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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Essigferment - Essigsäureäther

dient man sich noch häufig des Acetometers (s. d.). Der Geschmack des aus Essigsäure dargestellten Essigs wird vielfach durch etwas Essigäther aromatisch gemacht. - Über die Fabrikation von Holzessig s. d.

Vgl. Stohmann und Kerl [Muspratt), Encyklopäd. Handbuch der technischen Chemie (4. Aufl., Bd. 2, Braunschw. 1889, Art. "Essigsäure"): Bersch, Die E. (3. Aufl., Wien 1880); R. von Wagner, Handbuch der chem. Technologie (13. Aufl., Lpz. 1889); P. Bronner, Lehrbuch der E. (Braunschw. 1876); Fontenelle, Handbuch der E. (6. Aufl., von Granger, Weim. 1876); Pasteur, Études sur le vinaigre (Par. 1868); Dokowicz, Rezepte für Bierbrauerei, Hefen- und E. (Halle 1883); Steinmetz, Neuerungen auf dem Gebiete der Essigindustrie (in der "Chemiker-Zeitung", 1892, Nr. 92); Die Essigindustrie, hg. von J. Weber (Jahrg. 1 u. 2, Wien 1893-91).

Essigferment, s. Fermente und Essigfabrikation.

Essigfliege (Drosophila funebris F.), eine etwa 4 mm lange, plump gebaute, rostgelbe, am Hinterleib schwarz gezeichnete Fliege aus der Familie der Gemeinfliegen. Sie fliegt langsam schwebend in Kellereien, Speisekammern u. s. w. umher, wo ihre Larven in von Pflanzensäuren durchtränkten Substanzen, wie in faulem Obst, eingemachten Früchten, an Wein-, Bier- und Essigfässern leben.

Essiggärung, s. Essigfabrikation.

Essiggeist, soviel wie Aceton (s. d.).

Essiggut, Essigkahm, s. Essigfabrikation.

Essigmesser, s. Acetometer.

Essigmutter, Essigpilz, s. Essigfabrikation.

Essigsäure, C2H4O2 = CH3·COOH, nach der Ameisensäure, H·COOH, das nächste Glied in der Reihe der sog. Fettsäuren. Sie kommt fertig gebildet in manchen Pflanzensäften und in tierischen Flüssigkeiten, z. B. im Schweiß, vor und ist nach verschiedenen Methoden synthetisch erhalten worden. Sie entsteht durch die Oxydation des gewöhnlichen Äthylalkohols nach folgender Gleichung:

CH3·CH2OH + O2 = CH3·COOH + H2O.

Der Alkohol läßt sich durch Platinmohr oxydieren; zur Essigbereitung im großen benutzt man aber die sog. Essiggärung (s. Essigfabrikation). Diese Essiggärung findet auch beim Sauerwerden des Biers oder Weins statt (Bieressig und Weinessig). E. entsteht ferner bei Fäulnisprozessen und bei der trocknen Destillation sauerstoffreicher organischer Stoffe. Bedeutende Mengen von E., Holzessig (s. d.) werden durch Destillation des Holzes gewonnen.

Aus diesem Holzessig wird reine konzentrierte E. (Acetum concentratum) erhalten, indem man ihn durch fraktionierte Destillation von Holzgeist und dem größten Teile der teerigen Bestandteile trennt und dann durch Soda oder Kalkmilch in das Natrium- oder Kalksalz überführt. Die Salze werden zur Trockne verdampft und auf Temperaturen von 200 bis 250° erhitzt, um die letzten organischen Beimengungen zu zerstören. Durch Destillation der Salze mit konzentrierter Schwefelsäure und nochmalige Destillation über Kaliumbichromat erhält man dann reine E. mit nur wenigen Prozenten Wasser. Durch Abkühlen veranlaßt man das Auskrystallisieren ganz wasserfreier E. Diese ist eine stark sauer riechende Flüssigkeit, die bei 17° in großen Krystallen erstarrt (Eisessig, Acidum aceticum glaciale). Sie siedet bei 118° und besitzt das spec. Gewicht 1,055. Der Dampf brennt mit blauer Flamme. Der Eisessig zieht energisch Wasser an, indem sich zunächst das Hydrat C2H4O2 + H2O mit dem spec. Gewicht 1,075 bildet. Bei weiterer Verdünnung mit Wasser nimmt dann das spec. Gewicht wieder ab. Im Handel kommen neben dem Eisessig noch die 2-4 Proz. Wasser enthaltende E. des Arzneibuches (Acidum aceticum) und die verdünnte E. mit 30 Proz. E. (Acidum aceticum dilutum) vor.

