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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fechtboden - Fechtkunst
oder beiden Flügeln. Das dritte Treffen, etwa ein
Sechstel der Division, bildet die Reserve des Divi-
sionsführers, die aber zur glücklichen Durchführung
des Angriffs rücksichtslos eingesetzt werden muß.
Wesentliche Fortschritte in Bezug auf Bewaffnung
und Verwendung zeigt die Artillerie, die nun-
mehr in Batterien von 6 bis 8 Geschützen vereinigt
und teils als Divisionsartillerie den Infanterie-
divisionen zugeteilt ist, teils als Korpsartillerie un-
mittelbar unter dem kommandierenden General steht.
Die F. der Feldartillerie ist allgemein die durch
das Exerzierreglement für die deutsche Feldartille-
rie vom 1.1889 und 1892 ausgesprochene; es ist
darin die Masseuwirtung hauptsächlich betont und
die Verwendung der Feldartillerie im Abteilungs-
oder im Regimentsverbande als die Regel hinge-
stellt. Die Gefechtsformation ist einzig und allein
die Linie; die Entfernung vom Feinde meist außer-
halb des wirksamen Feuerbereichs der Infanterie,
doch darf die Artillerie im entscheidenden Augen-
blick auch das schwerste Infanteriefeuer nicht fcheuen.
Eine besondere Bedeckung wird im allgemeinen nicht
als erforderlich erachtet. Die Feldarmeen der Groß-
mächte führen außer der Feldartillerie auch noch be-
soudereVatterien schwerer Kaliber. Bei aller-
dings geringerer Beweglichkeit als die Feldartillerien
haben diese schwerenBatterien eine erhöhte Wirkung,
überhaupt eine solche auf weitere Entfernungen, und
sind zum Bekämpfen folcher Ziele geeignet, die sich
hinter Deckungen befinden.
Über den Einfluß des allgemein in der Einführung
begriffenen ran ch schwachen Pulvers auf die F.
lassen sich bis jetzt nur Vermutungen aufstellen. Noch
mehr als feither wird für den Führer Aufklärung vor
dem Gefecht wünschenswert, aber seitens der Ka-
vallerie schwerer zu leisten sein. Bewegungen der In-
fanterie über freies Gelände sind nur unter Verlusten
oder dann möglich, wenn die eigene Artillerie die
gegnerische Feuerwirkung niederhält. DieArtillerie,
bisher ihre Stellungen schon auf weite Entfernungen
durch den Pulverdampf verratend, wird jetzt, na-
mentlich wenn sie verdeckt steht, schwerer zu fassen
sein. Andererseits wird sie in vielen Fällen im Ge-
lände eingenistete schützen kaum zu entdecken und
zu beschießen vermögen. Nach wie vor wird die
Kavallerie in den Krisen der Schlacht rücksichtslos
einzusetzen sein. Um sich bis dahin intakt zu balten,
lnuß sie weiter zurückbleiben; die Attackenlängen
werden daher wachsen, das Tempo, in dem die vom
Feuer beherrschten Räume durchritten werden
müssen, wird sich steigern. Rauchschwaches Pulver
wie Vervollkommnung der Feuerwaffen begünstigen
in erster Linie den Verteidiger. Dennoch wird der
energischere der Gegner dann, wenn er die Entschei-
dung will, angreifen müssen. Auf die operative
Thätigkeit der Heeresleitung bleibt also rauch-
schwaches Pulver ohne Einfluß.
Fechtboden, der Saal, in dem die Studenten
ihre Fechtübungen vornehmen. Hier wird haupt-
sächlich von den Verbindungen unter Leitung ihrer
Fechtwarte das mensurmäßige Kontraschlagen im
Fechtzeug geübt, während die eigentliche Mensnr (s.d.)
im Paukzeug auf dem Paukboden stattfindet.
Fechten, s. Fechtkunst. - F. ist auch ein süd-
deutscher Ausdruck für Aichen (s. d.).
Fechter, s. Gladiatoren.
Fechter (spr. fäktähr oder fäfchtähr), Charles
Albert, franz.-engl. Schauspieler, geb. 23. Okt.
