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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Estheriidae - Estompe

geschick zeigt der Verfasser bei Verwertung der biblischen Angaben. Mardochai ist nach E. 2, 6 mit Jojachin (597 v. Chr.) ins Exil geführt worden. Xerxes kam 485 v. Chr. zur Regierung. Im 7. Jahre des Xerxes war daher Mardochai, wenn er als Säugling deportiert worden ist, etwa 120 Jahre, E. 60‒90 J. alt. Daran ändert der Umstand nichts, daß der Verfasser im übrigen mit Sitten und Unsitten orient. Hofhaltungen nicht übel vertraut ist. Das Buch E., ein Lieblingsbuch des spätern Judentums, beabsichtigt, das in später Zeit von den Babyloniern und Persern entlehnte Purimfest den Juden zu empfehlen, indem es eine nationale Begründung für dasselbe aufstellt. Wie das Passah soll es zur Erinnerung an eine Rettung des Volks gefeiert werden. Der Verfasser knüpft aber an eine Volksetymologie pûr = Los an, während in Wirklichkeit der Name Purim ein Fremdwort ist und die Festschmäuse bezeichnet.

Estheriĭdae, Familie der Blattfüßer (s. d.) mit zweiklappiger, den Körper völlig umschließender Schale. Die etwa 40 bis jetzt bekannten lebenden Arten bewohnen ausschließlich das süße Wasser. Fossil treten sie schon im Devon auf.

Esthland, auch Estland oder Ehstland, bei den Esthen Eesti-ma, bei den Finnen Wiro-ma, bei den Letten Iggaunu-semme, bei den Russen Estljandskaja gubernija, Gouvernement im westl. Teile des europ. Rußlands, die nördlichste und kleinste der drei Ostseeprovinzen, längs des Südufers des Finnischen Meerbusens, im W. an die Ostsee, im S. an Livland, im O. an Ingermanland oder das Gouvernement St. Petersburg (Grenzfluß Narowa) grenzend, hat mit den dazugehörigen Inseln Dagö, Worms, Odensholm, Nargen und etwa 40 kleinern Inseln 20247,7 qkm, wovon 19072,5 qkm auf das Festland und 1175,2 qkm auf die Inseln kommen, mit 395979 E., also 20 auf 1 qkm.

E. ist ein fast ebenes, mit vielen Sümpfen, Sand-, Kalksteinflächen und Granitblöcken übersätes, von mehr als 200 kleinen Seen (552 qkm) und kleinen Flüssen bewässertes Land, das vom baltischen Höhenrücken durchzogen ist und im N. mehr oder weniger steil gegen das Meer abfällt. Die Unterlage bilden silurische Schichten, auf denen die obere, diluviale oder alluviale Schicht, bestehend aus Sand, Kies, Lehm, in sehr ungleicher Höhe aufgetragen ist. Dammerde findet sich oft sehr spärlich; nur einige Gegenden Jerwens und Wierlands haben eine dichte Humusschicht und Lehmboden. Stellenweise finden sich Torflager. Von der Gesamtfläche kommen auf Ackerland 16,58, auf Wiesen- und Weideland 41,75, auf Waldland 18,98, auf Unland 22,68 Proz. Das Klima ist veränderlich, im Innern rauher als an den Küsten. Die mittlere Temperatur in Baltischport beträgt im Sommer 15°, im Winter -4,8°, im Jahresdurchschnitt 4,5° C. Die Bewohner zerfallen in Esthen (s. d.) und Esthländer. Letztere sind alle in E. geborenen Personen; vorzugsweise versteht man aber darunter den deutschen Adel und die deutsche Bevölkerung in den Städten. Nach der Volkszählung von 1881 gab es in E. der Sprache nach 329687 Esthen (87,6 Proz.), 21858 Deutsche (5,8 Proz.), 17465 Russen (4,6 Proz.), 5192 Schweden (1,4 Proz., meist auf den Inseln); der Religion nach 354671 Evangelische (92,1 Proz.), 26665 Griechisch-Katholische (7 Proz.), 1214 Römisch-Katholische (0,3 Proz.), 1679 Israeliten (0,5 Proz.). Die Hauptbeschäftigung bildet der Ackerbau, besonders auf Roggen, Gerste und Kartoffeln. Sehr entwickelt ist die Viehzucht, darunter auch die Pferdezucht. In der Fabrikation stehen Branntweinbrennerei und Bierbrauerei in erster Reihe; 1887 gab es 232 Fabriken mit 41½ Mill. Rubel Produktion und 7725 Arbeitern, darunter die Krähnholmer Baumwollmanufaktur (gegründet 1857) bei Narwa mit 11 Mill. Rubel Produktion und 4422 Arbeitern. Die Ausfuhr (Spiritus, Hafer, Roggen, Flachs, Hede, Ölkuchen u. a.) betrug (1888) 23500382, die Einfuhr (rohe Baumwolle, Steinkohlen, Maschinen-, Eisen- und Stahlfabrikate, Heringe, Kolonialwaren u. a.) 44239763 Rubel. An Eisenbahnen liegen in E. von der Linie Petersburg-Reval 207,9, die Linie Reval-Baltischport 47,9, und von der Linie Dorpat-Taps 45,8, zusammen 301,6 km, sämtlich zur Baltischen Eisenbahn gehörig. In den Häfen E.s trafen ein (1887) 625, und liefen aus 491 Schiffe. An Schulen (überall mit russ. Unterrichtssprache) gab es in E. (1886) 6 mittlere, 4 specielle, 680 niedere mit zusammen 15556 Schülern und 12934 Schülerinnen. E. zerfällt in 4 Kreise: Harrien oder Reval, Wierland oder Wesenberg, Jerwen oder Weißenstein und Wiek oder Hapsal. Der Sitz der Verwaltung ist in Reval. – E. wurde Anfang des 13. Jahrh. teils von Deutschen, teils von Dänen unterworfen und 1346 von den letztern dem Hochmeister des Deutschen Ordens verkauft. 1561 kam es an Schweden und 1710 an Rußland. Dabei hatte es 1721‒1882 den Titel eines Herzogtums, seitdem den eines Fürstentums. (S. Ostseeprovinzen.)

