631
Fehrbellin – Feige
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Fehn- und Moorkolonien'
zureichendes Kanalnetz aus dem 18. und dem Anfang des 19. Jahrh. besitzen, nicht haben. Die preuß. Regierung läßt im
Kehdinger Moor an der Elbe sowie im Friedeburger und Wieseder Moor südlich vom Ems-Jade-Kanal großartige zusammenhängende
Kolonien mit vorbereiteten Kolonaten herstellen, die hannov. Provinzialverwaltung besetzt im Groß-Fullener Moor, etwa am
Kreuzungspunkt des Süd-Nord- und des Meppen-Hoogeveen-Kanals, ein 428 ha großes «Provinzialmoor» mit pachtzahlenden
Kolonisten, und der Hauptmann Schöningh hat ebenda ein etwa 1800 ha großes Territorium teils selbst in Kultur genommen,
teils verpachtet. Die vom Pastor Cronemeyer zu Bremerhaven gegründete, bei Loxstedt gelegene 77 ha große Kolonie
Friedrich-Wilhelmsdorf hat bis jetzt ebenfalls gute Erfolge aufzuweisen. Sie wird nach Anleitung der Bremer
Moorversuchsstation, welche ihrerseits eine 15 ha große Versuchswirtschaft dicht am «Provinzialmoor» etabliert hat,
bewirtschaftet. Bis jetzt besaßen nur Holland und das nordwestl. Deutschland eigentliche F. u. M., wenn schon man auch
anderwärts in Deutschland eine große Menge von Moorflächen teils schon kultiviert hat, teils noch kultiviert. Jedoch geht
man in Österreich, Dänemark, Schweden, Norwegen und auch in Frankreich mit der weitern Kultivierung der Moore ganz
energisch vor und bat die Gründung von Moorkolonien teils in Angriff, teils in Aussicht genommen.
Fehrbellin, Stadt im Kreis Osthavelland des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, 52 km im NW. von Berlin und
13 km im S. von Neuruppin, an dem vom Rhin durchflossenen havelländ. Luch und an der Paulinenaue-Neuruppiner Eisenbahn
(Nebenbahn), bildet mit der Kolonie F. und dem Dorfe Feldberg, wo die evang. Pfarrkirche sich befindet, eine
Kirchengemeinde, ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Neuruppin) und eines Steueramtes und hat (1890) 1733 E.,
darunter 80 Katholiken und 14 Israeliten, Post, Telegraph, Torfgräbereien, Ackerbau und Fabrikation von Holzpantoffeln.
F. ist bekannt durch den Sieg des Großen Kurfürsten über die Schweden unter Wrangel 28. (18.) Juni 1675. Ein 15 000 Mann
starkes schwed. Heer stand seit 1674 in Brandenburg, gegen das der Große Kurfürst 5. Juni aus Franken mit 8500 Mann
Fußvolk und 6500 Reitern heranzog; 21. Juni erreichte er Magdeburg. Die Schweden hatten schon Havelberg, Rathenow und
Brandenburg genommen, auch Spandau angegriffen; der Kurfürst beschloß sie unverzüglich anzugreifen, zog vor Rathenow,
erstürmte die nur schwach besetzte Stadt am 25. und besetzte auch Brandenburg. Als die Schweden darauf hinter dem großen
Luch über F. nach Havelberg zurückgingen, folgte der Kurfürst, erreichte 26. Juni Barnewitz, nahm am 27. Nauen und ließ
durch den mit 100 Reitern und 20 Dragonern auf Nebenwegen nach F. vorgesendeten Oberstlieutenant Hennigs die dortige
Brücke im Rücken der Schweden zerstören. Den Schlüssel der brandenb. Stellung bildeten die Sandhügel bei dem Dorfe
Hakenberg, zwischen F. und dem 9 km entfernten Dorfe Linum (s. d.). Am 28. erreichte die brandenb.
