Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

573
Färberei
gewandelt werden, die vermöge ihrer sauren Eigen-
schaften basische Farbstoffe festzuhalten vermag.
Farbstoffe, die sich unmittelbar mit der Faser ver-
einigen, heißen substantive Farben. Erst in
neuerer Zeit hat man eine Reihe substantiver Baum-
wollfarbstoffe (3. V. Benzidinfarbftoffe) aufgefunden.
In manchen Fällen wird die Farbe erst in der zu
färbenden Faser durch chem. Zersetzung gebildet.
Einer der einfachsten hierher gehörenden Fälle ist
die Küpenfärberei mit Indigo (s. d.), bei der die
Stoffe in einer Lösung von Indigweiß getränkt
werden und dann, der Luft ausgesetzt, sich blau fär-
ben. Es dringt hierbei das gelöste Indigweiß durch
Imbibitions- und Diffusionsvorgänge in die Faser
ein, beim Aushängen an die Luft wird durch die
Wirkung des Sauerstoffs das in den Zohlräumen
der Faser, wo solche vorhanden sind, oder in den
Intermolekularräumen befindliche Indigweiß in un-
lösliches Indigblau verwandelt, das an dem Ort
seiner Entstehung liegen bleibt, da es als unlös-
licher Körper nicht durch Diffusionsvorgänge ent-
weichen kann und in den Intennolekularräumen der
Faser festgehalten wird. Ahnlich ist das Nanking-
färben <s. Nanking) und die Krappfärberei auf
Baumwolle (f. Krapp). Bei mikrofkopischer Unter-
suchung solcher gefärbten Fasern und namentlich
von Baumwollfasern sieht man den innern Hohlraum
mit Stücken von gefärbtem Niederschlag erfüllt.
Solche Substanzen, die, wenn auch gefärbt,
erst durch gewisse Befestigungsmittel (M 0 rdant 5
oder Beizen, s. d.) Farbstoffe geben, heißen ad-
jektive Farben. Die Beizen gehören ebenso gut
zur Farbe wie der Farbstoff gebende Körper, und die
Entstehung der Farbe beruht auf der Bildung einer
chem. Verbindung zwifchen Bestandteilen der Beize
und dem Farbstoff. Je nach der diesen Verbindun-
gen eigentümlichen Färbung kann ein und derselbe
Farbstoff mit verschiedenen Beizen ganz verschiedene
Farben geben (polygenetische Farbstoffe). Tränkt
man z. B. einen Streifen Zeug an der einen Stelle,
wie oben, mit essigsaurer Thonerde, an einer zweiten
Stelle mit essigsaurem Eisenoxyd, an einer dritten
Stelle mit einer Mischung von essigsaurer Thonerde
und Eisenoxyd, und führt ihn in eine Alizarinlösung
ein, so erscheint die erste Stelle schön rosa, die zweite
schwarz, die dritte lila gefärbt, weil die Verbin-
dung der Thonerde mit dem Alizarin rosa, die
des Eisenoxyds schwarz und die Mischungen bei-
der lila gefärbt sind. Farbstoffe, die mit verschie-
denen Beizen stets dieselbe Färbung liefern, nennt
man monogenetisch.
Je nach der Konzentration der Beizen und der
Fardbä'der werden verschiedene Farbentiefen und je
nach der Mischung der Ingredienzien verfchicdene
Farbentöne erzielt, ferner übt die Temperatur der
Farbbäder fowie die Zeit des Verweilens der Stoffe
in denselben einen ganz bestimmten Einfluß auf das
Aussehen der Farbe, und es kommt in der reichhal-
tigen Benutzung dieser einzelnen Umstände die Er-
fahrung und das Geschick des Färbers zur Geltung.
Die wichtigsten in der F. gebrauchten Farbstoffe oder
Zeugfarbensind folgende: 1)ZmnBlaufärben:
Indigo (s.d.), Berliner Blau (s. d.), blaue Teerfarb-
stoffe, wie Methylenblau (s. Lauths Violett), Ali-
zarinblau (s. d.), Alkaliblau (s. d.), Induline (s. d.).
