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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Farben dünner Blättchen - Farbenharmonie
druckpresse und Maschine (Lpz. 1883); Zofsmann,
Systematische Farbenlehre (Zwickau 1892).
Farben dünner Blättchen, s. Newtons Far-
benglas.
Farbenempfindungen, s. Farbensinn.
Farbenerzeuger, s. Chromogene.
Farbengebung, Färbung, Kolorit (ital.
eoloriw), die Behandlung der Farbe durch den
Maler. Sie ist es, die seinen Werten individuelle
Lebendigkeit und Wahrhaftigkeit verleiht. Hat die
Skulptur es hauptsächlich mit der Körpergestalt zu
thun, die sie in leibhaftiger Nundung heraus-
arbeitet, so ist es Aufgabe der Malerei, den Schein
der Nundung der Gestalten und der perspektivischen
Fernsicht auf der Fläche hervorzubringen. Beides
geschieht wesentlich durch die Farbe. Die primi-
tive Kunst setzt meist mit kräftigen, ungebrochenen
Farben ein und beschränkt sich auf die Ausfüllung
der durch Umrisse gegebenen Zeichnung. So in den
ägyptischen, frühgriechischen, mittelalterlichen und
andern Malerschulen. Hn zweiter Stufe entwickelt
sich die Kunstfertigkeit dahin, dah die einzelnen Far-
ben in ihrer Wirkung aufs höchste gesteigert werden
und doch durch einen das Bildwerk verbindenden
Gesamtton mit den übrigen Farben harmonieren.
Koloristen in diesem Sinne sind die Brüder van Eyck,
Dürer, die frühen Italiener. Die dritte Stufe zeigt
das Vorwalten des Gesamttones; ihm ordnen sich
alle Farben unter und die Einzelfarbe hat nur
innerhalb der Wirkung desselben einen bestimmten,
malerisch erstrebten Zweck. Die vorwiegend goldig-
braune Stimmung, welche namentlich bei den Vene-
tianern und Correggio, später bei den Niederländern
zu Hause war, kennzeichnet diese Nichtung der F.
Die Hellmalerei (s. d.) erstrebt an Stelle des in der
Wirklichkeit nur selten anzutreffenden, meist nur
dem geschlossenen Raume eigenen goldigen Kolorits
ein dem thatsächlichen Einfluß des Sonnenlichts
entsprechendes weihbläuliches zu setzen. Das Wort
Kolorist galt in der Zeit der vorwiegend zeich-
nerischen Kunstrichtung der ersten Hälfte dieses
Jahrhunderts in Deutschland fast für ein Schimpf-
wort und wurde erst durch K. von Piloty und seine
Schule wieder zu Ehren gebracht.
Farbenglas, Newtons, s. Newtons Farbenglas.
Farbenharmonie, Bezeichnung für die dem
Auge angenehme Zusammenstellung von Farben
in der Malerei sowie im Kunstgewerbe. Man hat
wiederholt versucht, eine Harmonie der Farben
analog jener der Töne auszustellen (Newton 1666,
Nadicke 1839, Unger 1852, Drobisch 1852 u. a.),
und es hat selbst an Versuchen nicht gefehlt, durch
Farbenspiele eine Art Farbenmusik hervorzubrin-
gen (Castel 1725-35 und Nuete in jüngerer Zeit).
Allein bei aller Physik. Analogie zwischen Schall
und Licht beruhen ihre beiderseitigen Wirkungen
und Wahrnehmungen doch auf so verschiedenen
Grundlagen, daß von einer Anwendung der Grund-
sätze für die Tonharmonie auf die F. abgesehen
werden muhte. Ebenso wenig haltbar erwies sich
für die F. die Lehre Fields ("Olii-omaticZ", 1845),
die den leitenden Grundsatz aufstellte, es solle den
einzelnen Farben bei ihrer Komposition eine Aus-
dehnung nach bestimmten Verhältnissen ("chroma-
tischen Äquivalenten") derart erteilt werden, dah
sie neutrales Grau geben müßten, wenn sie alle zu-
sammengemischt würden. Einen guten Anhalte-
punkt, jedoch kein allgemein gültiges Gesetz, bietet
die alte Regel, daß Komplementärfarben (s. d.)
nebeneinander eine wohlgefällige Zusammenstellung
Aeben, und Goethe eignete dieses Princip sich an.
später zeigte Chevreul (!839), daß die angenehme
Wirkung derKomplementärfarben von ihrem "gleich-
zeitigen Kontrast" (f. Kontrastfarben) herrühre, und
gründete darauf seine F. ("v6 Ia loi äu coiM-asts
8jmnltan6 668 eouieui-ä", Strahb. 1839; ins
Deutsche übertragen: "Die F.", Stuttg. 1840).
