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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Euphratbahn
bis er bei Telek an einer Stelle, welche Gleikasch
oder Hirschensprung heißt, auf 20 in eingeengt ist.
Ganz nahe bei Telek im N. liegen die Quellen des
Tigris (Dioschleh oder Schatt). Von Telek wendet
er sich nach S., später nach SSW. und WSW.,
macht zwischen den Orten Gergcr und Samsat (Sa-
mosata) seine letzten Wasserstürze, noch immer zwi-
schen steilen, rötlichen Sandsteinwändcn von 100
bis 130 m Höhe. Die Länge des Stroms von
Keban-Maden bis hierher ist 185 km und von hier
an wird er auf 190 km schiffbar.
Mit dem Eintritt in die große syr. Ebene be-
ginnt der zweite Teil des Stromlaufs, welcher bis
Hit reicht. Bei Rum-Kale wendet er sich nach S.;
hier und bei der gegenüber Vircdschik gelegenen
frequentiertesten Furt in ganz Syrien nähert sich
der E. dem Mittelmeere bis auf 215 km. Die
künstlich bewässerten Ufer bestehen aus Gips, Sand-
stein und Konglomeraten; dahinter ist die offene
Wüste im Frühjahr mit üppigem Grün bedeckt.
52 km unterhalb Viredschik folgt nach Aufnahme
des rechts von Aintab kommenden Sadschur (San-
gar der Assyrer) der Kalaat en-Neoschm und 74 km
weiter Valis. Der Strom windet sich nun 60 km
weit, eine östl. Richtung annehmend, bis Ratta
(das antike ^ikepnorium) durch ein schönes, weioc-
reiches Land. Oberhalb Ratta, bei Phunsah (^Kap-
8HCU8), stehen Reste einer alten Brücke; hier hat der
E. 225 in Breite und seine Ufer sind mit Tama-
riskengesträuch bedeckt. Bei Halebi-Dschelebi (Zaba
und Zala der Araber) verengen die öden, aber
nicht hohen Abuschirberge den Stromlauf. Ober-
halb von Deir erscheinen die ersten Gruppen von
Dattelpalmen, von Limonen- und Orangenbäumen;
dort spaltet sich der Strom und umstießt flache In-
seln. Der E. strömt weiter zwischen hohen Hügeln
in einem steinigen Bette und hat hier im Sommer
nur 1,45 in Tiefe. 45 kni unterhalb Deir mündet
bei Abu-Serai (0irc68inm) von links der Chabur;
110 kin weiter, bei Werdi, wird der Lauf östlich
und hat 360 in Breite und 5,5 in Tiefe. In Krüm-
mungen fließt der E. 150 Kni weiter bis Anah
(rechts) und Nawa (links), 26 Inseln umschließend;
bei der letzten durchsetzt ihn ein Felsenriff, welches
das Haupthindernis in seinem Bette bis Basra bil-
det. 1200 km vom Eintritt in die Ebene und 890 km
von der Mündung liegt Hit. Der E. ergießt hier in
jeder Sekunde 2065 edm Wasser. Von da nehmen
die Hügel an Höhe ab; nur etwas oberhalb Hilleh ist
noch ein felsiger Strich, fönst findet sich bis zum
Meere hin nicht ein Stein. Der Strom wird bei
Hit tiefer und wilder und ähnelt der bulgar. Donau.
Gegen Ende März beginnt mit der Regenzeit das
Steigen des Stroms, der zwischen dem 21. und
28. Mai seine größte Höbe erreicht. Während die-
ser ganzen Zeit sollen die Dampfer für ihre Fahrt
kein Hindernis vorfinden; indes geschieht das Be-
fahren hauptfächlich nur mit Flößen, welche auf auf-
geblasenen Hammelbälgen, sog.Keleks, liegen. Am
niedrigsten ist der Fluß im November und dann bietet
er die halbe Strecke zwischen Biredschik und Basra
(740 km) weit durch seine Felsen und Untiefen an
39 Stellen Hindernisse für die Schiffahrt. Unter-
halb Hit sind zu beiden Seiten zahlreiche Kanäle zur
Bewässerung der Felder abgezweigt. Im Altertum
ging von hier aus auf der rechten Seite des E.
ein großer Kanal bis zur Mündung des Flusses,
stets dem Laufe desselben folgend; die Reste sind
noch vorhanden.
