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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Franklin (Sir John)
diese unterhaltende Aufsätze. Mißhelligkeiten, in
die er mit seinem Bruder geriet, bewogen ihn,
Boston zu verlassen und nach Philadelphia zu gehen.
Er begab sich 1724 nach London, wo er bis 1726
blieb. Nach seiner Rückkehr errichtete er in Phila-
delphia eine eigene Druckerei und trat zugleich mit
großem Erfolg als polit. Schriftsteller auf. Sein
Geschäft, das er durch einen Papierhandel erweiterte,
hatte glücklichen Fortgang, und durch die geschickte
Leitung einer Zeitung und eines Almanachs, die
er herausgab, wurde er in immer weitcrn Kreisen
bekannt. In dieser Zeit sing er auch an, sich mit
dem Studium der Physik, namentlich der Elektrici-
tät zu beschäftigen, das ihn in der Folgezeit zu der
Erfindung des Blitzableiters und des elettrifchm
Drachens führte und ihm die Ernennung zum Mit-
glied der I^0)'ll1 8oci6t^ in London und zum Dok-
tor der Universitäten Oxford und Edinburgh eintrug.
Gleichzeitig war er fortwährend in uneigennütziger
Weise für das Gemeinwohl thätig. Er gründete
eine Bibliothek in Philadelphia, entwarf den Plan
der Philos. Gesellfchaft in Amerika, wurde 1736
Sekretär des Kolonialparlaments von Pennsylva-
nien, 1737 Postmeister von Philadelphia, 1753
Generalpostmeister aller brit. Kolonien in Amerika.
1757-62 führte er in England als Vertreter des
Volks dessen Sache erfolgreich gegen die Eigentü-
merregierungen, die Steuerfreiheit für sich in An-
spruch nahmen.
Als infolge des Erlasfes der Stempelakte (s. d.)
in den Kolonien Unruhen ausgebrochen waren und
das Haus der Gemeinen in London alle Agenten
der Provinzen vor seine Schranken lud, um die
Beschwerden zu untersuchen, erschien 1766 auch
F. für Pennsylvanien und sprach mit Freimütig-
keit für die Sache der Kolonien. Der Erfolg war
die Zurücknahme der Etempelakte. Von dem
aufrichtigen Wunfch befeelt, den Bruch mit dem
Muttcrlande zu verhindern, wirkte er doch in un-
erschrockenster Weise für das Interesse der Kolonien
und machte sich dadurch bei der Regierung sehr miß-
liebig. Seines Postens enthoben und in Gefahr,
verhaftet zu werden, kehrte er 1775 nach Phila-
delphia zursck, wo zu jener Zeit der sog. Konti-
nentalkongreh (s. d.) versammelt war. Er wurde
sofort zum Mitglied desselben gewäblt und war
einer der Mitunterzeichner der Unabhängigkeits-
erklärung vom 4. Juli 1776. Noch in demselben
Jahre ging er als Gesandter der Vereinigten Staa-
ten nach Paris, und seiner Wirksamkeit ist haupt-
sächlich das Zustandekommen des Vertrags vom
6. Febr. 1778 mit Frankreich zuzuschreiben, das die
Unabhängigkeit der Kolonien anerkannte und ihnen
seine Hilfe in dem Kampf mit England zusicherte.
F. blieb bis zum Sept. 1785 Gesandter in Frank-
reich und unterzeichnete 20. Jan. 1782 mit den
engl. Kommissaren zu Paris die Prälimiuarien des
Friedens von Versailles, der seinem Vaterlande die
Unabhängigkeit zusicherte. Er bekleidete noch in
einem Alter von 78 I. die Stelle eines Präsidenten
des Rats von Pennsylvanien, war eins der hervor-
ragendsten Mitglieder des Verfassungskonvents von
1787 und starb 17. April 1790 in Philadelphia.
Mit ruhiger Klarheit durchschaute er die Verhält-
nisse des Lebens im Großen wie im Kleinen, und sein
edles Herz umfaßte das Wohl der ganzen Menfchhcit.
Unübertrefflich war er in der Kunst, die Lehren der
Moral zu entwickeln und sie in populären Darstel-
lungen aus die Pflichten der Freundschaft und der
Vrockhaus' Konvcrsations-Lexikon. 14. Aufl.. VII.
