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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fastnachtspiele – Fâtimiden

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Fastnacht'

als heilig gilt; besonders für den Flachs, das Geflügel und den häuslichen Wohlstand ist sie von Bedeutung. Gewisse Gerichte müssen an diesem Tage gegessen werden, vor allem Hirse. Gewisse Verrichtungen müssen gemieden werden; so darf man nicht aufs Feld gehen, nicht spinnen; die Hausfrau darf nicht zum Brunnen gehen. Dagegen soll getanzt und Bier getrunken werden. Träume in der F. gehen ebenso in Erfüllung wie die Träume der Zwölf Nächte. – Vgl. Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart (2. Aufl., Berl. 1869).

Fastnachtspiele, die älteste Form des deutschen Lustspiels. Sie werden häufiger im zweiten Drittel des 15. Jahrh. und verschwinden im 17. Jahrh. Der klassische Boden der F. war Nürnberg; einige sind sonst in Süddeutschland, in Tirol und der Schweiz zu Hause, wenige in Niederdeutschland (besonders in Lübeck). Die ältesten sind zu Fastnacht nicht öffentlich, wie dies später der Fall ist, sondern in Privathäusern von jungen Leuten aus dem Bürgerstand, die von einem Haus ins andere, aus einer Kneipe in die andere zogen, ohne besondere scenische Vorbereitungen aufgeführt worden. Sie stellen in kurzen Scenen und mit ausgelassenem derben Witz, der die gröbsten Zoten und Unflätereien nicht scheut, Charaktere und Scenen aus dem täglichen Leben, namentlich auch des Bauernstandes, dar; meist sind sie nur undramat. Aufzüge komischer oder typischer Figuren, die jede sich monologisch selbst schildern; beliebt war auch die Form eines Prozesses mit Anklage, Gegenklage oder Verteidigung und endlichem Schiedsspruch; auch der Arzt inmitten kranker Bauern, die Bauernhochzeit, die komische Disputation waren häufige Themata. Auf einer spätern Stufe behandeln die F. Anekdoten, Schwänke und Novellen von heiterm Charakter; auch politisch-satirische und moralische F. kommen vor, doch gebührt ihnen besser der Titel «Spiel». Von den wenigsten der zahlreichen F. des 15. Jahrh. kennt man die Verfasser; von einigen werden Hans Rosenblüt und Hans Folz als Dichter genannt, denen auch noch manche andere gehören werden. Im 16. Jahrh. sind als Dichter von F. vor allen Hans Sachs, dessen F. zu seinen besten Schöpfungen gehören, Pet. Probst und Jakob Ayrer zu rühmen. Eine reiche Sammlung der F. des 15. Jahrh. besorgte A. von Keller (3 Bde. und 1 Bd. Nachlese, Stuttg., «Bibliothek des Litterarischen Vereins», 1853–59); andere bieten Osw. Zingerle, «Sterzinger Spiele» (Wien 1885), Seelmann, «Mittelniederdeutsche F.» (in den «Drucken des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung», Bd. 1, Norden 1885), die des Hans Sachs giebt E. Götze in den «Neudrucken deutscher Litteraturwerke des 16. u. 17. Jahrh.» (Halle 1880–87). – Vgl. L. Lier, Studien zur Geschichte des Nürnberger Fastnachtspiels (Nürnb. 1889).

Fastōso oder fastolamento (ital.), musikalische Vortragsbezeichnung: prächtig, feierlich.

Fastrāda, Tochter des ostfränk. Grafen Radolf, ward 783 die dritte Gemahlin Karls d. Gr. Ihre Grausamkeit soll veranlaßt haben, daß sich 792 mehrere Franken mit Karls Sohn Pippin dem Höckrigen gegen das Leben des Königs verschworen, wofür Pippin als Mönch ins Kloster Prüm gesperrt wurde. F. starb 10. Aug. 794 in Frankfurt.

Faesŭlae, der alte Name für Fiesole (s. d.).

Fat (frz., spr. fatt), Geck, Einfaltspinsel.

Fata, Mehrzahl von Fatum (s. d.); als Wesen der roman. und kelt. Volkssage, s. Feen. ↔

Fatāl (lat.), vom Schicksal bestimmt, verhängnisvoll, widerwärtig; Fatalität, Schickung, Mißgeschick, unangenehmer Zufall.

