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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Forderungsrecht
zelnen. Aber auch bei einer Vereinigung zu einzelnen !
Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung
sind die Gesellschafter nach dem Deutschen Handels- ^
gesetzbuch Dritten gegenüber solidarisch berechtigt, !
wenn ein Teilnehmer im Namen der übrigen, oder !
alle Teilnehmer gemeinschaftlich oder durch einen >
gemeinsamen Bevollmächtigten kontrahiert haben. ^
Ebenso tritt nach den erst angefübrten Rechten!
eine Teilung auf feiten der mehrern Schuldner
ein. Das Deutsche Handelsgesetzbuch Art. 280 be-
stimmt: "Wenn zwei oder mehrere Personen einem
andern gegenüber in einem Geschäft, welches auf
ihrer Seite ein Handelsgeschäft ist, gemeinfchaftlich
eine Verpflichtung eingegangen sind, so sind sie als
Solidarschuldner zu betrachten, sofern sich nicht aus
der Übereinkunft mit dem Gläubiger das Gegenteil
ergiebt." Eine entsprechende Bestimmung hat das
Preuß. Allg. Landr! §Z. 424, 425 für das bürger-
liche Recht; die Schuldner haften einer für alle und
alle für einen.
Ist die Leistung unteilbar, so braucht nach ge-
meinem Recht und nach Osterr. Vürgerl. Gesetzb.
§. 890 der Schuldner einem der mebrern Gläubiger
allein nur zu leisten, wenn ihm Sicherheit gegen
die übrigen gegeben wird. Nach dem Deutschen
Entwurf H. 339 darf der Schuldner nur an alle
Gläubiger gemeinschaftlich leisten, jeder Gläubiger
in die Leistung an alle zu fordern berecktigt. Nach
Preuß. Allg. Landrecht gilt dieselbe Regel wie bei teil-
barer Forderung. Nach den übrigen Rechten kann
seder einzelne Gläubiger das Ganze fordern, doch
wird der Schuldner durch einmalige Leistung allen
gegenüber befreit. Nach allen Rechten kann bei un-
teilbarer Leistung von jedem einzelnen Schuldner
das Ganze mit der Wirkung gefordert werden, daß
er durch feine Leistung die übrigen befreit. Die
Auseinandersetzung zwischen den mebrern Gläu-
bigern und den mehrern Schuldnern erfolgt nach
dem zwischen ihnen bestehenden RechtsverWltnis.
Eine Gesamtforderung oder eine Gesamtschuld
kann auch durch das die Schuld begründende Rechts-
geschäft festgestellt werden. (E. Korrealobligation.)
über die Begründung einer Forderung durch un-
erlaubte Handlung sunrechte That) s. Arglist und
Delikt. Eine der Haftung aus einem Delikt ent-
sprechende, unter Umständen erweiterte Haftung
wird durch eine arglistige und grobfabrlässige, in
der Regel durch jede schuldhafte Handlung odcr
Unterlassung des Schuldners begründet, welche die-
fem bezüglich der bereits aus einem andern Nechts-
grund erwachsenen Forderung zuzurechnen ist, so
z. V., wenn der Käufer die verkaufte Ware vor
der Ablieferung beschädigt. Der Gläubiger braucht
bier nicht aus dem Delikt, sondern er taun auch
wegen der erweiterten Haftung aus dem ursprüng-
lichen Nechtsgrunde, z. B. dem Kauf, klagen. Von
einer solchen Haftung für böse Absicht und grobe
Fabrlässigkcit kann sich der Schuldner in Vertrags-
verbältnissen auch nicht durch eine in: voraus ge-
troffene Abrede befreien. Das pactnm ns äowz
pi-HeLtstul ist ungültig.