Der untere Teil des Flusses, von Diwanieh bis
Korna, bildet von jeher eine Reihe von schilfigen
Lagunen, die?Hwäo3 (HaläaicHö, el-Batiha der
Araber, jetzt Lamlumsümpfe genannt. Der Strom
ist bei Diwanich 150, bei Lamlum, wo sich ein Arm
abzweigt, 110 m breit und meist 3,6 m tief; er
strömt 4,5 km in der Stunde bei Hochwasser. Nach
Wiedervereinigung mit dem Lamlumarme bei el-
Chidr erreicht er wieder 180 m Breite; er um-
schließt neun Inseln und hat hohe, mit Dschangel
bedeckte Ufer. Bis dahin bilden die Lamlumsümpfe
die Hauptschwierigkeit für die Beschiffung; das
Klima ist pestilenzialisch, die Bewohner sind wild
und ungastlich, aber es liegen auf Bodenhöhen in
den Sümpfen die Neste vieler alten Städte, offen-
bar die frühesten Sitze der Civilisation: Erech (Uruk),
jetzt Arka, und Ur der Chaldäer, jetzt Mugajir. Bei
Korna (31° nördl. Br.) endet der E., indem er sich
mit dem Tigris zum Schatt el-Arad vereinigt. Der
E. ernährt treffliche Fische; Holz, Steinkohlen,
Bitumen und Naphtha finden sich reichlich längs
der Ufer. Die Gesamtlänge des E. beträgt 2775 km.
Die Versuche der Engländer, den E. mit Dampf-
booten zu beschissen (1835-37), scheinen dargethan
zu haben, daß der Plan, ihn zu einer Wasserstraße zwi-
schen Ostindien und dem Mittelmeere zu machen, in
seiner gegenwärtigen Gestalt illusorisch ist. (S. Karte:
Wcstasien, beim Artikel Asien.) - Vgl. Chcs-
ney, LI16 6xpoäiti0n for t1i6 sui'vev 0k tno i-ivoi'3
Nupnr2.t68 2.11a ^131-18 (2 Bde., Lond. 1850).
Guphratbahn. Im I. 1872 wurde von einem
Ausschuß in London zur möglichst schnellen Verbin-
dung mit Indien eine E. (1400km) von dem Hafen
Sueidie (Seleucia) am Mittelmeer (Cypern gegen-
über) über Antakie (Antiochia) und Haleb sÄleppo)
nach Balis am Euphrat geplant, die dcm Euphrat-
thale folgend, bei Vasra am Schatt cl-Arab, der
Schiffahrtsgrenze für Seedampfer, enden sollte. Die
Kosten waren auf 200 Mill. M. veranschlagt; da-
durch wäre die Reise von England nach Indien mit
einer einzurichtenden regelmäßigen Schiffsverbin-
dung zwischen Basra und Karantschi (an der Indus-
mündung) in ungefähr 12 Tagen ermöglicht worden.
Der Plan kam jedoch nicht zur Ausführung, da sich
die engl. Regierung, als die Angelegenheit 1882 im
Oberhause zur Sprache kam, aus polit. Gründen
ablehnend verhielt. 1884 erlangten syr. Kapitalisten
die Genehmigung sür eine Bahnverbindung vom
Hafen Iskanderun über Haleb nach Balis, von wo
der Euphrat nach Durchführung der schon in den
zwanziger Jahren des 19. Jahrh, angeregten Schiff-
barmachung mit Flußdampfern aufwärts bis Vired-
schik befahren werden sollte. Allein auch dieser Plan
scheiterte. Erst in neuerer Zeit schien der Gedanke
einer E. festere Gestalt anzunehmen, als sich die
"Mersina-Tarsus-Adana Railway Company" unter
finanzieller Beihilfe verpflichtete, ihre 1884 eröffnete
67 km lange Bahn von Mersina am Mittelmeer
nach Adana vorläufig nach Merasch (210 km) zu
verlängern und später die Reststrecke über Aintab
nach Biredschik am Euphrat (190 km) zu bauen.
Die Kosten sind auf 40 Mill. M. veranschlagt. Nach
dem Geschäftsbericht der Gefellfchaft für 1891 wird
jedoch eine Fortsetzung nach Karaman (Inner-Klein-
asien) für ihre Linien für vorteilhafter erklärt als
eine solche nach Biredschik, sodaß auch dieses dritte
Projekt wenig Aussichten zu haben scheint. Erfolg-
reicher sind die Bemühungen um eine Tigrisbahn
gewesen, deren Bau die türk. Regierung beschlossen