2) Zum Braunfärben: gerbstoffreiche vegeta-
bilische Stoffe, wie Eichenrinde, Bablach, Seerosen-
wurzel, grüne Walnußschalen, Katechu, ferner
braune, aus Kohlenteer dargestellte Farbstoffe, wie
Bismarckbraun (s. d.), Georgine (s. d.), Phenicienne
(s. d.), Wiener Braun (s. d.): auch erzeugt man braune
Färbungen durch Zusammensetzung entweder meh-
rerer Farbstoffe oder mehrerer Beizen mit einem
Farbstoff sowie endlich durch successives Ausfärben
in verschiedenen Farbebrühen; eine gebräuchliche
braune Farbe ist auch Bister (s. d.). 3) Zum Gelb-
färben: Chromgelb (f. Bleichromat), das auf der
^aser dadurch erzeugt wird, daß die Stoffe erst in
ein Bad von Vleizucker und nach dem Auswringen
in ein folches von rotem chromsaurem Kalium (s.
Kaliumchromate) gebrackt werden; Rostgelb, Eisen-
chamois oder Nanking (s. d.); Flavin (s. d.); Anilin -
und Teerfarben: Phosphin (s. d.), Chrysoidin (s. d.)
Flavaurin (s. d.), Pikrinsäure (s. d.), Naphtholgelb
(s. Martiusgelb), Chrysoin (s. Tropäoline), Citronin
(s. d.>, Echtgelb (s. d.), Cbrysamin (s. d.). 4) Zum
Grün färben diente früber ein zweimaliges Aus-
färben in blauen und gelben Lösungen; so wurde
z. B. Wolle in der Regel blau gefärbt, dann in der
Siedehitze mit Alaun und Weinstein gebeizt und
endlich in einem Wau- oder Gelbholzbade ausge-
färbt; Grün auf Seide erzeugte man ebenfalls durch
Mischen von Blau (Säcksischblau) und Gelb lge-
wöhnlich Wau) oder auch durch Färben mit einer
aus China kommenden, aus Rhamnusbeeren be-
reiteten Drogue, dem Lo-kao. Gegenwärtig färdt
man das Tuch, wie das zu Billardüberzügen und
Spieltischen dienende, zwar immer noch mit Säch-
sischblau und Gelbholz, dagegen finden zum Grün-
färben der Seide fast allgemein die vom Anilin ab-
geleiteten grünen Farben Anwendung (s. Brillant-
grün, Cörulem, Malachitgrün, Methylgrün,Nitroso-
jarbsiosfe, Resorcingrün, Säuregrün). 5) Zum
Rotfärben: Cochenille, Krapp, Alizarin, Orlean,
Rotholz,Fuchsin, Eosin, Ponceau,Sckarlach,Kongo,
Safranin (f. die Einzelartitcl). 6) Zum Ecbwarz-
färben benutzt man, da es eine eigentliche schwarze
Farbe nicht giebt, intensiv dunkle Farben- oder
Farbenmischungen. Die meisten sog. schwarzen
Stoffe erweisen sich bei genauer Betrachtung als
blauschwarz und braunschwarz. Je mehr es dem
Färder gelingt, diese eigentlichen Farbentöne durch
geschickte Behandlung zum Verschwinden zu bringen,
um so geschätzter ist die Ware. Einzelne haben
hierin große Fertigkeit erlangt, so die Geraer F. für
Wollstoffe, die Meselder für Seidenwaren. Die
Grundlage des Schwarz auf Wolle und Baumwolle
ist immer eine Verbindung von Vlauholzextrakt mit
Eisenoxyd, Kupferoxyd oder Chromoxyd; auf Seide
Gerdsäure und Eisenoxyd. Beide Methoden wer-
den auch miteinander kombiniert. So wird na-
mentlich Baumwolle mit Gerdsäure enthaltendem
Material (Gallapfel, Sumach u. dgl.) galliert,
dann in Eisenoxydsalzen grau gefärbt und endlich
im Blauholzbade schwarz gemacht. Tuche wer-
den häusig tief indigoblau gefärbt und dann mit
einer der obigen Beizen und Blauholzextrakt über-
färbt. Beim Zeugdruck wird fast ausschließlich Ani-
linschwarz verwandt. Eine mit etwas Schwefel-
kupfer oder einer Spur von Vanadinfäure verfetzte
und mit dem nötigen Verdickungsmittel versehene
Lösung von chlorsaurem Anilin wird auf das Zeug
gedruckt, worauf sich beim Dämpfen ein intensives
schwarz entwickelt. Je nach den verschiedenen
Färbearten unterscheidet man Vienne-, Vedasieux-,
Genfer Schwarz, Tours-, Seerosen- und Chrom-
oder Neuschwarz. - Die Seide nimmt bei geeig-
neter Behandlung mehr als das Doppelte ihres