Die Nebeneinanderstellung der Kontrast- oder
Komplementärfarben wirkt ästhetisch angenehm,
weil beim Kontrast, wenn eine Farbe auf die Netz-
haut direkt wirkt, ohnedies auf der Nachbarstelle
die Ergänzungs- oder Komplementärfarbe erregt
wird, woraus folgt, daß sich benachbarte Ergän-
zungsfarben gegenseitig stärken. Die Farbenkon-
traste wurden seit Chevreul (1839) mehrseitig stu-
diert, und zweifellos kann die PraM cms der Lehre
von den Kontrastfarben Nutzen ziehen für die Aus-
wahl und Zusammenstellung der Farben bei der
Ausschmückung der Zimmer, der Wahl von Kleider-
stoffen und überhaupt in der Kunst und Industrie.
Allein als Grundlage eines allgemeinen Gesetzes
der F. kann der Satz von der angenehmen Wirkung
der Komplementärfarben nicht angenommen wer-
den, weil es auch Halle giebt, in welchen die Kon-
trastwirkung der Farben in ästbetischer Beziehung
nachteilig ausfällt. Dagegen giebt es wieder viel
Farbenkompositionen, die sehr wohlgefällig aufge-
nommen werden, ohne komplementär zu sein. Nach
alledem wurde bisher ein oberstes allgemeines
Gesetz nicht entdeckt, aus dem sich alle bereits be-
kannten und auch neue Thatsachen der F. theoretisch
ableiten ließen, sondern es ergaben sich höchstens
Regeln aus der Erfahrung, deren Geltung zum Teil
noch schwankend ist. Man unterscheidet bei den
Farbenzusammenstellungen nach Brücke (1866) die
kleinen und großen Intervalle. Die Farben mit
kleinem Intervall liegen im Spektrum (s. d.) nahe
aneinander und lassen sich als ein und dieselbe
Farbe mit etwas verschiedener Wellenlänge auf-
fassen, so z. B. Grün und Gelblicharün, Dunkel-
blau und Cyanblau. Die kleinen Intervalle be-
ziehen sich also auf benachbarte Tinten einer und
derselben Hauptfarbe; sie kommen in der Natur
häusig vor, stellen sanfte und kaum merkliche Far-
benübergänge vor und wirken meist angenehm.
Farben mit großem Intervall nennt man solche,
die durch einen größern Abstand in der Farbenskala
oder im Spektrum voneinander getrennt sind, so
z. B. Not und Gelb, Not und Grün oder Blau.
Von den Farben mit großen Intervallen wirken im
allgemeinen die Komplementärfarben als Verbin-
dung angenehm; es gefallen jedoch auch andere
Farbenkombinationen gut. Es läßt sich bezüglich
der Farbenzusammenstellung im allgemeinen nur
sagen, daß die gewählten Farben in der Reihe der
Farbenleiter oder des Spektrums einander nicht zu
nahe stehen dürsen. Andererseits lehrt dagegen auch
die Erfahrung, daß Aarbemassen mit großen Inter-
vallen höchstens zu je drei Farben kombiniert wer-
den können, wenn sie noch Wohlgefallen erregen
follen. Dazu können sich noch Weiß, Schwarz und
Grau mit gutem Erfolg gesellen.
Litteratur. Außer dem obenaenannten Werk
von Chevreul vgl. Brücke, Die Physiologie der
Farben für die Zwecke der Kunstgewerbe (2. Aufl.,
Lpz. 1887); Bezold, Die Farbenlehre im Hinblick
auf Kunst und Kunstgewerbe (Braunschw. 1874,
mit Litteraturverzeichnis); Ewald, Die Farben-