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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Fichte; Fichte

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Fichte (Imman. Herm. von) – Fichte (Joh. Gottlieb)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Fichte'

fichte ( Picea pendula Carr. ) mit lang herabhängenden Ästen 2. und 3. Ordnung (hierher gehört auch die schwed. Picea viminalis Alstr. ), Schwarzfichte mit dunkeln Nadeln, etwas dunklerm und festerm Holze, straffen Ästen, die erst 8‒14 Tage später ihre Winterknospen öffnet, daher weniger von Spätfrösten leidet, als die sog. Weißfichte mit leichterer Benadelung, schlaffern Ästen und weicherm, weißerm Holze. In den Alpen wird die auch im Böhmerwald vorkommende sog. Haselfichte auch Weißfichte genannt, sie zeigt wellenförmigen Verlauf der Jahresringe und ist daher auf Radial- und Sehnenschnitt geflammt. Andere Varietäten sind die Karpatenfichte ( carpathica Loudon ), sibirische F. ( obovata Ledeb. , altaica Teplouchow ). Diese und andere Varietäten werden in Gärten nicht selten als besondere Arten angepflanzt. Von fremdländischen Arten der Gattung Picea sind hauptsächlich zu nennen: schwarze F. ( Picea nigra Lk. , Mariana Mill. ), ein schöner Baum mit kegelförmiger Krone, dunkelgrünen dicht stehenden Nadeln und kleinen Zapfen, heimisch im engl. Nordamerika und im Osten der Vereinigten Staaten südlich bis Nordcarolina; rote F. ( Picea rubra Lk. , americana Gaertn. ), unserer F. sehr ähnelnd, unterscheidet sich von ihr durch die an der Oberseite mehr oder weniger blaugrünen Nadeln, erreicht auch nie die Höhe der gemeinen F., heimisch wohl nur im engl. Nordamerika; weiße F. ( Picea alba Mich. , laxa Ehrh. ) mit graugrünen, bisweilen blaugrünen, nicht sehr dicht stehenden Nadeln, heimisch in den Vereinigten Staaten und im engl. Nordamerika. Namentlich nigra und alba findet man oft in Gärten angepflanzt, ebenso die aus Kleinasien stammende morgenländische F. ( Picea orientalis L. ), die sich durch sehr dicht gestellte kurze dunkle Benadelung auszeichnet; seltener findet man die im norddeutschen Klima durch harte Winter leidende Smiths Fichte ( Picea Smithiana Wall. ), die in ihrer Heimat, dem Himalajagebirge, zu einem schönen, schlanken Baum mit etwas überhängenden Ästen erwächst.

