Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

143

Französische Befestigungsmanier

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Französische Befestigungsmanier'

das italienische. Vauban (1633-1707), der berühmteste Kriegsbaumeister nicht nur Frankreichs, der den Neubau von 33 und den Umbau von etwa 300 festen Plätzen geleitet hat, vereinfachte die Formen Pagans und verstand die Befestigungen sehr geschickt dem Gelände anzupassen. Die von Vauban zuerst und zumeist angewendete Anordnung des Grundrisses wird seine erste, spätere Abänderungen werden seine zweite und dritte Manier genannt.


Figur 1:

Leitender Gedanke der ersten Manier ist das Bestreben, durch Bastionierten Grundriß (s. d.) vollständige Grabenflankierung vom hohen offenen Walle aus zu erreichen. Vauban giebt der Polygonseite P eine Länge von 320 bis 400 m. Der Konstruktionsperpendikel (cd in der Figur unter Bastionierter Grundriß, Bd. 2, S. 481) = 1/6 P, die Bastionfacen = 2/7 P. Die Flanken standen weder zur Kurtine noch zur Defenslinie senkrecht. Bei den ältesten Befestigungen Vaubans sind die Flanken hinter sog. Orillons zurückgezogen (linke Hälfte von beistehender Fig. 1), später einfach geradlinig ohne Orillons (rechte Hälfte von Fig. 1). Die Bastione sind bald hohl, bald voll, letztere meist mit Kavalier. Der mit gemauerter Kontereskarpe versehene Graben hat vor den Bastionsspitzen eine Breite von 32 bis 36 m. Fig. 2a stellt die Bastionsflanke dar; vor der Kurtine liegt eine Grabenschere (Fig. 2b). Da sich die Rasanten der Flankenbrustwehren vor der Mitte der Kurtine über der Grabensohle schneiden, so entsteht ein toter Winkel, der durch einen gleichzeitig als gedeckter Verbindungsweg dienenden Doppelkoffer zum Teil beseitigt wird. Das Ravelin (Fig. 2c) ist klein und springt mit seiner spitze nur 50-60 m über die Polygonseite vor; seine Facen führten in ihrer Verlängerung auf die Schulterpunkte der Bastion (später 10 in übergreifend). Der Ravelingraben ist 5 m tief und 20 m breit. Das Reduit des Ravelins ist entweder als Schartenmauer oder als kleines offenes Erdwerk angeordnet. Der Gedeckte Weg (Fig. 2d), 10 m breit, liegt im toten Winkel des Hauptwalles und erfordert daher eine Palissadierung. Das Profil blieb unverändert, das Eskarpenmauerwerk ungedeckt.


Figur 2:

In seiner zweiten Manier (nach dieser sind nur zwei Plätze erbaut: Belfort 1682 und Landau 1688) suchte Vauban dem Mangel an innern Abschnitten dadurch abzuhelfen, daß er die Bastione vom Hauptwalle trennte und letzterm einen einfachen polygonalen Grundriß gab, an dessen Ecken tours bastionées (Bollwerkstürme) zur Grabenflankierung erbaut wurden. Da die kasemattierten Flanken der Türme eine niedere Grabenbestreichung ermöglichen, so wird bei dieser Manier auch die Anwendung sehr kurzer Fronten angängig, während die vom hohen Walle aus zu bewirkende Flankierung bei der ersten Manier zur Vermeidung toter Winkel lange Kurtinen notwendig machte.

Die dritte Manier (nach dieser ist nur Neu-Breisach erbaut 1697) unterscheidet sich von der zweiten hauptsächlich dadurch, daß die langen Polygonseiten nach Art bastionierter Fronten gebrochen und mit kurzen kasemattierten Flanken versehen sind. Außerdem sind in dieser Manier die Bollwerkstürme, Bastione, Raveline und Ravelinreduits größer, das Commandement des Hauptwalles ist behufs besserer Bestreichung des gedeckten Weges verringert und das Revétement, bis zum Cordon gedeckt, zum Teil als halbe, nicht völlig sturmfreie Futtermauer aufgeführt. (Fig. 3.)


Figur 3:

Cormontaigne (s. d.) verwarf die Anwendung von Flankenkasematten zur niedern Grabenbestreichung gänzlich und vergrößerte (bei gleicher Länge der Polygonseite und des Konstruktionsperpendikels die Vaubanschen Bastione (erster Manier), indem er ihre Face = 1/3 P machte. Im Innern der Bastione empfahl er auf den dem förmlichen Angriff besonders ausgesetzten Fronten die Anlage von Kavalieren, die durch Anschlüsse an die hintern Enden der Bastionsfacen mit davorgelegten Coupuren zu permanenten Abschnitten gemacht werden sollen. Wenn Kavaliere (auf den weniger gefährdeten Fronten) nicht erforderlich sind, will er das Bastion vom Hauptwall trennen und hinter seiner Kehle die anstoßenden Kurtinen durch eine kleine bastionierte Front verbinden. Die Spitze des Ravelins ließ er etwa 100 in über die Polygonseite vorspringen und die Verlängerung der Facen desselben 30 m über die Bastionschulterpunkte übergreifen, wodurch der innere Raum des Ravelins bedeutend vergrößert wird. Die Eskarpenmauer wurde durch das Glacis gegen Sicht

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 144.