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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Flaggen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Flaggen'

z. B. in Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Portugal, Brasilien und Chile, einander gleich sind.

Wenn Schiffe sich in See begegnen, so zeigen sie gewöhnlich ihre Flagge; dies gilt als internationale Höflichkeit. Das Streichen oder Niederholen der Flagge ist die größte Ehrenbezeigung, die ein Schiff dem andern erweisen kann. Wenn ein Kauffahrteischiff ein Kriegsschiff durch ein dreimaliges Auf- und Niederholen der Flagge begrüßt, so erwidert dies den Gruß durch einmaliges Dippen, d. h. kurzes Niederholen. Dieser Gruß wird unter Kriegsschiffen nur selten und dann nur gleichzeitig gewechselt. Das einseitige Streichen der Flagge eines Kriegsschiffe vor einem andern im Kampfe bedeutet die Übergabe des erstern. Kommen Kriegsschiffe in einen fremden Hafen, so begrüßen sie das Land mit 21 Kanonenschüssen, und um zu markieren, wem der Gruß gilt, wird im Großtopp, d. h. an der Spitze des mittelsten Mastes, die betreffende Nationalflagge geheißt. Deshalb führen die Kriegsschiffe die Flagge der Länder, mit denen sie voraussichtlich in Berührung kommen, mit sich.

Nach Art. 55 der deutschen Reichsverfassung führt die Kriegs- und Handelsflagge die Farben schwarz-weiß-rot. (Hierzu Tafel: Flaggen der Seestaaten.) Nähere Vorschriften über erstere ergingen durch Verordnung vom 4. Juli 1867, über letztere vom 20. Okt. 1867. Die Handelsflagge ist ein längliches Rechteck, bestehend aus drei gleichen breiten horizontalen Streifen in den deutschen Farben, die Höhe beträgt zwei Drittel der Länge; die Flagge ist anzubringen am Heck oder hintern Mast; besondere Abzeichen oder Wimpel wie bei der Kriegsmarine sind verboten. Diese Flagge zu führen sind nur die registrierten Schiffe (s. Schiffsregister) berechtigt, diese aber zugleich verpflichtet. Die Flagge ist das äußere Zeichen der deutschen Nationalität, bewirkt somit die Pflicht des Gehorsams und giebt den Anspruch auf Schutz durch die deutsche Staatsgewalt; sie muß geführt werden, sobald der Eintrag ins Schiffsregister erfolgt und das Certifikat (s. d.) hierüber ausgehändigt worden ist. Einregistrierung und Certifikat können auch ersetzt werden durch ein Flaggenattest (s. d.). Einzelstaatliche F. auf See zu führen, ist deutschen Schiffen verboten. Schiffe, welche zur Führung der deutschen Flagge verpflichtet wären, dies aber unterlassen, haben keinen Anspruch auf deutschen Schutz; Schiffe, welche unberechtigterweise unter deutscher Flagge fahren, sind zum Einziehen derselben zu veranlassen, außerdem trifft den Führer Geldstrafe bis 1500 M. oder Gefängnisstrafe bis 6 Monate, endlich kann das Schiff zu Gunsten des Reichsfiskus konfisciert werden. Die Überwachung dieser Vorschriften liegt im Inland den Polizeibehörden, im Ausland den Konsuln, unter Umständen mit Hilfe der Kommandanten der kaiserl. Marine ob.

Die Kriegsflagge des Deutschen Reichs (s. Tafel: Flaggen der Seestaaten) ist weiß, von einem schwarzen Kreuz durchteilt, in dessen Mitte sich der preuß. heraldische Adler befindet. Oben in der innern Ecke sind die Reichsfarben in Horizontalstreifen und in ihnen das Eiserne Kreuz.

