Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

598
Faucher - Faucilles
Verhandlungen mit Pichegru, zu welchem Zweck er
sich in Straßburg als Buchhändler niederließ. Hier
wurde er zwar auf Befehl des Direktoriums 1795 ver-
haftet, aber bald wieder freigelassen. Als Pichegru
nach England geflohen war, trat F. mit Barras
wegen der Restauration der Bourbons in Unter-
handlung, wurde aber deshalb aus Frankreich ver-
bannt. Dessenungeachtet wagte er nach der Thronbe-
steigung NapoleonsI. das Manifest Ludwigs XVIII.
an die franz. Nation zu verbreiten. Aon 1806 ab
hielt er sich in England und Schweden auf, bis er
1814 mit den Verbündeten in Paris einzog, wo er
nun vonHardenberg zu geheimen Unterhandlungen
gebraucht wurde. Nach der Rückkehr Napoleons er-
hielt er von Wien aus eine Sendung an Lud-
wig XVIII. nach Gent, wurde aber in Brüssel fest-
genommen und erst auf Verwenden des preuß. Ge-
sandten in Freiheit gesetzt. Später schickte man ihn
als preuß. Generalkonsul nach Neuchätel. Die Vour-
bons bewiesen sich gegen F. sehr undankbar; erst
Karl X. gewährte ihm eine Pension von 5000 Frs.
F. starb 4. Sept. 1829. Nach seinem Tode wurden
seine <M6inoi!'68') (4Bde.,Par.1828-^vonVeau-
champ veröffentlicht.
Faucher (fpr. foscheh), Iul., Volkswirt, Mit-
begründer der deutschen Freihandelspartei, geb.
13. Juni 1820 zu Berlin, studierte daselbst Philo-
sophie und Nationalökonomie. In seinen ersten
litterar. Arbeiten vertrat er als Anhänger Adam
Smiths mit großer Wärme die Richtung Cobdens
und der engl. Freihändler. 1846 ühernahm er die
Redaktion der in Stettin erscheinenden "Vörsen-
nachrichten der Ostsee" und vertrat 1848 in dem zu
Frankfurt a. M. tagenden sog. Zollparlament der
Handelsstände die Elbinger Kaufmannschaft, siedelte
aber bald darauf nach Berlin über, wo er unter
dem Namen "Die Abendpost" das erste in Deutsch-
land erschienene Organ der reinen Freihandelslehre
begründete. Gleichzeitig bildete F. mit H. Beta,
E. Wiß, I. Prince-Smith, C. Noback u. a. den ersten
Deutschen Freihandelsverein, aus welchem später
die Berliner Volkswirtschaftliche Gesellschaft her-
vorging. Nachdem unter dem Ministerinn: Man-
teuffel-Westphalen die "Abendpost" 1850 unterdrückt
worden war, ging F. nach England und trat 1856
in die Redaktion des "NorninF 8tar", der ersten
sreihändlerischen Londoner Zeitung. 1861 kehrte
F. nach Deutschland zurück und begann eine be-
deutende agitatorische Thätigkeit sür Gewerbefrei-
heit, Freizügigkeit und internationale Handelsfrei-
heit. Im preuß. Landtage, in welchen ihn 1861 der
Wahltreis Bitterfeld-De'litzsch wählte, schloß er sich
der Fortschrittspartei an und nahm lebhaften Anteil
an ihrem Kampfe gegen die Armeereorganisation.
1863 gründete er in Berlin mit Hilfe der noch leben-
den Mitarbeiter der "Abendpost" (vorzüglich Otto
Michaelis) die "Vierteljahrsschrift für Volkswirt-
schaft, Politik und Kulturgeschichte". 1866 hatte F.
Anteil an der Gründung der nationalliberalen
Partei. Im Deutsch-Französischen Kriege begleitete
F. das deutsche Heer als Berichterstatter der Lon-
doner "vaii^o^g". Bis 1877 redigierte er die oben-
genannte "Vierteljahrsschrift". Er starb 12. Juni
1878 in Rom. Seine volkswirtschaftlichen Abhand-
lungen sind in der "Vierteljahrsschrift" enthalten.
Außerdem schrieb F.: "Ein Winter in Italien,
Griechenland und Konstantinopel" (2Vde.,Magdeb.
1876), "Vergleichende Kulturbilder aus den vier
europ. Millionenstädten" (Hannov. 1877) und
"Streifzüge durch die Küsten und Inseln des Archi--
pels und des Ionifchen Meers" (Berl. 1878).
