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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fermat - Fermente
bedeckt. Im S. erheben sich die Berge im Cuilcagh
bis 667 in. Die Mitte nimmt der Erne (s. d.) mit
seinen Seen ein. Der Voden ist ziemlich frucktbar
und im nördl. Teile besser, in den kleinen Pachtun-
gen des Südens aber mangelhaft bebant. Hafer,
Gerste, Weizen, Flachs und Kartoffeln sind die
Hauptgegenstände des Ackerbaues. Kohle, Eisen
und Marmor sind in kleinern Mengen vorhanden.
In den Verggegenden wird viel Vieh gezogen, auch
für die Ausfuhr. Fleisch, Milch, Butter und Käse
genügen dem Bedarf; allgemein verbreitet ist die
Leinweberei. Wohlstand findet fich fast nur bei der
prot. Bevölkerung, während die katholische in tiefster
Armut lebt. 1892 wanderten 775 Personen aus.
Rechts vom Erne zieht eine Eisenbahn, die eine zweite
Linie bei Ennivkillen kreuzt. F. sendet zwei Mitglieder
in das Parlament; Hauptstadt ist Enniskillen (f.d.).
Format (spr. -mah), Pierre de, franz. Mathema-
tiker, geb. 1601 zuVeaumont-de-LomagnebeiMont-
auban, geriet schon in feiner Jugend mit seinem
Freunde Pascal anf eine sehr sinnreiche Betrach-
tung der Figurierten Zahlen (s. d.), auf die er fpäter
feine Wahrscheinlichkeitsrechnung baute, als deren
Schöpfer er betrachtet werden kann. Die Parabel
quadrierte er auf eine viel einfachere Weise als
Archimedes. Sein Verfahren, die größten nnd
kleinsten Ordinaten der krummen Linien (Maxima
und Minima) zu finden, entsprach völlig der Me-
thode der damals noch unbekannten Differential-
rechnung. Mit Descartes kam er in heftige Strei-
tigkeiten, als er dessen Geometrie und Optik und
diefcr dagegen F.s Theorie äo inaximiL und inini-
mi3 nicht gelten lassen wollte. Nach neuern For-
fchungen hat man feine wichtigsten Entdeckungen in
die I. 1636-41 zu fetzen. Er starb 12. Jan. 1665
als Rat des Parlaments von Toulouse. Eine
Sammlung feiner Werke erfchien nach feinem Tode
(2 Bde., Touloufe 1679); eine neue Ausgabe der-
selben besorgen auf Veranstaltung des Unterrichts-
ministeriums Tannery und Charles Henry (Paris,
seit 1891). - Vgl. Genty, I.'inüu6nc6 äe IV sur
L0n 8ieci6 (Orleans 1784).
Fermate (ital. lei-inata, "Stillstand"), Te-
nute, Nuhepunkt oder Ruhezeichen, in der
Musik ein Zeichen (^), durch welches angedeutet
wird, daß die betreffende Note oder Paufe länger
auszuhalten ist, als es nach deren wirklichem Werte
der Fall sein würde. Über der Schlußnote stehend,
giebt die F. das Ende des Musikstücks an. Oft
wird sie auch kurz vor den Schlüssen von konzertie-
renden Sätzen oder Abschnitten angebracht, womit
der Komponist gewöhnlich den Sängern oder Spie-
lern einen Wink giebt, frei empfundene oder von
ihm vorgezeichnete Verzierungen und Phantasien
(Kadenzen) sorgfältig auszuführen.
I'erins (frz., fpr. färm; vom lat. ürnni8), Pach-
tung, Pachtvertrag, Pachtgut, Meierei; I?6lin68 äu,
roi (spr. färm dü röä), in Frankreich ehedem tönigl.
Finanzpachten; ^6i-m68, die Verwaltnngsbehörde
derfelben, das königl. Finanzpachtamt.
I'erinVnta.rii, f. Äzymiten.
Fermentation (lat.), soviel wie Gärung (s. d.).