Litteratur. Possart, Statistik und Geographie E.s (Stuttg. 1846); Rathlef, Skizze der orogr. und hydrogr. Verhältnisse von Liv-, Esth- und Kurland (Reval 1852); Beiträge zur Kunde Ehst-, Liv- und Kurlands, hg. von der Ehstländischen literärischen Gesellschaft (Bd. 1‒4, ebd. 1868‒94); Bunge, Das Herzogtum E. unter den Königen von Dänemark (Gotha 1877); Jordan, Beiträge zur Geographie und Statistik E.s (Reval 1889); Arbusow, Grundriß der Geschichte Liv-, Est- und Kurlands (Mitau 1890). (S. auch die Litteratur zu Kurland und Livland.) ^[Spaltenwechsel]

Estienne (spr. etĭénn), s. Stephanus.

Estiennes Doppelschreiber, s. Elektrische Telegraphen (Bd. 5, S. 1010 a).

Estimes (frz., spr. -ihm), Schätzung, Achtung; estimieren, schätzen, hochachten; estimābel, schätzbar, achtbar.

Estive (frz., spr. -ihw), Gleichgewicht der Schiffsladung auf beiden Seiten; estivieren, Schiffsgüter gehörig stauen.

Estland, s. Esthland.

Est modus in rebus, sunt certi denĭque fines (lat.), «es ist ein Maß in den Dingen, es giebt überhaupt bestimmte Grenzen», Citat aus Horaz’ «Satiren» (Buch 1, 1, 106).

Esto, Ellenmaß auf Sumatra, s. Covado.

Estocāda (span.; frz. estocade, spr. -ahd), Stoß mit dem Degen; auch nennt man so eine zudringliche Bitte um ein Darlehn.

Estomihi (lat., «Sei mir» [ein starker Fels]), Bezeichnung des Sonntags Quinquagesima oder siebenten Sonntags vor Ostern nach dem Anfang der Messe dieses Tages (Psalm 31, 3).

Estompe (frz., spr. estóngp), Wischer, an beiden Enden mäßig zugespitzte Stangen aus Leder, Kork oder Papier zur gleichmäßigen Verteilung und Abschattierung von Kreide- und Pastellfarben. Zeichnungen à l’estompe sind die mit Wischer behandelten; estompieren, mit Wischer behandeln.