1824 zu Belleville bei Paris, versuchte sich als
Bildhauer, bevor er in der Salle Moliöre seine
theatralische Lausbahn eröffnete, die ihn nach kur-
zem Befuch des Conservatoire einer reisenden Truppe
zuführte, an deren Wanderungen in Italien er teil-
nahm. Er spielte 1845-46 auf dem Französische!,
Theater in Berlin, trat dann in den Mitgliederver-
band des Pariser Vaudeville und wirkte, nachdem
er einige Zeit auch in London aufgetreten war,
1847-53 auf den Bühnen des Ambigu, der Va-
rietes, des Historique, der Porte St. Martin, des
Vaudeville. Später spielte er auch im Odson, das
er 1857-58 mit de la Rounat leitete. 1860-61
stellte er mit glänzendem Erfolg im Londoner
Princeft-Theater Shakespearesche Hanptrollen in
großartiger Weise dar. Als Direktor des Lyceum-
Theaters erwarb er sich dann nicht minder die An-
erkennung als Darsteller moderner ev^l. Rollen
und befestigte seinen Ruhm als engl. Darsteller
durch Gastspiele, die er 1870 - 78 in Nordamerika
gab. 1872 begründete er in Neuyork eine für die
Aufführung franz. Stücke bestimmte Bühne. Zum
letztenmal spielte F. im Okt. 1878 in Boston und
starb 5. Aug. 1879 zu Quakertown bei Philadelphia.
Fechtkunst, im allgemeinen die durch Übung
und Unterricht erlernte Fähigkeit, Hieb- und Stoß-
waffen im Kampf gegen einen oder mehrere Gegner
zu führen. Die F.' erfordert Mut, Geschick, Kraft,
sicheres Auge, geschmeidige Glieder, Kaltblütigkeit;
ihre Ausübung hat daher die Anerziehung dieser
Eigenschaften zum Zweck und zur Folge.
F. im besondern ist die in ein System gebrachte
Lehre vom Fechten, die sich je nach der Waffe ver-
schieden gestaltet. Man unterscheidet Stoß- und
Hiebfechten. Zu den gewöhnlichen Stoßwaffen
gehört das Florett und der Degen (in frühern Zeiten
auch der sog. Raufdegen); besondere Arten sind die
Lanze und das Bajonettgewehr, deren Gebrauch
von den erstgenannten Waffen wesentlich abweicht.
Zu den Hiebwaffen gehört das Rapier, der
gerade und krnmme Säbel. Hiernach unterscheidet
man: Säbel- oder Hiebfechten, Florett- oder
eigentlich es Stoßfechten und außerd ein Lanzen-
fechten (s. d.) und Bajonettfechten (s. d.). Degen
und gerader Säbel können zum Hieb- wie zum Stoß-
fcchten verwendet werden.
Die F. als System unterscheidet zunächst An-
griff (H i e b oder Stoß) und Verteidigung (Pa-
rade); sie regelt die Körperstellung (Positiv n), die
Armlage (Auslage) und den Abstand (Mensur)
der kämpfenden Gegner; sie lehrt die Bewegungen
(Motionen) der bewaffneten Faust zur Ausfüh-
rung des Angriffs durch Hieb oder Stoß; sie lehrt
die entweder vom Gegner gegebene oder durch dies-
seitige Finte gegebene Blöße zum eigenen Angriff
benutzen, sich selbst aber gegen den feindlichen An-
griff decken; sie lehrt endlich die verschiedenen, wäh-
rend des Fechtens zur Anwendung kommenden Be-
wegungen, die teils eine einfache Änderung der
Menfur bezwecken (Avancieren, Retirieren,
Sprnng, Pafsadieren), teils mit gleichzeitigem
eigenem Angriff verbunden sind (Ausfall, Ka-
minieren, Voltieren, Traversieren). Der
schließliche Zweck des Fechtens ist: den Gegner
kampfunfähig zu machen oder ihm die Waffe aus
der Hand zu schlagen, ihn zu entwaffnen.
Der Fechtunterricht beginnt mit der Unter-
weisung des Einzelnen ohne Gegner; hierauf folgen
Übungen mit einem solchen, wobei Art und Reihen-
folge der anzuwendenden Angriffs- und Verteidi-