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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Frauentage - Frauenvereine
Verbreitung des Studiums hemmen. Auch dürften nicht alle liberalen Berufe, selbst bei vorhandener Befähigung, den weiblichen Neigungen zusagen. Eine gewisse Zukunft ist wohl nur dem mediz. Studium sowie der Vorbereitung auf den höhern Lehrerberuf vorbehalten. Ob die bestehenden.Hochschulen den Frauen zu eröffnen seien oder besondere Frauenschulen den Vorzug verdienen, ist eine Frage zweiten Ranges. Das Verlangen nach Zulassung zum Universitätsstudium hat die weitere Förderung der Gründung von Mädchengymnasien (s. d.) behufs Vorbereitung auf das Studium zur Folge gehabt.
In den meisten europ. Staaten ist durch unbeschränkte oder beschränkte Zulassung die Frage, wenn auch oft erst nach lebhaften Kämpfen, zu Gunsten der Frauen entschieden. Voran steht die Schweiz, wo zuerst 1867 die Universität Zürich den Frauen zum regelrechten Studium geöffnet wurde. Im Laufe der Zeit sind sämtliche schweiz. Hochschulen dem von Zürich gegebenen Beispiel gefolgt. Im Sommer 1893 zählte man in der Schweiz unter 3307 Zuhörern 451, unter 2758 immatrikulierten Studenten 275 weibliche, überwiegend Ausländerinnen. Mit Ausnahme vereinzelter Juristinnen gehörten sie hauptsächlich der medizinischen (175), zum kleinern Teile der philos. (93) Fakultät an. In England leben die studierenden Frauen vorzugsweise in Internaten, die aus Privatmitteln gegründet wurden. Cambridge besitzt zwei solcher Internate: Girton College (seit 1873) und Newnham College; Orford ebenfalls zwei: Margaret Hall und Sommerville Hall. 1881 wurde in Cambridge, 1884 in Orford die Zulassung der Frauen zu den höhern (Tripos-) Prüfungen beschlossen, nachdem die Prüfungsuniversität London mit allen Graden schon 1878 den Frauen geöffnet war. Die mediz. Studien werden an besondern Frauenhochschulen betrieben. In Schottland war das weibliche Geschlecht bereits seit längerer Zeit zu den höhern Lehrerprüfungen zugelassen; auch hatte man dort einen eigenen akademischen Grad, den der Lady literate in Arts für die Frauen geschaffen, ohne jedoch ihnen zugleich das Studium an den Universitäten zu gestatten. 1892 wurden die schott. Universitäten zur Zulassung weiblicher Studierender ermächtigt und die 1883 in Glasgow errichtete Frauenhochschule Queen Margaret College (etwa 300 Studentinnen) mit der dortigen Universität vereinigt. Die Frauen sind hiermit offiziell zu den Graden der philos. und mediz. Fakultät zugelassen. In Österreich sind Frauen seit 1878 nur unter vorbehaltener Prüfung des Einzelfalls als "Hörer" zugelassen. In Deutschland waren den Frauen (eine kurze Zwischenperiode ausgenommen) die Hochschulen bis vor kurzem verschlossen. Erst gegen Ende 1891 erfolgte ihre Zulassung in der mathem.-naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Heidelberg. Darauf wurde ihnen an den preuß. Universitäten unter der Voraussetzung ministerieller Genehmigung Zutritt gewahrt. In Leipzig werden sie als nichtzahlende Hörer geduldet. In Preußen wurde zwar durch Erlaß vom 31. Mai 1894 eine umfangreichere Verwendung wissenschaftlicher Oberlehrerinnen an den höhern Mädchenschulen angebahnt, indessen bleibt die Vorbereitung auf die Prüfung nach wie vor der freien Vereinsthätigkeit oder den privaten Veranstaltungen überlassen. Die Möglichkeit, anders als durch Einzelunterricht und Privatstudium die nötige Vorbildung zu erwerben, bieten außer dem Victoria Lyceum in Berlin die seit 1893 in Göttingen, Straßburg und Königsberg eingerichteten wissenschaftlichen Fortbildungskurse, von denen indessen nur die ersten beiden eine gewisse staatliche Anerkennung genießen. Sie ersetzen den Frauen einstweilen die Universitäten. Der allgemeinen wissenschaftlichen Fortbildung dient außer dem Victoria-Lyceum die Humboldt-Akademie in Berlin.
In den Vereinigten Staaten von Amerika haben die Frauen an sämtlichen Hochschulen (nur wenige ausgenommen) die gleichen Studienberechtigungen wie die Männer. Neben den allgemeinen Hochschulen bestehen vier Frauencolleges. Auch an den niedern und mittlern Schulen ist der gemeinsame Unterricht der Geschlechter im Gegensatz zu Europa vorherrschend.
Litteratur. V. Böhmert, Das Studieren der Frauen mit besonderer Rücksicht auf das Studium der Medizin (Lpz. 1872); von Scheel, Frauenfrage und F., in den "Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik", Bd. 22 (Jena 1874); L. Schwerin, Die Zulassung der Frauen zur Ausübung des ärztlichen Berufs (Berl. 1880); E. Dühring, Der Weg zur höhern Berufsbildung der Frauen (2. Aufl., ebd. 1885); Helene Lange, Frauenbildung (ebd. 1889); Waldeyer, Das Studium der Medizin und die Frauen, im "Tageblatt der 61. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte" (Köln 1889); Pochhammer, Beitrag zur Frage des Universitätsstudiums der Frauen (Kiel 1893).
Frauentage, soviel wie Marienfeste (s. Maria, die Mutter Jesu), besonders Maria Verkündigung (25. März) und Maria Himmelfahrt, der sog. große Frauentag (15. Aug.).
Frauenverein, Deutscher, für Krankenpflege in den Kolonien, ein Verein, der sich die Förderung der Krankenpflege und der Missionsthätigkeit in den deutschen Kolonien zur Aufgabe gestellt hat. Die Thätigkeit des Vereins ist also eine Erweiterung derjenigen des großen Vaterländischen Frauenvereins (s. d.). In Ostafrika waren in den Lazaretten von Bagamojo und Kilwa vier Krankenpflegerinnen aus dem Mementinenhaus in Hannover thätig. Seitdem sind von dem Verein auch nach Neuguinea, und zwar nach Stephansort und nach Friedrich-Wilhelms-Hafen (Kaiser-Wilhelms-Land), je zwei Pflegeschwestern hinausgesandt worden, und ebenso hat derselbe im Okt. 1892 zwei Pflegeschwestern für das Krankenhaus in Kamerun gestellt. Der Verein steht unter dem Protektorate der Deutschen Kaiserin, ist ohne konfessionellen Charakter und darf das Note Kreuz führen.
Frauenvereine, in bedeutender Zahl und Ausdehnung in den verschiedensten Richtungen thätige Vereinigungen von Frauen. Während die einen bestimmt sind, die besondern Interessen des weiblichen Geschlechts der Gesellschaft gegenüber zu vertreten, haben andere den Beruf, die Erfüllung der den Frauen zufallenden Aufgaben und Pflichten durch organisches Zusammenwirken der einzelnen Mitglieder besser und vollkommener zu gestalten, als es dem einzelnen beim isolierten Wirken möglich wäre. Sie bilden ein wichtiges Glied in der umfassenden Vereinsbildung und Vereinsthätigkeit, welche das 19. Jahrh. sich hat entfalten sehen, und find ein sprechendes Zeugnis dafür, daß der Lebensinhalt des weiblichen Geschlechts unter den veränderten Verhältnissen der Neuzeit sich nicht mehr mit dem Wirken in und für die Familie erschöpft.