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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erfüllung (der Rechtsgeschäfte des Gemeinschuldners)
unterläßt; hat cr einen Auftrag (s. d.) übernommen,
so erfüllt er damit, daß er die versprochenen
Handlungen ausführt, ohne daß der Gläubiger
bei der E. zugezogen ist, wenn dies dem Inhalt
des Auftrags entspricht. Wo der Schulduer zur
Nückgabe einer entliehenen ff. (^ommollHwm) oder
einer hinterlegten (f. Depositum) Sache verpflichtet
ist, erfüllt cr damit, daß er dem Gläubiger den
Gewahrsam der Sache einräumt. Ob er dem
Gläubiger zu bringen hat (s. Vringschuld), oder ob
der Gläubiger von ihm abznholcn hat (s. Holschuld),
ob er von feiner Verpflichtung befreit ist, wenn der
von ihm zur überbringung beauftragte Vote die
Sache unterschlägt, richtet sich nach den für die ein-
zelnen Rechtsverhältnisse getroffenen gesetzlichen
Bestimmungen. War der Schuldner verpflichtet,
ein Necht zu bestellen, z. V. eine Dicnstbarkeit oder
Eigentum zu übertragen, so gehört zur E., daß das
zu gewährende Recht in der Person des Empfän-
gers entsteht. Deshalb tritt in der Perfon des
Schuldners nach Gemeinem Necht keine Befreiung
ein, wenn er eine fremde Sache oder eine mit einem
Pfandrecht behaftete Sache leistet. Natürlich ist dann
der Gläubiger zur Nückgabe des Erhaltenen ver-
pflichtet. Ist Geld gezahlt, welches dem Leistenden
nicht geHort, so tritt Schuldtilgung ein, wenn der
Empfänger das erhaltene Geld in gutem Glauben
so ausgegeben oder mit seiner Kasse vermischt hat,
daß die geleisteten Geldstücke nicht herauszufinden
sind. So auch nach Osterr. Bürgert. Gesetzb. §. 371;
nach Preuß. Allg. Landr. 1,15, §. 45 und nach Sächf.
Vürgerl. Gesetzb. §. 290 kann dem redlichen Empfän-
ger baren Geldes dasfelbe von dem dritten Eigen-
tümer nicht wieder abgefordert werden, er ist alfo
mit dem Empfang befriedigt. Ebenfo nach dem
Deutschen Entwurf ß. 879.
Ist eine Fordernng auf eine Leistung des Ver-
pflichteten in Person beschränkt, so muß dieser selbst
erfüllen. In andern Fällen kann die E. für den
Verpflichteten selbst ohne dessen Einwilligung von
einem andern geschehen, und der Gläubiger muß
die E. von dem andern annehmen. Die E., welche
der andere im Namen des Schuldners leistet, be-
srcit diesen. Nach Prcuß. Allg. Landr. I, 10,
§. 51 kann die E. dem Gläubiger nicht aufgedrängt
werden, wenn Schuldner und Gläubiger der Lei-
stung des Dritten widerfprechen. Hctt der Dritte
die Schuld eines andern gezahlt, fo ist der Gläu-
biger nach Allg. Landrecht nicht bloß verpflichtet,
seine Rechte abzutreten (§.50), sondern der Leistende
tritt auch ohne Cession in die Rechte des befrie-
digten Gläubigers (§. 46). Das gilt nach franz.
Recht, (Üoä6 civil Art. 1251, nur eingcfchränkt.
(S. Subrogation.)
Damit die Tilgung eintritt, muß die E. dem
Gläubiger oder desfcn legitimierten Stellvertreter
geleistet sein, also, wenn der Gläubiger nicht hand-
lungsfähig ist, feinem gesetzlichen Vertreter, oder in
den durch Landesgesetz vorgeschriebenen Formen.
Ist dem nicht handlungsfähigen Gläubiger, z. V.
einem Minderjährigen oder bevormundeten Geistes-
kranken, geleistet, fo muß der Vormund oder Vater
die E. gelten lassen, wenn der geschuldete Gegen-
stand an ihn gekommen ist, sonst nnr, soweit das
Vermögen des Bevormundeten durch die Leistung
bereichert ist.
