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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erbfolgekriege - Erblande
schen Staaten nur der ebenbürtige, agnatische,
männliche Blutsverwandte. Ausgeschlossen sind
demnach Kinder aus Mißehen oder Ehen zur linken
Hand, Weider und Kognaten. In andern europ.
Staaten, z. B. in Rußland, England, Dänemark,
Spanien u. s. w. sind Weiber und Kognaten nicht
thronfolgeuufähig, sondern stehen nur hinter gleich
nahe verwandten männlichen Agnaten zurück. Was
die Erbfolgeordnung anlangt, so ist dieselbe in den
deutschen Staaten teils durch den Umstand, daß die
Territorien in ihrem wichtigsten Bestände Reichs-
lehne waren, teils durch die Rücksicht auf die Un-
teilbarkeit der Staatsgebiete beeinflußt worden. Es
bedürfte einer Erbfolgeordnung, welcke beiden Rück-
sichten gerecht wurde, und dies war allein die
auf dem Rechte der Erstgeburt berubende Primo-
geniturordnung (s. Primogenitur). Ist im Falle
eines Thronwechsels kein thronfolgefähiger Nachfol-
ger vorhanden, so tritt an Stelle der E. eine sog.
außerordentliche Thronfolge ein. Die preuß. Thron-
folge ist nach den angegebenen Grundsätzen ge-
regelt im Art. 53 der Verfassungsurkunde, dessen
Bestimmungen nach der Reichsverfassung Art. 11
maßgebend für die E. ins deutsche Kaisertum sind.
Erbfolgekriege, Kriege, die aus Streitigkeiten
über Thronfolgerechte entspringen. In der neuern
Geschichte sind besonders hervorzuheben: der Spa-
nische Erbjolgekrieg (s. d.) 1701 - 13, der Öster-
reichische Erbfolgekrieg (s. d.) 1741-48, der Bay-
rische Erbsolgekrieg (s. d.) 1778-79.
Erbfolgeordnung, s. Erbfolge.
Erbgerichtsbarkeit, eine Art der Eigentums-
oder Patrimonialgerichtsbarkeit (s. d.), die mit dem
in der Regel adligen Gut verbundene Gerichtsbarkeit
der Gutsherren über ihre Hintersassen. Im Mittel-
alter begründet, bestand sie in Deutschland bis in die
neuere Zeit, ist durch die neuern Verfassungen in
den meisten deutschen Staaten, zuletzt durch das Ge-
richtsverfassungsgesetz (s. Gericht und Gerichtsver-
fassung) für das ganze Deutsche Reich beseitigt.
Erbgefessen, soviel wie angesessen, Grund-
eigentum besitzend.
Grbgraf, Titel des ältesten Sohnes oder Enkels
des Kauptes eines mediatisierten, früher reichs-
ständischen Grafenhauses, dem Titel Erdprinz (s. d.)
nachgebildet. Diese wenigen, im Gegensatz zu den
übrigen Grafen, zum hohen Adel zählenden Grafen-
bäuser sind ihrem Range und ihrer mit diesem ver-
bundenen Ebenbürtigkeit gemäß in der zweiten Ab-
teilung des "Gothaischen Hofkalenders" bei ihren
Standcsgenossen, den ehemals reichsständischen
Fürsten eingereiht. Den Häuptern dieser Grafen-
Familien und Inhabern des Familienstammguts
steht durch Beschluß der Deutschen Bundesversamm-
lung vom 13. Febr. 1829 das Prädikat Erlaucht zu.
Erbgrind, s. Favus.
Grbgrotzherzog, s. Erbprinz.
Erbgroßherzogskrone, in der Heraldik einc
geschlossene Königskrone (s. d.), wie sie auch Prin-
zen aus königl. Häusern zum Unterschiede von der
Krone des Herrschers (der offenen Königskrone) tra-
gen. <S. Tafel: Kronen I, Fig. 9.)
Erbgüter, in der Rechtssprache mehrerer, be-
sonders norddeutscher Landesrechte gewisse Grund-
stücke, welche durch Erbschaft erworben sind und
ohne Zustimmung näher bezeichneter Personen,
meist gewisser zur Zeit nächster gesetzlicher Erben,
nicht durch Rechtsgeschäft unter Ledenden veräußert
oder durch Verfügung von Todes wegen den Erben
entzogen werden dürfen. Die Veräußerung kann
in Ermangelung der Einwilligung innerhalb näher
bestimmter Frist von dem Tode des Veräußeiers cm
widerrufen und das Erbgut zurückgefordert werden.
