Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Faustpfandkredit; Faustrecht

604

Fanstpfandkredit – Faustrecht

der über die Forderung oder das Vermögensrecht ausgestellten Urkunde erlangt oder behalten hat, oder wenn die Verpfändung im Grund- und Hypothekenbuch eingetragen ist. Jedoch bleiben die Vorschriften der Landesgesetze unberührt, welche für den Erwerb solchen Faustpfandrechts mehrere der vorbezeichneten Erfordernisse oder weitere Erfordernisse festsetzen. Und das Gleiche ist bezüglich des F. an Sachen verordnet. Das hat die Bedeutung, daß, wenn die Landesgesetze geringere Erfordernisse für ein F. aufstellen, diese außerhalb des Konkurses genügen; doch geht ein durch Pfändung erworbenes Pfandrecht solchen Pfandrechten vor, welche nicht den Anforderungen der Konkursordnung entsprechen (Civilprozeßordn. §. 709). Wenn die Landesgesetze für die Entstehung eines F. noch weitergehende Erfordernisse aufstellen, so hat der Gläubiger ein Recht auf abgesonderte Befriedigung im Konkurse nur, wenn auch diesen Erfordernissen entsprochen ist. Rechte, an welchen hiernach ein F. bestellt werden kann, sind z. B. der Nießbrauch; ferner ein Pfandrecht an der dem Pfandgeber als F. gegebenen Sache eines Dritten (s. Afterpfand), ferner ein Forderungsrecht. Nach Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 502 werden im Hypothekenbuch eingetragene Forderungen durch Eintragung im Hypothekenbuch verpfändet; andere sind nur zu verpfänden, wenn sie auf Geld gerichtet sind und eine Urkunde darüber ausgestellt ist. Die Verpfändung erfolgt dann durch Übergabe der Urkunde. Nur an verbrieften Forderungen lassen ein F. entstehen, und zwar durch schriftliche Pfandbestellung und Übergabe der über die Forderung lautenden Urkunde, das Hannoversche und das Oldenburger Pfandgesetz und, wenn noch dazu tritt die Benachrichtigung des Drittschuldners, der Code civil (Art. 2075, 2076) und das Nassauer Pfandgesetz. Das Preuß. Allg. Landrecht, das Braunschweiger und das Rudolstädter Pfandgesetz lassen die Verpfändung auch einer nichtverbrieften Forderung zu, wenn sie schriftlich und unter Benachrichtigung des Drittschuldners erfolgt. Bei verbrieften Forderungen muß statt der letztern nach Allg. Landrecht die Übergabe der Urkunde an den Gläubiger erfolgen, während nach Württemberger, Braunschweiger und Rudolstädter Pfandgesetz alle drei genannten Erfordernisse vorliegen müssen.

Die ihm zum Pfand übergebene Sache hat der Pfandgläubiger ordnungsmäßig zu verwahren und nach Tilgung der Schuld an den Verpfänder zurückzugeben. Für den infolge seiner Fahrlässigkeit eingetretenen Verlust oder die Beschädigung haftet er auf Ersatz. Er darf die verpfändete Sache nicht gebrauchen, wenn ihm dies Recht nicht eingeräumt ist. Anders bei fruchttragenden Sachen, wo er die Früchte ziehen muß, um sie sich entweder auf die Zinsen und das Kapital abzurechnen oder statt der Zinsen zu ziehen. (S. Nutzungspfand.)

Für die Verwertung des Pfandes bestehen verschiedene Systeme: Entweder ist der Verkauf, wenn der Schuldner bei Verfall nicht zahlt, im Wege der Zwangsvollstreckung, also nach vorgängiger Klage und Verurteilung, herbeizuführen (so nach Preuß. Allg. Landrecht, nach den Pfandgesetzen von Württemberg, Nassau, Darmstadt, Weimar, Anhalt, dem Österr. Bürgerl. Gesetzbuch); oder der Verkauf erfolgt auf gerichtliche Verkaufsermächtigung (Code civil Art. 2078, Bayrisches Landrecht und Ausführungsgesetz zur Civilprozeßordnung und Konkursordnung). Nach andern Gesetzen darf der Gläubiger auch ohne gerichtliche Ermächtigung öffentlich versteigern lassen (Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 480; Pfandgesetze für Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Coburg, Reuß ä. L.). Doch ist dem Gläubiger dabei nicht verboten, den Weg der Zwangsvollstreckung einzuschlagen. Dies hat der Deutsche Entwurf ausdrücklich vorbehalten. Bleibt bei dem Verkauf ein Überschuß (hyperocha), so ist dieser dem Verpfänder herauszugeben.

