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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Frauenlob - Frauenraub
verständiges Verhalten während der Menstruation, der Schwangerschaft und des Wochenbettes, oft auch durch übermäßigen Geschlechtsgenuß, der leicht andauernde Kongestionen und entzündliche Anschoppungen in den innern Genitalien zur Folge haben kann. Auch das übermäßige und vorzeitige Schnüren durch Korsetts kann durch die hierdurch veranlaßte Raumbeschränkung der Bauch- und Beckenhöhle und durch den starten und widernatürlichen Druck, den die leicht beweglichen und leicht verschiebbaren innern Sexualorgane dabei erfahren, sehr leicht die Entwicklung von mancherlei chronischen Affektionen dieser Teile, namentlich der so überaus lästigen und schwer zu beseitigenden Lagenveränderungen, Knickungen und Vorfälle der Gebärmutter begünstigen. Weiterhin wird durch die ganze moderne fehlerhafte Erziehung unserer weiblichen Jugend mit ihrer völligen Vernachlässigung der Körperpflege, ihrer geistigen Überreizung und Überbürdung, ihrer sitzenden, erschlaffenden und verweichlichenden Lebensweise, ihren vorzeitigen Genüssen und ihren vorzeitigen Aufregungen die Disposition zu allerhand krankhaften Zuständen innerhalb der Geschlechtssphäre in hohem Grade befördert. Gerade hierin muß vor allen Dingen zunächst ein gründlicher Wandel zum Bessern geschehen, wenn die in erschreckendem Maße überhandnehmende Zahl der nervösen und unterleibskranken Frauen in Zukunft vermindert werden soll, was nicht nur im Interesse des Einzelnen, sondern auch der Gesamtheit dringend gefordert werden muß. Denn die meisten chronischen F. vermögen nicht nur die Kranken in ihrer Schaffensfreudigkeit und ihrem Lebensgenuß mehr oder minder zu beeinträchtigen, sondern auch manches Familienglück zu trüben oder gar zu zerstören. Dieser traurigen Schattenseite unsers Kulturlebens gegenüber kann nicht oft und eindringlich genug betont werden, daß einzig und allein eine von frühester Jugend auf durchgeführte Abhärtung und Kräftigung des weiblichen Körpers durch ausgiebige Körperbewegung, durch Turnen, Baden, Schwimmen und fleißiges Tummeln in Feld und Wald vor den modernen Frauenleiden und Frauengebrechen schützt.
Die Behandlung der F. ist je nach der Art der vorliegenden Affektion sehr verschieden und hat oft mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen; sie erfordert in den weitaus meisten Fällen, da es sich gewöhnlich um eingewurzelte Übel handelt, große Geduld der Kranken wie des Arztes, sowie eine gründliche örtliche Untersuchung der kranken Teile, ohne welche eine richtige Diagnose der betreffenden Krankheit meist ganz unmöglich ist. Jede unterleibskranke Frau wende sich möglichst frühzeitig an einen tüchtigen und sachverständigen Arzt, da die meisten F. in ihrem Anfangsstadium, in welchem freilich so viele Kranke aus falscher Prüderie die Einholung ärztlichen Rates versäumen, recht leicht geheilt werden können, während sie im vernachlässigten und verschleppten Zustand oft jeder Behandlung trotzen. Die anzuwendenden Heilmittel sind teils allgemein diätetische, welche eine Kräftigung der Gesamtkonstitution erzielen, teils medikamentöse, die direkt aus das erkrankte Organ appliziert werden, teils chirurgische, wie Atzungen, Blutentziehungen, Skarifikationen u. dgl. (S. Gebärmutterkrankheiten.) Eine wesentliche Bereicherung hat die Therapie der F. in neuester Zeit durch eine Reihe zum Teil höchst genialer Operationen erfahren, durch welche es jetzt unter dem Schutze der antiseptischen Wundbehandlung gelingt, auch solche Leiden kranker Frauen, an deren Beseitigung früher gar nicht zu denken war, auf operativem Wege zu heilen oder wenigstens erträglich zu machen. Es gehören hierher vor allem die Ovariotomie zur Beseitigung der gefahrdrohenden Eierstockgeschwülste, die operative Entfernung einzelner Teile oder der gesamten Gebärmutter, die Kastration, die Heilung des Gebärmuttervorfalls, großer Dammrisse sowie die Operation der verschiedenen Formen der Blasenscheidenfistel u. s. w. Die Lehre von den F. heißt Gynäkologie (s. d.). Über die besondern Formen der F., wie Amenorrhöe, Dysmenorrhöe, Eierstocks, Wassersucht, Gebärmutterkrankheiten, Hysterie, Klimakterische Jahre, Leukorrhöe, Menstruation, Unfruchtbarkeit u. s. w. s. die Einzelartikel.