Fermente (lat.), organische Substanzen, die an-
dere organifche Verbindungen chemifch zu verän-
dern, namentlich zu spalten vermögen, ohne dabei
selbst wesentliche Umwandlungen zu erleiden. Es
genügt daher meist eine verhältnismäßig geringe
Menge des Ferments zur Zersetzung sehr großer
Mengen der andern Substanz. Obgleich man einige
chem. Prozesse genau kennt, die in diesen Be-
ziehungen den Fermentwirtungen ganz ähnlich ver-
laufen, wie z. B. die Umsetznng großer Mengen
von Alkohol durch Schwefelsäure in Wasser und
Zither, so sind die Vorgänge doch im allgemei-
nen noch recht dunkel, und zahlreiche aufgestellte
Hypothesen haben die Frage kaum gefördert, son-
dern höchstens, wie die Annahme einer Katalyti-
schen Kraft (s. d.) und Kontaktwirkung der F., um-
fchrieben. Die durch die F. bewirkten Zerfetzungen
werden Gärungsersch^inungen, die durch sie
zersetzten organischen Stoffe gärungsfähige
Körper genannt. Die F. sind entweder lebende
Wesen (organisierte F.) oder von Pflanzen und
Tieren produzierte in Wasser lösliche chcm. Verbin-
dungen von nicht genau bekannter Konstitution, die
löslichen F. oder Enzyme oder Zymosen.
Die organisierten F. sind ausnahmslos ein-
zellige Organismen: Spaltpilze, Schizomyceten,Bak-
tericn, Saccharomyceten^s. diese Artikel). Wenn sie
zu den gärungsfähigen Stoffen gelangen und diese
genügende Quantitäten von Wasser und andern
namentlich unorganischen Nährsubstanzen (salpeter-
faure und phosphorfaure Salze) enthalten, fo be-
wirken sie die Gärungsvorgänge, indem sie sich leb-
haft vermehren. Diese Übertragung der organisier-
ten F. kann durch direkte Zuführung einer kleinen
Menge von schon in dem betreffenden Gärungs-
vorgange befindlicher Substanz (Impfung) oder
auch durch die Luft geschehen, welche die F. felbst
oder ihre Keime als staubfö'rmige Bestandteile ent-
hält. Substanzen, die, fich felbst überlassen, in Gärung
übergehen, verlieren diefe Fähigkeiten dnrch Tötung
der in ihnen angesiedelten organisierten F., z.B.
durch längeres Erhitzen auf höhere Temperaturen,
60-100", sie werden dadurch sterilifiert. Läßt
man dann die Luft ungehindert hinzutreten, so be-
ginnen alsbald die Gäru^gsvorgänge wieder, un-
terbleiben aber, wenn die l^terilisierung in luftdicht
oder nur durch Baumwollpfropfen verfchlossenen
Gefäßen vorgenommen wird. Durch die letztern
kann die Luft zwar an sich ungehindert zu dem gä-
rungsfähigen Körper hinzutreten, läßt aber in dem
Aaumwollpfropfen alle Staubteilchen und da-
mit auch die F. zurück, die nun nicht mehr zur gä-
rungsfähigen Substanz gelangen. Die Art der Zer-
setzung der letztern hängt von der fpecififchen Natur
der F. ab. So fpaltet z. V. der sich durch Spros-
sung vermehrende Hcfepilz (Z^ociiHrom^ceZ c6i-6-
visiae ^/c?/en und 8liecil3.i'0m^68 vini H/s?/6n) ge-
lösten Traubenzucker in Äthylalkohol und Kohlen-
fäure; ein in faulenden Eiweihstoffen vorkommender
Spaltpilz denfelben Zucker in Milchfäure, ein anderer
wandelt ihn in Schleim um; das Buttersäureferment
fpaltet die Milchfäure in Vutterfäure, Kohlensäure
und Wasserstoff. Die Fäulnisfermente, gewisse Bak-
terien, zerfetzen namentlich die Eiweihstoffe in zahl-
reiche Produkte (f. Fäulnis und Verwesung). Wäh-
rend alle diefe F. anscheinend nur Spaltungen,
zuweilen unter Mitwirkung des Wassers, hervor-
rufen, bewirken andere die Übertragung des Luft-
fauerftoffs auf den gärungsfähigen Körper und
Wirten daher stark oxydierend. Hierher gehören das
Essigferment, LactLi-inin ^ceti ^c>/)/, das Wein-
geist zu Essigsäure und Wasser oxydiert. Auch die
Erreger cpidemifchcr, ansteckender, feptifcher Krank-
heiten gehören zweifellos zu den organisierten F.
Von ihnen hat man neuerdings den Tuberkelbacillus,
den Cholerabacillus u. a. genau kennen gelernt.