Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

702
Festigkeit
^auch absolute F. genannt) in Anspruch genom-
men; stellt man ihn auf eine horizontale Unterlage
und belastet ihn von oben, so widersteht er der Zer-
störung, wenn seine Höhe kleiner ist als das Fünf-
fache des Durchmessers, durch seine Druckfestigkeit
(rückwirkende F.).
Um die Zugfestigkeit zu bestimmen, verfertigt !
man aus den zu prüfenden Materialien cylin-
drische oder prismatische Stücke mit etwas ver-
stärkten Enden, bringt sie mieden letztern in die
Einspannvorrichtungen der Festigkeitsprüfung^- !
Maschine ein und setzt sie so lange einem immer!
wachsenden Druck aus, bis sie zerreißen. Dabei!
erhält man durch eine an der Maschine befind-
liche Zeichenvorrichtung ein Diagramm (f. Graphi-
sche Darstellung), bei dem die Längenänderungen
als Abfcissen, die zur Hervorrufung derselben not-
wendigen Kräfte als Ordinaten erscheinen und aus
dem man zu jeder Kraft die zugehörige Längen-
änderung abnehmen, ferner den Elasticitätsmodul,
die Proportionalitätsgrenze, den Trag- und Vruch-
modul u. s. w. ermitteln, überhaupt über das ganze
Verhalten des Materials ziehenden Kräften gegen-
über Aufschluß erhalten kann. Derartige Versuche
sind mit den wichtigsten Materialien durch Festig-
keits Prüfung smafch inen (f.Materialprüfungs-
maschinen) angestellt worden und haben zur Zu-
sammenstellung bestimmter ZMenwerte für oben ge-
nannte Größen geführt (s. die Tabelle S.703). Aus
den Untersuchungen zeigt es sich, daß Körper gleicher
Natur, z. B. ein und dasselbe Metall, unter ver-
schiedenen Umständen ganz verschiedene Werte er-
gaben, was offenbar nur daher rühren kann, daß
die scheinbar gleichartigen Körper im Innern doch
nicht gleichartig waren. Wenn man z. B. nach der
F. des Kupfers fragt, so kommt es ganz darauf an,
in welchem Physik. Zustande sich das Kupfer befindet.
Die F. wird eine andere fein, wenn das Metall ge-
gossen ist, eine andere, wenn es zu Draht gezogen,
und noch eine andere, wenn es gehämmert ist; auch
ist es von Einfluß, ob das betreffende Metall
chemisch rein ist oder Beimengungen enthält. Ohne
Zweifel ist in allen diesen Fällen die Lagerung der
kleinsten Teilchen im Innern eine andere, ein Um-
stand, über welchen man von vornherein keine ge-
naue Kenntnis haben kann, weshalb man auch da-
von absehen muß, für Körper, die gleichen Namen
tragen, unter allen Umständen auch die gleiche F.
voraussetzen zu dürfen. Man muß namentlich bei
den Metallen die erwähnten Zustände unterscheiden,
wenn man in der Beurteilung der F. nicht allzu-
weit fehlgreifen will.
