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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fabriksparkassen - Fabritius
darf entsprechend neue Schulen zu errichten und die
Fabrikherren zu beauftragen, von dem Lohne der
Kinder Zur Zahlung des Schulgeldes wöchentlich je
einen Penny zurückzuhalten. Ähnliche Bestimmun-
gen finden sich auch in dem neuesten engl. Fabrik-
und Werkstättengesetz von 1878. Nach dem franz.
Fabrikgesetz vom 29. Okt. 1892 dürfen Kinder im
Alter von 12 Jahren nur dann beschäftigt werden,
wenn sie das durch Gesetz vom 28. März 1882 ein-
geführte Schulabgangszeugnis (^ertiiicat, ä'6wä68
primkir^) besitzen. Kinder von 12 bis 15 Jahren dür-
fen nur 6 Stunden täglich beschäftigt werden, so-
lange sie nicht ein Zeugnis darüber beibringen, daß
sie den ersten Elementarunterricht genossen haben.
In Deutschland dürfen nach dem Gesetz vom 1. Juni
1891 schulpflichtige Kinder überhaupt nicht zur
Fabrikarbeit zugelassen werden, und durch Orts-
statut können, soweit eine staatliche Einrichtung
dieser Art nicht bereits besteht, alle Arbeiter unter
18 Jahren zum Besuche der Fortbildungsschulen
(s. d.) verpflichtet werden (Gewerbeordnung §. 120).
Fabriksparkassen, vielfach in größern Unter-
nehmungen zur Förderung des Sparsinns der Ar-
beiter gegründete Einrichtungen. Wenn auch die
Arbeitslöhne ost nur zur Befriedigung des notwen-
digen Lebensunterhaltes hinreichen, so sind doch die
Arbeiter häusig in der Lage, Erfparnisse zu machell;
besonders ist diese Möglichkeit vorhanden bei den
jungen und unverheirateten Arbeitern; hier ist auch
wohl Sparzwang zweckmäßig einzuführen, während
gegenüber den verheirateten Arbeitern die Beteili-
gung in ihr Belieben zu stellen oder nur mit ihrer
Zustimmung obligatorisch zu gestalten ist. Die Unter-
nehmer haben auf diefem Gebiete reiche Gelegenheit,
sür die Wohlfabrt ihrer Arbeiter zu forgen durch
Gründung folcher Kassen, durch Zuschüsse zu den-
selben u. s. w., eine Fürsorge, die auch in ihrem
eigenen Interesse liegt, da durch diese F. der Arbei-
ter an das Unternehmen gefesselt wird. An der Ver-
waltung solcher Kassen müssen die Arbeiter beteiligt
sein, und die Spareinlagen dürfen nicht im Geschäft
des Betriebes verwendet werden. Sie müssen un-
bedingt sicher angelegt werden; trotzdem wird oft
infolge von Zufchüssen seitens der Unternehmer ein
sehr hoher Zinsfuß (6, 7, auch 10 Proz.) gewährt.
Es sind besonders folgende Arten von F. zu unter-
scheiden: 1) Fabrikjugend-Sparkassen, die nur für
minderjährige Arbeiter obligatorisch sind. 2) Für
alle Arbeiter obligatorische F.; die Spareinlage er-
folgt entweder als bestimmte Wochenabgabe, für
die ein Minimum festgesetzt ist, oder als Quote des
Verdienstes der einzelnen Arbeiter. 3) F. mit frei-
williger Benutzung. 4) Einrichtungen zur Erleichte-
rung der Benutzung öffentlicher Sparkassen überall
da, wo die Unternehmer aus irgend einem Grunde
eigene F. nicht gründen können oder wollen; die
Unternehmer vermitteln die Abführung von Spar-
beträgen an öffentliche Sparkassen und ermuntern
dazu durch Zuschüsse. Manche F. sind für fpecielle
Z w ecke bestimmt; dahin gehören Mietzins-,Steiler-,
Schuldzins - und Winterbedürfnisfparkassen, Spar-
kassen zum Zweck der Aussteuer bez. Ausstattung, für
die Militärdienstjahre, die Heirat, zur Erwerbung
eines eigenen Haufes u. s. w. Zahlreiche Beispiele
von F. sind angeführt und ausführlich beschrieben in
den Zeitschriften "Ärbeiterfreund" (Zeitschrift des
Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen)
und "Concordia". - Vgl. auch Meininghaus, Die
socialen Aufgaben der industriellen Arbeitgeber
(Tüb. 1889); Hitze, Pflichten und Aufgaben der
Arbeitgeber in der Arbeiterfrage (Köln 1888).