Nach einer Verordnung vom 8. Nov. 1692 ist die deutsche Reichsflagge wesentlich abgeändert worden (vgl. die Tafeln: Flaggen der Seestaaten und Flaggen des Deutschen Reichs, Bd. 5, S. 154): Die Bundesflagge in der durch Verordnung vom 26. Okt. 1867 für die Schiffe der deutschen Handelsmarine festgestellten Form bildet die ↔ deutsche Nationalflagge. Die deutsche Kriegsflagge ist (vorbehaltlich der unterm 2. März 1886 erlassenen Vorschriften für Privatfahrzeuge der deutschen Fürsten) von der kaiserl. Marine und von den unmittelbaren Reichsbehörden und Anstalten des deutschen Heers zu führen. Zum Gebrauche solcher Reichsbehörden, die nicht die deutsche Kriegsflagge führen, dient vom 1. April 1893 an die Reichsdienstflagge. Diese besteht aus der deutschen Nationalflagge mit einem in der Mitte des weißen Feldes angebrachten, die dienstliche Bestimmung und den Verwaltungszweig kenntlich machenden Abzeichen. Abzeichen sind:

  • 1) im Bereiche des Auswärtigen Amtes, einschließlich der kaiserl. Behörden und Fahrzeuge in den deutschen Schutzgebieten, der Reichsadler mit der kaiserl. Krone;
  • 2) im Bereiche der kaiserl. Marine, sofern dort nicht die Kriegsflagge zu führen ist, ein gelber unklarer Anker mit der kaiserl. Krone darüber;
  • 3) im Bereiche des Reichspostamtes ein gelbes Posthorn mit der kaiserl. Krone darüber;
  • 4) im Bereiche der übrigen Verwaltungszweige die kaiserl. Krone.

Zur Führung der Reichsdienstflagge sind nur die Behörden des Reichs berechtigt. Außerdem haben solche deutsche Schiffe, die ohne im Eigentum des Reichs zu stehen, im Auftrage der Reichspostverwaltung die Post befördern, so lange sie die Post an Bord haben, neben der Nationalflagge als besonderes Abzeichen die Reichspostflagge im Großtopp zu heißen. Für dieselbe Zeit sind diese Schiffe berechtigt, die Reichspostflagge als Gösch auf dem Bugspriet zu führen. Es ist nicht gestattet, eine der Standarten des Kaisers, der Kaiserin und des Kronprinzen des Deutschen Reichs zu führen. Auch ist es nicht gestattet, ohne Ermächtigung die deutsche Kriegsflagge, die in der kaiserl. Marine eingeführten Kommando- und Unterscheidungszeichen, Göschen und Wimpel sowie die Reichsdienstflagge zu führen. Beim Gebrauch der deutschen Nationalflagge ist zu beachten, daß der schwarze Streifen oben liegen muß. Die übrigen, in der neuen Verordnung nicht besonders erwähnten F. u. s. w. der Tafel: Flaggen des Deutschen Reichs sind unverändert geblieben d. h. an Stelle der Abbildungen 3 und 6 der genannten Tafel tritt vom 1. April 1893 die neue Reichspostflagge, an Stelle der Abbildungen 5 und 7 tritt die Marinedienstflagge und an Stelle der Abbildungen 9 und 10 tritt die Dienstflagge für die übrigen Reichsbehörden (s. Tafel: Flaggen der Seestaaten).

Jedes Kriegsschiff setzt vor Anker an Sonn- und Feiertagen die Gösch (s. d.) an einem Flaggstock am Bugspriet. Die Standarten, Kommando- und Unterscheidungszeichen werden bei Tag und bei Nacht gesetzt. Jedes in Dienst befindliche Kriegsschiff und dessen Boote sowie die Küstenbefestigungen, Marineanstalten, die obersten Reichsbehörden, Gesandtschaften und Konsulate des Reichs führen die Kriegsflagge während des Tags. (S. Flaggenparade.) Die Lootsen- und Arbeitsfahrzeuge der Marine führen die Marinedienstflagge; die Zollfahrzeuge und Fahrzeuge der übrigen Reichsbehörden führen die Reichsdienstflagge mit der Krone. Die Gösch ist überall, wo eine Reichsdienstflagge geführt wird, gleich dieser Flagge. Im Großtopp wird die Reichsdienstflagge (mit Adler und Krone) gesetzt, wenn sich die Ersten Bürgermeister der Hansestädte, Gesandte oder außerordentliche Bevollmächtigte an Bord befinden. Der Gouverneur

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 864.