Litteratur. Scanzoni, Lehrbuch der Krankheiten der weiblichen Sexualorgane (5. Aufl., Wien 1875); Beigel, Die Krankheiten des weiblichen Geschlechts (2 Bde., Erlangen 1873-75); C. Schröder, Handbuch der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane (10. Aufl., hg. von Hofmeier, Lpz. 1890): Winckel, Lehrbuch der F. (2. Aufl., ebd. 1890); Hegar und Kaltenbach, Operative Gynäkologie (3. Aufl., Stuttg. 1886); A.Martin, Pathologie und Therapie der F. (2. Aufl., Wien 1887); Hofmeier, Grundriß der gynäkologischen Operationen (ebd. 1888); Fritsch, Die Krankheiten der Frauen (5. Aufl., Berl. 1892).
Frauenlob wurde der Spruchdichter Heinrich von Meißen genannt, angeblich, weil er in seinem Streitgedicht gegen den Schmied Regenbogen dem Wort "Frau" vor "Weib" den Vorzug giebt; doch scheint er den Namen schon als Jüngling geführt zu haben. Nm 1250 in Meißen geboren, genoß er eine Art gelehrter Erziehung, war 1278 mit König Rudolf auf dem Marchfeld, zog an süd- und namentlich norddeutschen Höfen lobsingend und gunstsuchend herum und starb 29. Nov. 1318 in Mainz, wo er angeblich die erste Meistersängerschule gründete; Frauen sollen ihn zu Grabe getragen haben. Statt seines alten Grabsteins, der 1774 zerbrochen wurde, ist ihm 1842 ein neues Denkmal (von Schwanthaler) gesetzt. F. ist der Hauptvertreter der scholastischen "Gelehrsamkeit im Meistersang; in gesucht dunkler Sprache, die aber reich ist an Bildern und Dialektwendungen, hat er in mehr als 30 Tönen und mehr als 400 Sprüchen alle möglichen theol., ethischen, socialen, sogar minniglichen Themata behandelt; auf die mittelhochdeutschen Klassiker sieht er mit dem Hochmut des gelehrten Epigonen herunter, benutzt sie aber nicht selten. Den Höhepunkt feiner theol. mystisch-gelehrten Verstiegenheit bezeichnen seine drei unerhört überladenen, bis zur Unverständlichkeit verzwickten Leiche. Seine Minnelyrik ist unbedeutend. Die Meistersänger, denen er als Stifter ihrer Kunst galt, machten ihn zum Doktor der Theologie und Mainzer Domherrn. - Ausgabe von Ettmüller ("Heinrichs von Meißen Leiche, Sprüche und Lieder", Quedlinb. 1843).
Frauenmantel, Pflanzengattung, s. Alchemilla.
Frauenminze, s. Tanacetum.
Frauenraub, eine primitive Form der exogamen Ehe (s. Exogamie), bei der die Gattin aus einem andern Stamme geraubt werden muß, weil die Heirat innerhalb des eigenen Stammes als Blutschande verboten war. Der beraubte Stamm übte Wiedervergeltung und Rache, was zu fortwährenden Krie-^[folgende Seite]