Vorhut unter dem Prinzen von Homburg bei Tagesanbruch die Schweden, worauf der Kurfürst den Angriff beschloß, obwohl seine
Infanterie weit zurückgeblieben war. Wrangel stellte sein 10000 Mann (darunter 4200 Reiter) und 38 Geschütze starkes Heer
bei Linum auf, ging jedoch in die Stellung von Hakenberg zurück ↔ und wurde von der beim Fichtenhügel
aufgefahrenen brandenb. Artillerie heftig in der rechten Flanke beschossen. Ein gegen den Fichtenhügel unternommener
Angriff der Schweden scheiterte an dem persönlichen Eingreifen des Kurfürsten, der nun die ganze Reiterei von diesem Punkte
aus zum Angriff vorgehen ließ, worauf Wrangel gegen 10 Uhr vormittags den Rückzug antrat, den die Brandenburger in der
Flanke begleiteten und mit ihrer Artillerie beschossen. Die schwed. Geschütze antworteten, und hierbei zerschmetterte eine
schwed. Kanonenkugel dem neben seinem Herrn reitenden Stallmeister
von Froben (s. d.) das rechte Knie;
Froben starb nach einer Stunde infolge dieser Verwundung. Die Verfolgung der Schweden wurde eingestellt, als diese F.
erreicht hatten; 29. Juni wurde F. besetzt. Die Brandenburger verloren in der Schlacht und bei der Verfolgung gegen
500 Mann. Der Sieg bei F. über das schwed. Heer legte den Grund zum Kriegsruhm des brandenb.-preuß. Heers.
Bei Linum wurde 1880 auf einer Anhöhe von dem Domherrn von Rochow auf Rekahne ein Denkmal errichtet mit der Inschrift:
«Hier legten die braven Brandenburger den Grund zu Preußens Größe»; 1857 errichtete der Kriegerverein des Havellandes auf
dem Schlachtfelde selbst ein zweites Denkmals 18. Juni 1875 (am Tage der 200jährigen Feier) wurde bei Hakenberg der
Grundstein zu einem dritten Denkmal gelegt, das 2. Sept. 1879 enthüllt wurde. Es besteht aus einer turmartigen Säule und
ist mit einer Victoria gekrönt. – Vgl. Kaehler, Der Große Kurfürst (Berl. 1875); Schottmüller, Fehrbellin (ebd. 1875);
von Witzleben und Kassel, Fehrbellin (ebd. 1875); Sello, Fehrbellin (in der «Deutschen Zeitschrift für
Geschichtswissenschaft», Jahrg. 1892, Freiburg i. Br.).
Fehrücken, Fehwamme, s. Feh.
Feifelgeschwulst, s. Mumps.
Feige (Ficus) oder
Feigenbaum, Pflanzengattung aus der Familie der Urticaceen (s. d.),
deren zahlreiche Arten, lauter Holzgewächse, teils mächtige, mittelgroße oder unansehnliche Bäume, teils Sträucher und
Kletterpflanzen, in der tropischen und warmen gemäßigten Zone beider Halbkugeln einheimisch sind und in den Wäldern der
Tropen eine hervorragende Rolle spielen. Sie enthalten einen weißen, an Kautschuk reichen Milchsaft, haben abwechselnde,
dünnhäutige und im Herbste abfallende oder lederartige, immergrüne, ganzrandige oder bandförmig gelappte Blätter. Die
Blüten sind sehr klein und stehen dicht beisammen in eigentümlich geformten Blütenständen, es wachsen unmittelbar aus den
Zweigen, oft aus den Blattachseln keulen- oder umgekehrt-eiförmige Körper hervor, welche, an Größe mehr und mehr zunehmend,
sich zur sog. Frucht umgestalten. Es sind dies hohle Blütenträger, welche im Durchschnitt eine innere Höhlung erkennen
lassen, deren Innenwandung zahllose, äußerst kleine und einfach gebildete eingeschlechtige Blüten trägt. Die männlichen
Blüten stehen in dem hohlen Blütenträger zu oberst, die weiblichen zu unterst. Nach dem Verblühen wird der Blütenträger
zur sog. Feigenfrucht (s. d.). Aus dem Fruchtknoten entsteht ein sehr kleines, einsamiges Nüßchen.
Die wichtigste Art der Gattung ist der gemeine Feigenbaum,
Ficus carica L. (s. Tafel: Urticinen I, Fig. 2). Dieser
wahrscheinlich im Orient
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 632.