Was ferner die Änderungen der F. bei einem
und demfelben Körper betrifft, wenn die äußere
Form desselben sich ändert, so lassen sich darüber
schon eher allgemeine Gesetze aufstellen, wenngleich
diese auch nur innerhalb gewisser Grenzen Gültig-
keit haben. Da die Zugfestigkeit nur von der stärke
des Zusammenhangs zwischen den kleinsten Teilchen
abhängt, so muß, wenn man nach der F. eines Kör-
pers von gewissen Dimensionen fragt, dieselbe um
so größer sein, je mehr solcher Teilchen aneinander
haften. Handelt es sich demnach um die F. zweier
Stäbe von verschiedener Dicke, so wird der dickere
dem Zerreißen einen größern Widerstand entgegen-
setzen als der dünnere, und zwar gerade doppelt so
viel, wenn sein Querschnitt doppelt so groß ist als
der des letztern; die Bruchbelastungen von Stäben
aus Material gleicher Natur verhalten sich demnach
wie die Querschnitte. Neuere genaue Versuche haben
aber gezeigt, daß sich dieses Gesetz nicht unter allen
Umständen bewahrheitet. Es ergab sich, daß bei
dünnen gezogenen Metalldrähten oder Stäben der
Bruchmodul für Zug größer ist als bei dicken. Dies
hat seinen Grund in der Art und Weife, wie solche
verschiedenartige Metallstäbe oder Drähte hergestellt
werden. Werden nämlich die Metalle im Drahtzuge
ausgezogen, so erleiden die Teile an der Oberfläche
einen hohen Grad von Zusammendrückung; dadurch
werden die äußern Teilchen näher zusammengerückt
als die innern und erlangen infolgedessen auch eine
größere Kohüsion. Sind die Drähte sehr dünn, so
tritt natürlich der innere weniger feste Kern gegen
die äußere Hülle mehr zurück als bei dicken Drähten,
und jene müssen natürlich auch im Verhältnis fester
sein. Dieser Umstand ist wohl zu beachten, wenn
man aus der durch Versuche bestimmten F. eines
dünnen Drahts die F. einer stärkern Metallmasse
nach dem oben angegebenen Gesetze berechnen will.
Ferner haben die Versuche gezeigt, daß die Zeit,
innerhalb welcher die Inanspruchnahme bis zum
Zerreißen stattfindet, von wesentlichem Einfluß auf
die Größe der Bruchbelastung wird, so zwar, daß
letztere größer ist, wenn das Zerreißen rasch erfolgt,
als wenn es langsam vor sich geht.
In betreff der Hölzer, deren F. in der Praris
ebenfalls sehr in Betracht kommt, finden ebensolche
Verschiedenheiten statt wie bei den Metallen. Im
allgemeinen läßt sich darüber etwa Folgendes sagen.
Das Holz, welches unmittelbar am Mark des
Stammes liegt, ist das schwächste, und zwar bei alten
Bäumen weit mehr als bei jungern. Auch dl.'r
Splint, der zunächst unter der Rinde liegt, ist we-
niger fest als der übrige Teil. Das Holz aus der
Mitte des Stammes ist stärker als in der Nähe der
Astknoten oder an der Wurze^, und das Holz der
Aste ist schwächer als das des Stammes. Bei allen
Bäumen, welche in unsern europ. Klimatcn wachsen,
ist das Holz auf der Nordfeite am schwächsten, das
auf der Südseite am festesten. Das Herz des Baums
liegt nie in feinem Mittelpunkte, sondern stets näher
an der Nordseite, auf welcher auch die Jahresringe
dünner werden; daher nimmt man meistens an, daß
das Holz fester ist, dessen Jahresringe dicker sind.
Endlich ist alles grüne Holz fester als dasjenige, wel-
ches schon einige Zeit geschlagen ist. - Seile oder
Bänder wie überhaupt alle ähnlichen Gegenstände,
welche aus organifchen Fafern durch Spinnen oder
Flechten hergestellt werden, sind ihrer Zugfestigkeit
nach ebenfalls sehr veränderlich, und man kann des-
halb nicht im allgemeinen von der F. der Hanffeile
u. dgl. fprechen. Übt schon der Boden, auf welchem
die betreffenden Wanzen gewachsen sind, und die
Art, wie die Fasern bearbeitet wurden, einen be-
deutenden Einfluß aus, so kommt bei dem fertigen
Seile noch der Grad der Drehung und die äußere
Beschaffenheit hinzu. Eine zu starke Drehung so-
wie Feuchtigkeit beeinträchtigt die F. der Taue.
Daher finden wir in den betreffenden Festigkeits-
bestimmungen Unterschiede von 450-800 K3 pro
Quadratcentimeter Querschnitt.
Die Druckfestigkeit erscheint auf den ersten An-
blick als das Gegenteil der Zugfestigkeit, da hier so-
wohl die äußern Kräfte wie die widerstehenden in-
nern im entgegengesetzten Sinne wirken als bei Zug.
Allein die absolute Größe der Druckfestigkeit läht
sich keineswegs nach der Größe der Zugfestigkeit be-
messen, da eine Trennung nicht durch ein einfaches