Wurde an einen andern als den Gläubiger ohne
dessen Zustimmung geleistet, so tritt Tilgung ein,
wenn der Gläubiger die Leistung genehmigt, oder
wenn der Gläubiger den geleisteten Gegenstand er-
langt, oder wenn der Empfänger das Gläubiger-
recht, z. B. durch Veerbung erwirbt, oder der Gläu-
biger den Empfänger beerbt, ohne daß ihm das
Inventarrecht (s. d.) zusteht.
Hat jemand in dem falschen Glauben geleistet, er
fchulde, so kann er nach Entdeckung seines Irrtums
zurückfordern, was der redliche Empfänger von der
Leistung oder ihrem Wert noch hat (conäictio in-
äediti); wer sich wissentlich eine nicht bestehende ^
Schuld zahlen läßt, haftet schlechthin auf die Rück-
gabe. Den Nomern galt er als Dieb. War der
Schuldner im Zweifel oder bestritt er die Schuld,
fo kann cr sich die Rückforderung durch einen Vor-
behalt sichern.
Bei Bedingungen (s. d.) redet man von E.,
wenn das ungewisse Ereignis, an welches eine
Rechtsfolge geknüpft ist, eintritt.
Erfüllung der Rechtsgeschäfte des Ge-
mein s ch u l d n e r s durch den Konkursverwalter. Die
Deutsche Konkursordnung hat in den §^. 15-21
besondere Vorschriften bezüglich der zweiseitigen
Verträge getroffen. In §. 15 wird der allgemeine
Grundsatz aufgestellt, daß dcr Konkmsverwaltn',
wenn ein zweiseitiger Vertrag zur Zeit der Konkurs-
eröffnung vom Gemeinschuldncr und von dem an-
dern Teil noch nicht oder doch nicht vollständig er-
füllt ist, das Necht hat, seinerseits an Stelle des
Gemeinschuldners den Vertrag vollständig zu er-
füllen und von dem andern Teil die E. zu verlangen,
daß aber dem andern Teil nicht das Recht zusteht,
auf der vollständigen E. zu bestehen, sondern er
nur seinen Entschädigungsanspruch als Konkurs-
gläubiger (s. d.) geltend machen kann. Der Ver-
walter muß auf Erfordern des andern Teils ohne
Verzug erklären, ob er die E. verlangen will, und
kann, wenn er dieser Verpflichtnng nicht nachkommt,
auf der E. nicht bestehen. Hat er rechtzeitig erklärt,
daß er die E. verlange, fo ist der Anspruch des
andern Teils nach §. 52, Z. 2 der Konkursord-
nung eine Masscschuld.
Tritt bei einem Fixgeschäft (s. d.) die Ablie-
ferungsfrist erst nach der Eröffnung des Konkurs-
verfahrens ein, fo kann der Konkursverwalter nicht
auf der E. bestehen, sondern nur eine Forderung
wegen Nichterfüllung geltend machen. Wie diese
Entschädigungsforderung zu berechnen ist, wird in
§.17 genau bestimmt.
Wie es mit Pacht- und Mietverträgen zu
halten ist, wird in den §§. 17 und 18 der Deutfchcn
Konkursordnung bestimmt. War die verpachtete
Sache zur Zeit der Konkurseröffnung bereits über-
geben, so kann nach §. 17, wenn der Gemeinschuld-
uer gepachtet oder gemietet hatte, sowohl der Ver-
walter als der andere Teil den Vertrag anfkündigen.
Die Frist oder Zeit für die Kündigung ist, falls
eine kürzere Zeit nicht bedungen war, die gesetz-
liche oder ortsübliche; jedoch verbleibt in diesem
Falle dem vorzeitig gekündigten Verpächtcr oder
Vermieter sein Entschädigungsanspruch, den er
als Konkursforderung geltend machen darf. Hatte
der Gemeinfchuldner verpachtet oder vermietet, fo
wirkt nach §. 17 eine freiwillige Veräußerung der
Sache durch den Konkursverwalter auf die Zulässig-
keit der Kündigung sowie auf die Dauer des Ver-
trags wie eine Zwangsversteigerung. Wenn eine
folche nach dem geltenden bürgerlichen Recht eine
Beendigung des Pacht- oder Mietverhältnisses her-
beiführt, hat also die Veräußerung durch den Ver-