Faucher (spr. foscheh), Le'on, franz.Publizist und
Nationalökonom, geb. 8. Sept. 1803 zu Limoges^
jüd. Herkunft, erhielt auf dem College zu Toulon
feine erste Bildung und ging später nach Paris,
wo er anfangs philol. und archäol. Studien trieb.
Später wandte er sich der Journalistik und Natio-
nalökonomie zu, war in der Zeit von 1830 bis 1843
Oberredacteur des "I6inp8", des "(üouli-^r äs-
I^ln'is" und des "lÜ0N8tituti0iin6i" und gab meh-
rere bedeutende staatswirtschaftliche Schriften her-
aus. In Reims wurde er 1846 in die Kammer
gewählt, wo er mit der dynastischen Opposition
stimmte. Ein gewandter, aber keineswegs glänzen-
der Redner, trat er als einer der Hauptagitatoren
für den Freihandel hervor und veröffentlichte in
der "1^6VU6 (168 D6UX N0U<l68" UNd im "3i6(Ü6"
eine Reihe nationalökonomischer NusM^. Nach der
Revolution von 1848 vom Depart. Marne in die
Constituante wie in die Legislative gewählt, stimmte
er mit der Majorität und wurde nach der Wahl
Ludwig Napoleons zum Präsidenten (10. Dez.>
Minister des öffentlichen Bauwesens, 29. Dez.
Minister des Innern, legte 14. Mai 1849 sein
Porteseuille nieder, das er jedoch 10. April 1851
wieder übernahm. Am 26. Okt. 1851, kurz vor dem
Staatsstreiche, zog er sich vom polit. Schauplatz,
zurück, beteiligte sich an der Gründung des Oi-eäit
^0uci6i- und arbeitete an einer "lli^oii-s Ün9.uei6r6
ä6 lg. 860s)nä6 i-6pul)1ihii6", deren Vollendung sein
14. Dez. 1854 zu Marseille erfolgter Tod verhinderte.
Seine ausgezeichneten ökonomischen Arbeiten er-
schienen später auch zum Teil von Wolowski gesam-
melt als "N6l3,NZ68 ä'600Q0Ini6 p0iitihU6 6t äft-
iinaii068" (2 Bde., Par. 1856). Außerdem veröffent-
lichte er verschiedene Schriften selbständig, darun-
ter "^Lekereli^ 8ur 1'or 6t 8ur 1'HrF6nt"(Par.1843),.
"1^wä68 8ur 1'^iiFi6t6li'6" (2 Bde., ebd. 1845;,
2. Aufl. 1856) und "Du äroit äu travaii" (ebd. 1848).
Faucigny (spr. soßinnjih), Landschaft in Sa-
voyen südlich vom Chablais (s. d.), früher eine der
acht Provinzen des Herzogtums Savoyen, seit 1860
das Arrondissement Bonneville des sranz. Depart.
Haute-Savoie, umfaßt die obern und mittlern Thal-
stufen der Arve (s. d.). Die Bergketten, welche das-
Land von SW. nach NO. durchsehen, bestehen vor-
herrschend aus Kalksteinen, Sandsteinen und Schie-
fern der Jura-, der Kreide- und der untern Tertiär-
formation. Im O., an der Grenze gegen Wallis
und das Aostathal, erhebt sich die krystallinische
Montblancgruppe. Im Voralpenlande gedeihen
Getreide, Obst, Wein und Edelkastanien. Die
Haupterwerbsquellen bilden Acker- und Weinbau^
Alpenwirtschaft sowie Ausbeutung der Erz-, Mar- '
mor- und Schiefergruben und das Führerwesen.
(namentlich im Chamonirthal). Hauptorte sind
Bonneville, Chamonir, Sallanches und Cluses.
Der wichtigste Verkehrsweg ist die Straße Genf-
Chamonir. Der Name stammt von einem jetzt ver-
fallenen Schlosse unweit Vonneville.
Faucille (spr. foßij), Col de la, Paß (Paßhöhe
1323 m) des franz. Juras, zwischen der Dole und-
dem Mont-Colomby, verbindet Genf und das Pays
de Gex mit dem Dappenthal und der franz. Grenz-
fcstung Les Rousses; in Champagnole erreicht die
Poststraße die Eisenbahn.
Faucilles, Monts (spr. mong fohij, "Sichel-
berge"), waldreiche Hügelzüge im franz. Depart..