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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Französische Eisenbahnen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Französische Eisenbahnen'

Orléansbahn50Frs. für die Aktie= 11,1 Proz.
Mittelmeerbahn55 "      "     "     " = 11,0   "
Nordbahn54,1 "      "     "     " = 13,5   "
Südbahn50 "      "     "     " = 10,0   "
Westbahn28,5 "      "     "     " =   7,7   "
Ostbahn25,5 "      "     "     " =   7,5   "

Das Staatsbahnnetz wurde beibehalten und besser umgrenzt und abgerundet. Der Staat trat an die Qrléansbahn 17 ihm gehörige Strecken im Gesamtumfange von 1215 km ab und erhielt dagegen von ihr 449 km ihrer innerhalb des Staatsbahngebietes gelegenen Linien. Das Staatsbahnnetz bestand hiernach aus zwei nebeneinander liegenden Gruppen, die eine (südliche) mit dem Mittelpunkt Tours, die andere (nördliche) mit dem Mittelpunkt Chartres. Eine wesentliche Verbesserung erhielt das Staatsbahnnetz 1886, wo durch Eröffnung der mit der Westbahn gemeinschaftlich benutzten Strecke Paris-Chartres (88 km) die Verbindung mit Paris, durch Eröffnung der Strecke Grave d'Ambarès-Bordeaux (14 km) die Verbindung mit Bordeaux und damit gleichzeitig eine Verbindung zwischen der nördl. und südl. Gruppe und eine selbständige durchgehende Linie Paris-Bordeaux geschaffen wurde. Infolge der bisherigen ungünstigen finanziellen Ergebnisse wurde die Regierung von den Gegnern des Staatsbahnsystems zum Verkauf der Bahnen gedrängt, jedoch bisher ohne Erfolg. Die Staatsbahnen werden unter dem Minister der öffentlichen Arbeiten von einem aus neun vom Präsidenten der Republik ernannten Mitgliedern bestehenden Verwaltungsrat in Paris verwaltet. (S. Eisenbahnbehörden.) Auf der Linie Chartres-Orléans wird der Betriebsdienst seit dem 28. Febr. 1887 ausschließlich von Genietruppen geleitet. Seit den Verträgen von 1883 sind im Eisenbahnwesen keine wesentlichen Änderungen außer einer Neuordnung des Tarifwesens erfolgt, die indes nicht die volle Zustimmung des Landes findet. Die Hoffnung der Regierung auf eine Minderung der Lasten des Staates zu Gunsten der Privatbahnen haben sich nicht verwirklicht. Nach dem Verzicht auf die bis Ende 1883 geleisteten Zinsgewährzuschüsse mußte von 1884 ab ein neues Conto, und zwar auch für eins der Netze der Mittelmeerbahn eröffnet werden, die für ihre in Frankreich belegenen Strecken Zinszuschüsse nicht mehr erhalten hatte. Nur die Nordbahn ist auch weiterhin ohne Zinszuschüsse ausgekommen. In dem Staatshaushaltsetat erscheinen die Zinsgewährzuschüsse und Leistungen für die Eisenbahnen nicht mehr; sie werden durch Ausgabe von Schatzscheinen gedeckt, indem man von der Annahme ausgeht, daß ihre Erstattung durch die Bahnen nach und nach erfolgen und sie also keine dauernde Belastung für den Staat bilden werden.

In den Übersichten A (auf S. 148) und B (auf S. 149) sind die Längen und Betriebsergebnisse des europ. Netzes der F. E. 1891 zusammengestellt.

Zu den in Tabelle B für die Nordbahn gegebenen Ziffern kommt noch das nordbelg. Netz mit einer Betriebslänge von 170 km, einer Einnahme von 15 132 904, einer Ausgabe von 6 345 022 Frs. Der nach Abzug für Zinsen und Amortisation (zusammen 5 233 043 Frs.) verbleibende Reinertrag von 3 554 839 Frs. kommt dem franz. Netz zu gute. Zur Paris-Lyon-Mittelmeerbahn kommen noch die Rhône-Mont-Cenisbahn (Culoz-Modane) mit 115 352 728 Frs. Anlagekapital, 144 km mittlerer Betriebslänge, 5,43 Mill. Einnahme, 3,55 Mill. Ausgabe und einem Staatszuschuß von 2,78 Mill. Frs., ferner die Algerischen Linien mit einer mittlern Betriebslänge von 513 km, einem Anlagekapital von 167,262 Mill., einer Einnahme von 9,82, einer Ausgabe von 6,21 und einem Staatszuschuß von 6 320 034 Frs.

