Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

217

Französisch-Preußisch-Russischer Krieg von 1806 bis 1807

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Französisch-Preußisch-Russischer Krieg von 1806 bis 1807'

unter Mortier besetzt; der Prinz Jérôme rückte mit den Rheinbundstruppen, den Bayern und Württembergern nach Schlesien ab und schloß 7. Nov. die Festung Glogau ein, die 2. Dez. kapitulierte. In den poln. Landesteilen bildeten sich Legionen, die sich den Franzosen anschlossen, auch langten die Sachsen an der Weichsel an, so daß Napoleon dort, als er 25. Nov. von Berlin in Posen ankam, über 200000 Mann verfügte, denen der König von Preußen nur 25000 Mann (19 Bataillone, 55 Schwadronen, 92 Geschütze) entgegenstellen konnte; doch trafen täglich preuß. Offiziere und Mannschaften, die sich der Gefangenschaft entzogen hatten, ein, ebenso viele Depots und Remontekommandos, aus denen Reservetruppen gebildet wurden. Im Jan. 1807 hatte man bereits 19 Reservebataillone (11000 Mann) und 8200 Mann Kavallerie beisammen. Der König übertrug den Oberbefehl in Preußen dem General Grafen Kalckreuth; in Schlesien befehligte der Generalgouverneur Fürst Friedrich Ferdinand von Anhalt-Pleß, dem der Oberstlieutenant Graf Götzen zugeteilt war. Das preuß. Hauptquartier befand sich in Thorn; von Plock bis Danzig standen unter dem General L'Estocq 23 Bataillone und 74 Schwadronen zur Verteidigung der Weichsel. Danzig war mit 10000, Graudenz mit 4000 Mann besetzt, in Kolberg (s. d.) bereitete die Garnison und die Bürgerschaft eine nachdrückliche Verteidigung vor, die schles. Festungen Glogau, Brieg, Breslau, Kosel, Schweidnitz, Silberberg, Glatz und Neisse enthielten 25000 Mann Besatzung. Rußland hatte drei Hilfskorps zugesagt, von denen eins, 60000 Mann unter Bennigsen, 15. Nov. die Weichsel von Plock bis nach der österr. Grenze besetzte, das zweite, 38000 Mann unter Buxhoevden, Anfang Dezember von Litauen her die preuß. Grenze überschritt und das dritte, 18000 Mann unter Essen, gegen Mitte Dezember von der Donau her bei Brest-Litewsk eintraf. In Pommern standen bei Stralsund 10000 Schweden, die jedoch durch das Korps Mortier festgehalten wurden. Von England war vorläufig nur Geld zu erwarten.