Fatalĭen (lat.), s. Notfristen.

Fatalismus (lat.), die auf dem Glauben an ein Fatum (s. d.) beruhende, weder von Furcht noch von Hoffnung berührte Gleichgültigkeit gegen die Zukunft, besonders in Beziehung auf das eigene Wohlergehen. Der F. ist hauptsächlich im Gebiet des Islams verbreitet. Fatalist, ein Anhänger des F.

Fata morgāna (ital.), Erscheinungen, die auf Luftspiegelung (s. d.) beruhen. (S. auch Morgana.)

Fatehpore, s. Fatihpur.

Fatesh. 1) Kreis im nördl. Teil des russ. Gouvernements Kursk, hoch gelegen, längs der Flußthäler bergig, mit Schwarzerde, hat 2698,7 qkm, 122441 E., Ackerbau und Bienenzucht. –

2) F., beim Volke Fitish, Kreisstadt im Kreis F., 47 km nordwestlich von Kursk, in bergiger Gegend an der Mündung des F. in den Ussosh, hat (1885) 5183 E., zwei Kirchen, ein Progymnasium für Mädchen, Handel mit Getreide und Hanf.

Fathipur, verderbt aus Fatihpur (s. d.).

Fathom (spr. fäth'm), engl. Maß, s. Faden.

Fatieren, s. Fassion.

Fatigarh, verderbt aus Fatihgarh (s. d.).

Fatigieren (lat.) oder Fatiguieren (frz.), ermüden, erschöpfen, langweilen.

Fâtiha (arab., d. h. die Eröffnende, nämlich Sure), das erste Kapitel des Korans, das bei den Mohammedanern die Stelle des christl. Vaterunsers einnimmt; jedes Gebet beginnt mit der F.

Fātĭhgarh, militär. Kantonnement und Fort in dem Distrikt Faruchabad der Division Agra der indobrit. Lieutenant-Gouverneurschaft der Nordwestprovinzen, am linken Ufer des Ganges, durch Eisenbahn (4,8 km) mit Faruchabad verbunden, in gesunder Lage, hat (1881) 12435 E., darunter 8723 Hindu, 3588 Mohammedaner und 119 Christen.

Fātĭhpur (engl. Fatehpore). 1) Distrikt der Division Allahabad der brit.-ind. Lieutenant-Gouverneurschaft der Nordwestprovinzen, im Doab des Ganges und der Dschamna, hat 4245 qkm und (1881) 683745 E. Das Land ist fruchtbar, gut angebaut und mit Städten und Dörfern überdeckt. –

2) Hauptstadt des Distrikts F., unter 25° 55' nördl. Br. und 80° 52' östl. L., an der Linie Allahabad-Kānpur, eine betriebsame Stadt, hat (1891) 20197 E. (darunter 10995 Hindu, 9170 Mohammedaner).

Fatiko, eine der frühern ägypt. Militärstationen in der Äquatorialprovinz Emin Paschas, 240 km südlich von Ladó, in 3° 2‘ nördl. Br., am Fuße des Schonabergs, in fruchtbarer und gesunder Lage, nahe der Wasserscheide zwischen Nil und Victoria-Njansa, war ein für die Beherrschung des Handelsgebietes am obern Nil ausgezeichneter Punkt.

Fâtima, die jüngste (vierte) Tochter des Propheten Mohammed, wurde um 606 in Mekka geboren. Im Alter von 15 J. heiratete sie den nachmaligen Chalifen Ali ibn Abi Tâlib; sie ist die Mutter von Hasan und Husain und als solche die Ahnfrau der Nachkommen des Propheten. Sie starb, einige Monate nach ihrem Vater, in Medina 632.

Fâtimiden, Name einer arab. Dynastie, welche ihren Ursprung auf Fâtima (s. d.) zurückführte. Ihre Herrschaft (909–1171) entsprang der ismâ'ilidischen Propaganda, welche im 9. Jahrh. ein pers. Abenteurer, Abdallâh ibn Maimun, und nach dessen Tode sein Sohn Ahmed in verschiedenen Gebieten des

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 597.