In neuerer Zeit ist die Rechtsbildung meist beseitigt.
Dem Erbgut stand das wohlgewonnene Gut, d. i.
das anderweitig erworbene Vermögen, gegenüber.
Erbhcrzogskrone, in der Heraldik die offone
Herzogslronc (s.d.), die bis zur halben Kroncnhöhe
gefüttert ist. (S. Tafel: Kronen I, Fig. 10.)
Erbil, Stadt im Wilajet Bagdad, s. Ardil.
Erbmerde, s. Erbium.
^ Erbisdorf, Dorf in der Amtshauptmannschast
Freiberg der sächs. Kreishauptmannschast Dresden,
unmittelbar südlich von Brand, an der Nebenlinie
Brand-Langenau der Sächs. Staatsbahnen, hat
(1890) 2355 (1144 männl., 1211 weibl.) evang. E.;
Spitzentlöppelei, Vergschmieden, Poch- und Wäsch-
werke. Westlich davon die große Silber- und Vlei-
erzzeche Himmelsfürst (1400 Arbeiter), südöstlich
die gleichfalls siskalische Erzgrube Vereinigt Feld
(350 Ardeiter). Mit Michaelis und Linda bildet
E. einen einzigen 7 kin langen Ort.
Erblum,chem.Symboli^i-, Atomgewicht^ 166,0,
dreiwertiges Element. In dem Mineral Gadolinit
(s. d.) kommt es als Er bin erde an Kieselsäure ge-
bunden neben andern Erden und Metalloryden
vor. 1843 wurde aus Gadolinit von Mosander die
Erbinerde, I^O^, zuerst hergestellt und als Oryd
des Metalls E. erkannt. Die Abscheidung dcs
Metalls ist bislang uoch nicht gelungen; auch die
Erbinerde ist nur äußerst schwierig nach weitläufigem
Verfahreu rein zu erhalten und nach neuern Unter-
suchungen vielleicht kein einheitlicher Körper.
Erbjungfernrecht, das im Mecklenburgischen
bestehende Recht der Tochter eines ohne männliche
Abkömmlinge verstorbenen Lehnbesitzers (Vasallen),
das Lehen, selbst wenn es Familienfide'ikommih ist,
lebenslänglich als Nießbraucherin zu besitzen.
Erbkaiserliche Partei, Bezeichnung für eine
Partei in der Deutschen Nationalversammlung zu
Frankfurt a. M. von 1848 bis 1849, die einen Erb-
kaiscr an die Spitze des Reichs gestellt wissen wollte
und im "Weidcnbusch" in Frankfurt a. M. ihre Zu-
sammenlünfte hielt. Da sie selbst zu schwach war,
um ihr Programm durchzusetzen, mußte sie an das
linke Centrum erhebliche Zugeständnisse machen,
um dieses zur Wahl Friedrich Wilhelms IV. zum
Kaiser (28. März 1849) zu bestimmen.
Erbkämmerer, s. Erbämter.
Erbtux, s. Vergwerksabgabe.
Erblande, dem Wortlaute nach solche Länder,
in welcbcn ein Fürst kraft Erbrechts succediert. In
diesem ^inne müßten freilich alle Länder, die nicht
erst von ihrem gegenwärtigen Beherrscher durch
Eroberungen, Tausch, Kauf oder auf andere Weise
erworben wären, E. genannt werden. Gewöhnlich
jedoch versiebt man darunter nur solche schon früher
im ererbten Besitze einer Dynastie befindliche Län-
der, deren Verhältnis zu spätern Hinzuerwerbungen
durch irgendwelche staats- oder völkerrechtliche Fest-
stellungen bezeichnet ist. So unterscheidet man noch
immer in Sachsen die E. von der Oberlausitz, welche
zwar im allgemeinen der Gesamtverfassung des
Königreichs unterworfen, jedoch außerdem kraft ge-
wisser Staatsverträge, die sich auf ihren Anfall an
wachsen beziehen, eine besondere Provinzialver-
fassung und andere Sonderrechte besitzt. Vorzugs-
weise aber in Gebrauch war die obige Bezeichnung