Fabrik- und Werkstattordnung, Arbeits-
ordnung. Die Fabrikanten und größern Arbeit-
geber können innerhalb des von der Fabrikgesetz-
gebung ihnen gelassenen Spielraums die Bedin-
gungen des Arbeitsvertrags nach ihrem Gutdünken
feststellen, und diese Regelung des Arbeitsverhält-
nisses kommt in der F. u. W. zum Ausdruck, bei deren
Abfassung neuerdings auch die Arbeiter durch Zu-
ziehung der Arbeiterausschüsse (s. d.) gehört werden.
Dieselbe stellt die allgemeinen Normen für die Dis-
ciplin und die Organisation der Arbeit auf und ent-
hält in der Regel Bestimmungen über die Tages-
einteilung und die Arbeitsdauer, über die Zeit der
Abrechnung und Löhnung, über die Befugnisse des
Aufsicktspersonals, über die Lohnabzüge und Stra-
fen bei Übertretungen der F. u. W., über die Kün-
digungsfristen und die Fälle sofortiger Entlassung,
häufig auch noch über andere Punkte. Es ist ein-
leuchtend, daß das Zusammenwirken einer großen
Anzahl von Arbeitern ohne eine solche straffe Ord-
nung und Disciplin nicht möglich ist. Doch kann
das Übergewicht des Arbeitgebers leicht zu Miß-
bräuchen führen, z. B. in übermäßigen Geldstra-
fen, früher auch in dem Trucksystem. Das Richtige
ist, wenn die F. u. W. obrigkeitlich geprüft und ge-
nehmigt werden. Namentlich zwei Punkte sollte
die Gesetzgebung allgemein anordnen: 1) eine Maxi-
malhöhe der Geldstrafen und 2) Verwendung der
Strafgelder ausschließlich zu Gunsten der Arbeiter,
etwa zur Unterstützung der Hilfstassen. Nur wenige
Länder haben bis jetzt diese Politik befolgt: die
Schweiz, Osterreich und neuerdings das Deutsche
Reich in der Novelle znr Gewerbeordnung vom
1. Juni 1891. über die einzelnen Bestimmungen
dieser deutschen Arbeitsordnung s.Dienstmiete (Bd.5,
S. 282 d).
In der Schweiz ist die F. u. W. bereits seit 1877
durch das Gesetz vom 23. März geregelt, welches in
den Hauptpunkten mit dem deutschen übereinstimmt.
In Österreich zählt ß. 88a der Gewerbeordnung von
1883 die einzelnen Punkte auf, die in der Arbeits-
ordnung enthalten sein müssen, verlangt, daß sie
in zwei gleichlautenden Exemplaren der Behörde zur
Einsichtnahme vorzulegen und in der Werkstätte an-
zuschlagen sei. Die Bestimmung ist obligatorisch
nur für Fabriken und Gewerbeunternehmungen, die
mehr als 20 Hilfsarbeiter in gemeinschaftlichen
Lokalen beschäftigen. Eine ähnliche Politik schlug
schon die Gewerbeordnung von 1857 ein. - Vgl.
Steinert, Normen zur Benutzung bei Aufstellung
von Fabrikordnungen (Hamb.1883; 2. Aufl. 1892);
Schönberg, Handbuch der polit. Ökonomie, Bd. 2
(3. Aufl., Tüb. 1891),S. 722fg.; vonRüdiger, Weg-
weiser zur Aufstellung von Arbeitsordnungen (Berl.
1892); Hitze, Normal-Arbeitsordnung (Köln 1892).
Fabrikzeichen, s. Markenschutz.
Fabritttts, Karl, siebenbürg. Historiker, geb.
1826 zu Schäßburg in Siebenbürgen, studierte
1848-49 Theologie und Geschichte an der Univer-
sität Leipzig; heimgekehrt, übernahm er die Redak-
tion des "^iebenbürg. Voten", verlor aber diese
Stelle, weil er sich mit dem aufkeimenden polit.
Absolutismus nicht befreunden konnte. Er wurde
1850 Professor am Gymnasium zu Schäßburg,
1855 HilfsPriester daselbst, 1865 ordentlicher Pfar-
rer zu Apold. Wegen kirchlicher und polit. Diffe-
renzen gab er 1879 seine Stelle auf und lebte seit-