Diefe beiden Entstehungsgründe, Vertrag und
Delikt, haben das Gemeinschaftliche, daß sie eine
Schuld schlechthin begründen. Der Schuldner hat
aus seinem Versprechen oder aus seiner Verschul-
dung dafür einzusieden, daß der Gläubiger das-
jenige erhält, was er zu fordern hat. Mit dieser
persönlichen Haftung nahmen es die Rechte früherer
Gcschichtspcrioden sebr ernst. Der Schuldner, wel-
cker die schuld nicht zahlte, konnte von dem Gläu-
biger in Echuldknechtschast genommen und als Un-
freier verkauft werden, sowohl nach altem röm.
als nach altgerman. Neckt. Davon blieb bis in
unsere Zeit die für Deutschland erst durch Gesetz des
Norddeutschen Bundes vom 29. Mai 1868 (dl^ch
die Rei^sverfassung auf das ganze Reich ausge-
dehnt) beseitigte Schuldhaft übrig. Heute kann, ab-
gesehen von einem auch gegen die Person zulässigen
Sicherungsarrest, nur noch die Zwangsvollstreckung
(s. d.) in das Vermögen des Schuldners vollzogen
werden. Damit aber der Schuldner zur Erfüllung
feiner Verbindlichkeiten wirkfam gezwungen werde,
haftet für diefe Art von Schulden sein ganzes Ver-
mögen, auch wenn die Forderung nicht auf Geld-
zahlung, fonoern auf Handlungen anderer Art,
Unterlassungen, Hergabe individueller oder der
Gattung nach bestimmter Gegenstände gerichtet ist.
Lassen sich Handlungen dieser Art nicht direkt er-
zwingen, so wandelt sich die Forderung des Gläu-
bigers in eine Forderung auf das Interesse (s. d.)
oder wenigstens auf den Sachwert um. Um dafür
von vornherein einen Maßstab zu gewähren oder
den Schuldner zu bestimmen, sich vor größern Nach-
teilen durch prompte Erfüllung zu bewahren, läßt
sich der Gläubiger häufig von vornherein eine Kon-
ventionalstrafe ls. d.) verfprechen.
Befreit wird der Schuldner von seiner Verbind-
lichkeit durch nachträglich eintretende Unmöglichkeit
is. d.) der Leistung.
Eine beschränktere Haftung des Schuldners als
für die eigenen Deliktfchulden und für die Schulden
aus eigenem Versprechen tritt in andern Fällen
ein, in denen die Haftung bedingt wird durch einen
Besitz, eine Innehabung, eine Bereicherung. Hier
berührt sich der Inhalt des F. mit dem Inhalt eines
Anspruchs aus dinglichem Recht gegen den gutgläu-
bigen Besitzer; wie sich umgelehrt der Anspruch aus
dinglichem Recht gegen den schlechtgläubigen Be-
sitzer mit der Echuldklage aus einem Delikt berührt.
Zunächst haftet der Erbe für Deliktfchulden seines
Erblassers nicht schlechthin, sondern nur mit der
Erbschaft; auch für Vcrtragsschulden des Erblassers
nur in diesem Umfang, soweit er das Inventarrecht
, ls. d.) hat. Sodann tritt die Haftung auf das, was
^ der Beklagte durch ein Geschäft erlangt hat, und
wenn er dies in Geld unigesetzt hat, auf das, was
5 er dadurch gewonnen und zur Zeit der Klage noch
, l"at, bei den Personen ein, welche sich wegen ihrer
Handlungsunfähigkeit durch das Geschäft schlecht-
! hin nicht verpflichten tonnten (Minderjährige, Ehe-
! frauen ohne Zustimmung des Ehemanns, Entmün-
! digte), oder wenn das Geschäft ans einem andern
^ Grunde ungültig und der Empfänger in gutem
^ Glauben war. Das sind Fälle der Kondiktionen.
(S. Bereicherung und Vereicherungsklage.)
Eine ähnliche beschränkte Haftung der Handlungs-
unfähigen wird durch solche, ihnen nicht zuzurech-
nende Handlungen begründet, welche, wenn sie von
einem Handlungsfähigen vorgenommen wären, sich
! als unerlaubte Handlung qualifizieren würden.
! Die Erbschaftsklage (s. d.) wird begründet durch
! den Besitz von erbfchaftlichen Gegenständen, welche
der Beklagte in dem Glauben innehat, er sei der
! Erbe. Hat er sie in gutem Glauben veräußert, so
! kann er auf Herausgabe dieser Sachen nicht mehr,
^ wohl aber auf die Bereicherung mit jener dinglichen
, Klage belangt werden. Dagegen ist die Vindikation
! (s. d.) nicht mehr begründet, wenn der Besitzer einer