.), Fere-Champenoife (384,8i ^wn, 6804 E.),
Montmirail (277,7? qkin, 8636 E.). Montmort
(251,?5 ^m, 6999 E.-), Spanne (284,14 <il<m,
12050 E.). - 2) Hauptstadt des Arrondissements
und des Kantons E., liegt 33 km nordwestlich von
Chalons-sur-Marne, an der Marne, über welcke
eine auf sieben Bogen ruhende Brücke fübrt, am
Ausgange eines fruchtbaren, reizenden Tdals, in-
mitten der reichsten Weinberge der Champagne und
an den Linien Paris-Deutsch-Avricourt (Grenze)
und E.-Laon (224 km) der Franz. Ostbabn. Die
Stadt ist Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz,
eines Handelsgerichts, eines Kommunal-College
und einer Ackerbaukammer und hat (1891) 17 843,
als Gemeinde 18361 E., in Garnifon Teile des 1., ^
4., 9., 25. und 26.Iägcrbataillons, einen Flußhafen, !
große Ausbesserungswcrkstätten dcrOstdabn, eine !
Bibliothek (15 000 Bände), ein Theater, ausgedehnte
Promenaden und eine 1828 - 31 im ital. Stil er-
baute Pfarrkirche mit guten Glasmalereien. E. ist
Haupthandelsplatz für die roten, weißen, moussieren-
den und nicht moussierenden Champagnerweine und
treibt Wollspinnerei, Vraucrei,Gerberei,Fabrikation
von Korkpfropfcn, Mühlsteinen, Liqueuren sowie
Handel niit Getreide und Mehl. Die Vorstadt La
Folie, bewohnt von den reichsten Weinhändlern, mit
geschmackvollen Häusern und schönen Gärten, ist be-
sonders merkwürdig durch in den weichen Tuffstein
getriebene Keller, in welchen durchschnittlich 5 Mill.
Flaschen lagern, von denen etwa 800000 aus den
5587 Iili umfassenden Weinpflanzungen des Arron-
dissements selbst kommen (Umsatz jährlich 20 Mill.
Frs.). - E. erscheint in der Merowinger- und Karo-
lingerzeit unter dem Namen 3Mrnkcum im ?ll^n8
Il6M6N8i8 und kam unter den Kapetingcrn an die
Grafschaft Champagne, mit der die Stadt 1328 an die
Krone gelangte. - Vgl. Fiövct, 1Ii8wii-6 äß ia vilis
(1'll. (3 Bde., Reims 1869): Nicaise, ll. ot 1'al>1>^6
8t.^1artw ä6 cetto villo (2 Bde., Chälons 1870).
Epernon(spr.-nöng), Stadt im Kanton Maintc-
non, Arrondissement Chartres des franz. Depart.
Eure-et-Loirc, 8 1cm nordöstlich von Maintenon,
am Zusammenfluß der in die Eure gehenden Guesle
und Droue, in 106 in Höhe, an der Linie Paris-
Brest der Franz. Westbahn, hat (1891) 2346, als
Gemeinde 2396 E., Post, Telegraph; Steinbrüche,
Gerberei und Handel mit Getreide, Mehl, Gips,
Tuck, Ziegeln, Pferden, Vieh und Wein. Bei E.
liegt ein gewölbter Keller (13. Jahrh.), die Dechanei,
ehemals zu der Priorei St. Thomas gehörig. Am
4. Olt. 1870 fand in der Nähe ein Gefecht zwischen
Franzosen und der 6. preuß. Kavalleriedivision statt.
Cpernon (spr. -nöng), Jean Louis de Nogarct,
Duc d', franz. Staatsmann, geb. 1554, aus einem
Adelsqeschlechte des Languedoc, fchloß sich schon
seit 1573 Heinrich III. an, wurde dann einer seiner
Günstlinge und zwar der mächtigste und zugleich
der politisch bedeutendste von allen. Anfangs hieß
er Caumont und La Valctte, 1681 machte ihn
Heinrich, der ibn mit Geld und mit 'Ämtern über-
schüttete, zum Herzog von E. und Pair von Frank-
reich. E. hat dies seinem Herrn redlich vergolten;
den ständischen Kräften gegenüber war er ein Ver-
treter des reinen Königtums. Der Katbolifchen Liga
war er unter Heinrichs Genossen der größte Stein des
Anstoßes; 1587 von jenem zum Gouverneur der Nor-
mandie ernannt, warf er feine ganze Macht gegen
sie in die Wagsckale; doch zwang sie den König, ihn
1588 nach Lockes zu verbannen. Er blieb Heinrich
bis zuletzt getreu; gegen Heinrich IV. aber hielt er
sich zunächst zurück, trat sogar mit den Spaniern in
Verbindung und unterwarf sich erst 1596. Er bedielt
das Gouvernement Limousin. Aus einem Partei-
gänger der Krone war er ein Mitglied der Oligar-
chie der Provinzialstatthalter geworden (s. Liga
und Heinrich IV.), denen die Selbständigkeit der
deutschen Fürsten als Ziel vor Augen stand. Unter
den Stattbaltern, die in den Wirren der ersten
Zeit Ludwigs X111. in diesem Streben hervor-
traten, nabm E. vielleicht die erste stelle ein;
stolz, unlentsam, seiner Mackt bewußt und sie ganz
beherrschend, hielt er sich beiseite. 1622 bekam er
das Gouvernement Guyenne; doch klagte man
bäufig über feine Herrschsucht, auch geriet er mit
dem Parlament in Zwist. Richelieu aber, der solcke
Sonderstellung nicht mebr duldete, drückte (1633)
den Herzog nieder; für die Härten feiner Verwal-
tung mußte er sich entschuldigen, er wurde über-
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