Murats Kavallerie hatte 27. Nov. bei Blonie die russ. Vortruppen zurückgeworfen und tags darauf Warschau besetzt. Friedrich Wilhelm IIII. hatte in Pultusk dem russ. Oberbefehlshaber Bennigsen auch die preuß. Truppen unterstellt, und L'Estocq erhielt Befehl, sich dem allgemeinen Rückzuge des russ. Heers hinter den Narew anzuschließen; nur Kavallerie blieb an der Weichsel sieben. Das russ. Heer unter Buxhoevden traf in Ostrolenka ein. Bennigsen befahl 4. Dez. den Vormarsch in die frühern Stellungen; doch konnte L'Estocq nicht mehr die Weichsel erreichen, da 6. Dez. bereits Ney bei Thorn den Strom überschritten hatte und ihm Bernadotte sowie drei Kavalleriedivisionen unter Bessières folgten. L'Estocq nahm hinter der Drewenz bei Neumark und Strasburg Stellung. Davout ging bei Modlin 10. Dez. über den Narew, Lannes folgte ihm, Murat schob seine Kavallerie auf dem rechten Weichselufer gegen den Bug vor, und Augereau ging vom 13. bis 20. bei Zakroczym, Soult am 22. bei Plock und Dobrzykow über den Strom. Am 19. Dez. war Napoleon in Warschau angekommen, mit ihm die Garden, worauf alsbald der allgemeine Vormarsch begann. Davout ging bei Czarnow am 23. über die Wkra und drängte zwei russ. Divisionen auf Pultusk zurück, Murat eine dritte Division von Lopaczyn und Augereau eine ↔ vierte von Kurzomb. Nach dem Gefecht bei Golymin und der unentschiedenen Schlacht bei Pultusk (s. d.) 26. Dez. verließ Feldmarschall Kamenski, der am 21. den Oberbefehl übernommen hatte, das Heer, dessen Führung Bennigsen wieder übernahm. Die Russen gingen zunächst hinter den Narew und die ostpreuß. Seen zurück. L'Estocq war von Ney, Bernadotte und Bessières 23. Dez. bei Biezun, 25. bei Soldau und Mlawa zurückgedrängt worden und ebenfalls hinter die Seen, nach Angerburg, abmarschiert. Die franz. Korps bezogen Winterquartiere, während Rheinbundstruppen und poln. Legionen die Festungen Danzig und Graudenz einschlossen. Mitte Jan. 1807 war auch das russ. Korps Essen am Bug angekommen, worauf Bennigsen sich zur Offensive erhob, um Ney, der einen Vorstoß gegen Königsberg versuchte, auf dem Marsche zu vernichten. Jener versammelte 18. Jan. seine bisherigen Divisionen bei Arys und führte sie über Rhein, Rössel und Bischofstein 24. nach Heilsberg. L'Estocq führte gleichzeitig die Preußen über Schippenbeil und Mehlsack nach Schlodien. Da beschloß Napoleon, gleichfalls vorzugehen. Ney hatte er eilends zurückkommandiert und befahl den übrigen Korps, sich zum Zug gegen Norden zu versammeln. Am 25. Jan. stieß bei Mohrungen die Vorhut Bennigsens auf das Korps Bernadottes und erlitt großen Verlust; doch besetzte Bennigsen am folgenden Tage Mohrungen, als Bernadotte nach Löbau abgezogen war.

Inzwischen hatte L'Estocq sich Graudenz genähert und die Einschließung aufgehoben. Napoleon ließ die Korps Ney, Augereau, Soult, Murat und Davout in nördl. Richtung vorrücken, um dem verbündeten Heere den Rückzug abzuschneiden, und ließ Lannes am Narew gegen Essen stehen, während sich Bernadotte zwischen die Preußen und die russ. Hauptarmee schieben sollte. Von diesem Plane erhielt jedoch Bennigsen durch Zufall Kenntnis und befahl den Rückzug. Das russ. Heer stand 2. Febr. zwischen der Alle und Passarge, als sich die Spitzen der Franzosen bei Allenstein zeigten. Soult erreichte 3. Febr. Gutstadt und stand hinter dem linken Flügel, während der rechte bereits durch die franz. Kavallerie bedroht war und Napoleon seine Kolonnen an die Passarge heranführte; doch zog Bennigsen 4. Febr. nach Wolfsdorf, dann über Frauendorf und Landsberg nach Preußisch-Eylau (s. Eylau), wo es 8. Febr. zu einer durch Scharnhorsts Teilnahme unentschiedenen Schlacht kam. Bennigsen ging auf der Straße nach Königsberg, L'Estocq nach Allenburg zurück. Napoleon führte seine Korps hinter die Passarge zurück, deren Übergänge verschanzt wurden; der ganze Gewinn der letzten Aktion bestand für ihn darin, daß den Russen der Weg nach Danzig verlegt war, das nun eifrig belagert wurde. Bennigsen folgte den Franzosen langsam nach und ließ die Preußen bei Mehlsack und Heiligenbeil, die Russen bei Heilsberg, Gutstadt und Wormditt kantonieren. Gutstadt wurde jedoch 3. März von Ney wieder besetzt und sogleich verschanzt, worauf Bennigsen bei Heilsberg eine befestigte Stellung herstellen ließ. Den Russen wie den Preußen gingen erhebliche Verstärkungen zu, und 26. April 1807 schlossen Kaiser Alexander und König Friedrich Wilhelm III. zu Bartenstein einen Vertrag zur Fortsetzung des Kampfes, dem England und Schweden später beitraten. Auch Napoleon hatte sich durch Heranziehung des Korps

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 218.