Übersicht C (auf S. 149) giebt die in den J. 1887-91 seitens des franz. Staates infolge von Zinsbürgschaften geleisteten Zuschüsse.

Auf der Insel Corsica waren 1892 im Betriebe der "Société des chemins de fer départementaux" die auf Grund des Gesetzes vom 18. Dez. 1883 hergestellten schmalspurigen (1 m) Eisenbahnen von Bastia nach Corte (73,8 km, eröffnet 1. Febr. 1888), von Ajaccio nach Vizzavona (50 km, eröffnet 1. Dez. 1888 und 14. Juli 1889), von Casamozza nach Ghisonaccia (64,5 km, eröffnet 1. Febr. und 17. Juni 1888) und von Ponte-Leccia nach Calvi (74 km, eröffnet 10. Jan. 1889 und 15. Nov. 1890), zusammen 262,3 km. In Bau befand sich die 30 km lange Strecke Corte-Vizzavona.

In Algerien (s. d., Bd. 1, S. 391b fg.) bestanden 1892: 2889 km Eisenbahnen.

In Tunis waren die schon oben angeführten 260 km im Betriebe (Tunis-Bescha-Chardimaou-Alger. Grenze mit Zweigbahnen [Bescha Bahnhof-Bescha Stadt, Tunis-Hammam-el-Lif] und Tunis-La Goletta) und 74 km schmalspurige Industriebahnen im Bau. In den übrigen franz. Kolonien und Schutzgebieten waren im Senegalgebiet 394 Km, auf der Insel Réunion 126 km, in Cochinchina 71 km (Saigon-Mitho) und in Französisch-Indien 12 km im Betriebe. In Tongking (s. d.) wurde die Anlage einer Eisenbahn vorbereitet.

Übersicht D (auf S. 149) enthält die Betriebsergebnisse der Eisenbahnen in Algerien und Tunis im J. 1891 (ohne 28 km Industriebahnen in Algerien und die in Tunis gelegenen 35 km langen Strecken der Tunis-La Goletta-Eisenbahn).

Litteratur. Pousoim, Examen comparativl de la question des chemins de fer en 1839 en France et l'étranger et de l'intervention du governement dans la directionet dans l'exécution des travaux (Par. 1839); Lavollé, Les chemins de fer en France constitution du réseau, exploitation résultats (ebd. 1866); Cotellé, Législation franchaise des chemins de fer (ebd. 1867); Dietz Monin, Rapport fait à l'Assemblée nationale sur le régime général des chemins de fer (ebd. 1879); Baum, Résultats de l'exploitation des chemins de fer franchais (Lille 1877); von der Leyen, Die neuen Verträge der franz. Regierung mit den sechs großen Eisenbahngesellschaften (in "Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich", Neue Folge, VIII, Heft 4); ders., Die Staatsbahnen in Frankreich (in der "Zeitschrift für Eisenbahnen und Dampfschiffahrt", 1888); Archiv für Eisenbahnen (1887, 1889, 1890, 1892); Aucoc, Les tarifs des chemins de fer et l'autorité de l'Etat (Par. 1880); ders., Conférences sur l'administration et le droit adminstrativ, Bd. 3 (2. Aufl., ebd. 1882); Lejeune, La question des chemins de fer devant le parlement en 1882; Picard, Les chemins de fer franchais (6 Bde., ebd. 1883 - 84); ders., Traité des chemins de fer (4 Bde., ebd. 1887); Colson, La garantie d'intérêts (in den "Annales des ponts et chaussées", 1888); Humbert, Traité complet des chemins de fer (Par. 1891); Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, hg. von Röll (Wien 1892).

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 148.