Der Eisessig ist ätzend und zerstört die Haut sofort unter Blasenbildung; er ist ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für viele Stoffe (Öle, Kampfer, Harze, Schießbaumwolle, auch Phosphor und Schwefel in kleinen Mengen). Die E. löst sich in Wasser, Äther, Alkohol, Chloroform, Glycerin in jedem Verhältnis. Sie ist wasserhaltig, eine starke einbasische Säure, rötet Lackmus, giebt mit den Oxyden der Metalle leicht lösliche Salze (s. Essigsaure Salze) und treibt aus den Carbonaten die Kohlensäure aus. Durch Ersetzung der Wasserstoffatome der Methylgruppe in der E. entstehen Substitutionsprodukte, z. B. Mono-, Di-und Trichloressigsäure, CH2Cl·COOH, CHCl2·COOH und CCl3·COOH, Säuren, die in ihren Eigenschaften der E. ähnlich sind.

E. wird in der Medizin, Färberei, Teerfabrikation angewendet; verdünnte E. ist die Essigessenz des Handels, die zur Bereitung von Speiseessig dient; im Großhandel losten 100 kg E. 106 M.

Essigsäureamylester, CH3·COOC5H11, Verbindung der Essigsäure mit dem Amylalkohol, Flüssigkeit vom Siedepunkt 148°. (S. auch Birnäther.)

Essigsäureanhydrid, leitet sich von der Essigsäure dadurch ab, daß zwei Moleküle sich unter Austritt von Wasser verbinden:

2 CH3·COOH = CH3·CO·O·CO·CH3 + H2O.

Man stellt es dar, indem man sorgfältig getrocknetes essigsaures Natrium mit Phosphoroxychlorid (als wasserentziehendes Mittel) oder bei 140° mit Phosgen behandelt und das Destillat rektifiziert. Das E. ist eine bewegliche, stechend riechende, bei 137° siedende Flüssigkeit vom spec. Gewicht 1,073. An feuchter Luft nimmt es allmählich Wasser aus unter Rückverwandlung in Essigsäure. Es ist ein vielbenutztes Reagens, indem es Alkohole sowie primäre und sekundäre Ammoniakbasen in Acetylderivate überführt.

Essigsäureäther, Essigäther, Essigester, Aether aceticus, eine Verbindung der Essigsäure mit dem gewöhnlichen Äthylalkohol von der Zusammensetzung C4H8O2 = CH3·COOC2H5, die zu der Klasse der Ester (s. d.) gehört. Die Ester der Essigsäure mit andern Alkoholen, mit Ausnahme des Essigsäureamylesters (s. d.), haben eine geringere Bedeutung. Man gewinnt den E. am besten, indem man ein Gemenge von Alkohol und konzentrierter Schwefelsäure mit Essigsäure oder essigsaurem Natrium erhitzt, wobei die folgende Reaktion stattfindet:

CH3·COOH + C2H5OH = CH3·COOC2H5 + H2O

Der rohe E. destilliert über, wird mit einer konzentrierten Lösung von Chlornatrium geschüttelt, um allen Alkohol zu entfernen, der Ester abgehoben, über Chlorcalcium getrocknet und rektifiziert. Der E. ist eine sehr bewegliche, farblose, neutrale Flüssigkeit von starkem, angenehm erfrischendem Geruch, siedet bei 77°, hat das spec. Gewicht 0,921 bei 0°, mischt sich in jedem Verhältnis mit Alkohol und Äther und löst sich in der 14fachen Menge Wasser. Er findet Anwendung als Medikament, als Lösungsmittel und wird auch in der Liqueurfabrikation und