Ist die Bestellung eines F. unter Kaufleuten für eine Forderung aus beiderseitigen Handelsgeschäften schriftlich erfolgt, so kann der Gläubiger nach Art. 310 des Handelsgesetzbuches, wenn der Schuldner im Verzuge ist, sich aus dem Pfande sofort bezahlt machen, ohne daß es einer Klage gegen den Schuldner bedarf. Der Gläubiger hat die Bewilligung hierzu unter Vorlegung der erforderlichen Bescheinigungsmittel bei dem für ihn zuständigen Handelsgerichte nachzusuchen, von welchem ohne Anhörung des Schuldners der Verkauf auf Gefahr des Gläubigers verordnet wird. Wenn die Bestellung eines F. unter Kaufleuten für eine Forderung aus beiderseitigen Handelsgeschäften erfolgt und schriftlich vereinbart ist, daß der Gläubiger ohne gerichtliches Verfahren sich aus dem Pfande befriedigen könne, so darf der Gläubiger nach Art. 311 des Handelsgesetzbuches, wenn der Schuldner im Verzuge ist, das Pfand öffentlich verkaufen lassen. Er darf in diesem Falle, wenn die verpfändeten Gegenstände einen Börsenpreis oder Marktpreis haben, den Verkauf auch nicht öffentlich durch einen Handelsmakler oder in Ermangelung eines solchen durch einen zu Versteigerungen befugten Beamten zum laufenden Preise bewirken. Von der Vollziehung, im Fall des Art. 310 auch von der Bewilligung des Verkaufs, hat der Gläubiger den Schuldner, soweit es thunlich ist, sofort zu benachrichtigen, widrigenfalls er auf Schadenersatz haftet. Nach dem österr. Gesetz vom 1. April 1876 findet der Art. 311 des Handelsgesetzbuches bei Pfand-, Prolongations- oder Kassegeschäften, welche Börsengeschäfte sind, auch dann Anwendung, wenn das Geschäft nicht unter Kaufleuten aus beiderseitigen Handelsgeschäften entstanden, und wenn auch nicht schriftlich vereinbart ist, daß der Gläubiger sich ohne gerichtliches Verfahren aus dem Pfande befriedigen könne. Ähnliche Rechte hat die Deutsche Reichsbank nach dem Reichsbankgesetz vom 14. März 1875, §. 20, wegen der ihr bestellten F. sogar gegenüber der Konkursmasse des Schuldners. Ebenso hat die Landesgesetzgebung vielfach öffentliche Pfandleihanstalten privilegiert.

Verpfändete Forderungen darf der Pfandgläubiger gemeinrechtlich und nach den Pfandgesetzen von Hannover, Weimar, Hessen, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt und Rudolstadt von dem Drittschuldner beitreiben, um sich wegen der gesicherten Forderung bezahlt zu machen. Nach andern Rechten (Preuß. Allg. Landrecht, Österr. Bürgerl. Gesetzbuch, Code civil, dem Pfandgesetz von Württemberg) muß der Gläubiger auch hier den Weg der Zwangsvollstreckung einschlagen.

Faustpfandkredit, s. Lombardgeschäft.

Faustrecht, ein erst in neuerer Zeit aufgekommener Ausdruck für einen Zustand, in welchem es an einem öffentlichen Rechtsschutz gänzlich fehlt und wo deshalb niemand mehr Recht erhält, als er sich durch eigene Kraft und Gewalt verschaffen kann. Ein solcher Zustand bestand namentlich in Deutsch- ^[folgende Seite]