Humanität anzuwenden. In dieser Beziehung sind
hervorzuheben seine "Sprichworter des alten Hein-
rich, oder die Weisheit des armen Richard" (Philad.
1757), die das Muster einer Volksschrift sind.
D'Alembert bewillkommnete den Erfinder des Blitz-
ableiters und den Befreier feines Vaterlandes bei
feiner Aufnahme in die Französische Akademie mit
dem Hexameter: "Nri^nit coslo iulinen 806ptruin-
HU6 tvi'^niiiL" ("Er entriß dem Himmel den Blitz,
den Tyrannen das Scepter"). Auf Mirabeaus An-
trag legte bei feinem Tode die Nationalversamm-
lung in Frankreich Trauer auf drei Tage an. Für
seinen Grabstein bestimmte F. selbst folgende In-
schrift: "Hier liegt der Leib Benjamin F.s, eines
Buchdruckers (gleich dem Deckel eines alten Buchs,
aus welchem der Inhalt herausgenommen und der
seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist), eine
Speise sür die Würmer; doch wird das Werk selbst
nicht verloren sein, sondern (wie er glaubt) einst er-
scheinen in einer neuen schönern Ausgabe, durchge-
sehen und verbessert von dem Verfasser".
^cin einziger (unehelicher) Sohn, William F.,
geb. 1729 in Philadelphia, gest. 1813 in England,
hielt zum Schmerze des Vaters an England fest
und blieb als Gouverneur von Ncujersey in dessen
Diensten.
Ausgaben der Werke F.s haben William
Temple F., einer seiner Enkel (3 Bde., Lond.
1806 u. 1811), und vollständiger Sparks (10 Bde.,
Vost. 1840; neue Aufl. 1858) besorgt. Eine neue ver-
mehrte Ausgabe ist unter Leitung von John Vige-
low im Druck. - Unter den Lebensbeschreibungen
sind außer seiner Autobiographie (^6 I^it'o ok ^.,
ni'itwu I>x Iiim"o1k, hg. von Vigelow, 3 Bde.,
Philad.1874; 2. Aufl. 1888; deutsch Stuttg. 1875,
mit Vorwort von Berthold Auerbach und Einleitung
von Friedr. Kapp) zu nennen: die von W. Temple
F. (2 Bde., Lond. 1818-19), Sparks (Vost. 1856);
I. Parton, I.it6 anä timos ol 5'. (2 Bde., ebd.
1887); Mac Master, 1?. "3 a mau of iettm-s (Lond.
1888); I. T. Morse, Benjamin F. (Vost. 1889).
Franklin (spr. fränklln), Sir John, engl. Nord-
polfabrer, geb. 16. April 1786 zu Spilsby in Lin-
colnshire, trat 1800 als Midshipman in den Marine-
dienst, wohnte 1801 der Beschießung von Kopen-
hagen bei, begleitete 1803 Kapitän Flinders (s. d.)
nach der Südsee, litt aber an der Küste Australiens
Schifjbruch. 1805 war er Signalkadett des Bellero-
phon bei Trafalgar und geriet 1815 beim verun-
glückten Angriff auf Neuorleans in Gefangenschaft.
1818 machte er unter Kapitän Buchan eine Polar-
fahrt nach Spitzbergen. F. erhielt 1819 den Auf-
trag, in Begleitung Nichardsons und Backs (s. d.)
eine Landrelse von der Hudsoubai aus nach der
Mündung des Kupferminenflusfes zu machen, wäh-
rend Parry diese Gegenden zu Schiff befuchen sollte.
Auf dieser Reise verfolgte er vom 18. Juli bis
22. Aug. 182 l die Küste des Eismeers von der Mün-
dung des Kupferminenflusses bis zum Kap Turna-
gain auf der Halbinfel Kent und kehrte, nachdem er
nur durch den Beistand einiger Indianer vom Tode
errettet worden, 1822 nach England zurück. Zum
Marinekapitän befördert und von der Ro^ai 8oei6t^
zum Mitglied erwählt, trat er Febr. 1825 mit
denfelben Gefährten eine zweite Entdeckungsreise
den Mackenziestrom hinunter nach dem Polarmecre
an, auf der Richardson und Kundall mit Booten
die Nordküste nach O>. bis zum Kupferminenflusse
befuhrcn, während F. mit Back nach W. ebenfalls