Fichte, Imman. Herm. von, Philosoph, Sohn von Joh. Gottlieb F., geb. 18. Juli 1796 zu Jena, studierte in Berlin Philologie, widmete sich jedoch, angeregt durch die spätere Philosophie seines Vaters, auch philos. Studien, die er fortsetzte, als er erst in Saarbrücken, dann als Gymnasialprofessor in Düsseldorf im Schulfache thätig war. 1835 wurde er außerord., 1839 ord. Professor der Philosophie in Bonn, 1842 in Tübingen; 1863 zog er sich ins Privatleben nach Stuttgart zurück, wo er 8. Aug. 1879 starb. F. sucht den idealistischen Monismus mit dem realistischen Individualismus (Hegel und Herbart) zu einem «ethischen Theïsmus» zu verschmelzen, indem er die endliche Welt für ein System von beharrlichen, innerlich aufeinander bezogenen «Realen» (Monaden, Urpositionen) erklärt, diese ordnenden Beziehungen aber aus einem «zwecksetzenden Princip», als «absolute Persönlichkeit» gedacht, abzuleiten sucht, so daß die einzelnen Seelen, wie sie theoretisch die Kraft ihres Bewußtseins nur aus dem göttlichen Urbewußtsein ziehen, so auch in ihrem praktischen Verhalten den Grund der sie verknüpfenden Liebe nur in der göttlichen Liebe haben. F.s Lehre bildet den Versuch, die Leibnizsche Metaphysik mit der ethischen Teleologie der nachkantischen Philosophie zu vereinigen. Abgesehen von Gelegenheitsschriften und zahlreichen Abhandlungen in der von ihm seit 1837 ↔ herausgegebenen «Zeitschrift für Philosophie und spekulative Theologie» (Bonn und Tüb. 1837‒46; fortgesetzt als «Zeitschrift für Philosophie und philos. Kritik» in Verbindung mit Ulrici und Wirth, Halle 1847 fg.) sind seine philos. Schriften: «Sätze zur Vorschule der Theologie» (Stuttg. 1826), «Beiträge zur Charakteristik der neuern Philosophie» (Sulzb. 1829; 2. Aufl., als völlig neues Werk zu betrachten, ebd. 1841), «Grundzüge zum System der Philosophie», Abteil. 1: «Das Erkennen als Selbsterkennen» (Heidelb. 1833), «Religion und Philosophie in ihrem gegenseitigen Verhältnis» (ebd. 1834), «Die Idee der Persönlichkeit und der individuellen Fortdauer» (Elberf. 1834; 2. Aufl., Lpz. 1856), «Über die Bedingungen eines spekulativen Theïsmus» (Elberf. 1835), «Grundzüge zum System der Philosophie», Abteil. 2: «Ontologie» (Heidelb. 1836) und Abteil. 3: «Die spekulative Theologie» (ebd. 1846), «System der Ethik» (2 Bde. in 3 Tln., Lpz. 1850‒53), «Anthropologie» (ebd. 1856; 3. Aufl. 1876), «Psychologie» (2 Tle., ebd. 1864 u. 1873), «Die Seelenfortdauer und die Weltstellung des Menschen» (ebd. 1867), «Vermischte Schriften zur Philosophie, Theologie und Ethik» (2 Bde., ebd. 1869), «Die theïstische Weltansicht und ihre Berechtigung» (ebd. 1873), «Fragen und Bedenken über die nächste Fortbildung deutscher Spekulation» (ebd. 1876), «Der neuere Spiritualismus, sein Wert und seine Täuschungen» (ebd. 1878), «Spiritualistische Memorabilien» (in den «Psychol. Studien», ebd. und Neuyork 1879).

Sein Sohn, Eduard von F., Generalarzt und Abteilungschef im Kriegsministerium an der Spitze des württemb. Militär-Sanitätswesens, geb. 24. März 1826, hat sich auf dem Gebiete der militärärztlichen Organisation vorteilhaft bekannt gemacht. Außer in Fachzeitschriften erschienenen chirurg. Arbeiten schrieb er «Joh. Gottlieb F. Lichtstrahlen aus seinen Werken und Briefen» (Lpz. 1863).

Fichte, Joh. Gottlieb, Philosoph, geb. 19. Mai 1762 zu Rammenau bei Bischofswerda in der Oberlausitz, besuchte Schulpforta und studierte zu Jena und Leipzig Theologie. Er war 1788‒90 Hauslehrer in Zürich, wo er Pestalozzis Freund war, kam dann nach Leipzig und 1792 nach Königsberg, wo er Kant persönlich nahe trat und ihm einen «Versuch einer Kritik aller Offenbarung» unterbreitete, der (Königsb. 1792) anonym erschien und für eine Schrift Kants gehalten wurde. Dies zog die Aufmerksamkeit auf ihn und verschaffte ihm 1793 eine Professur der Philosophie in Jena. Seine außerordentlich anregende Wirksamkeit unterbrach der sog. «Atheïsmusstreit». Wegen eines Aufsatzes «Über den Grund unsers Glaubens an eine göttliche Weltregierung» von dem kurfürstlich sächs. Konsistorium atheïstischer Lehren beschuldigt, wurde er in eine Untersuchung verwickelt, die bei der aufgeklärten Weimar. Regierung keine nachteiligen Folgen für ihn gehabt haben würde, wenn er nicht mit Niederlegung seiner Stelle gedroht hätte, worauf er 1799 seine Entlassung erhielt. F. verteidigte sich in der «Verantwortungsschrift gegen die Anklage des Atheïsmus» (Jena und Lpz. 1799), lehrte eine Zeit lang in Berlin und wurde 1805 Professor in Erlangen, mit der Erlaubnis, den Winter in Berlin zuzubringen. Während des Französisch-Preußischen Krieges ging er nach Königsberg, wo er kurze Zeit Vorlesungen hielt; nach dem Frieden aber kehrte er nach Berlin zurück und wurde 1809 bei der neu-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 768.