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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Freiburg (in Brasilien) - Freidenker
renduln ulid mit cillgeschränttesten Volksrechten.
Daraus erklärt sich manche Maßregel der Regierung
auch iu neuerer Zeit. So wurde 1889 mit Hinweg-
setzung über jede Opposition eine kath. Universität er-
öffnet. In neuester Zeit scheint sich eine Änderung des
polit. Systems anzubahnen. Die Liberalen dräng-
ten nach Nevisiou, und 23. Okt. 1892 wurde diese
vom Volke mit Mehrheit beschlossen. - Vgl. Berch-
told, 11i8toii6 <Iu (nuton <16 ^ridoui-F (Freiburg
1841-45); Marrot, Odi ouiciuo äu cHntou äs ^ri-
dourß (ebd. 1878); Werro, I^eoiißii äipi0M3,ti^io
<Iu c^ntou äe I^ridourg (ebd. 1839-44); Raemy de
Vertigny, N6m0ii'68 pour 80i'vir 3. 1'ki8toir6 äu
<^ntoQ ä61''i ilwuiF1790 ä. 1866 (Bd. 1, Bas. 1869);
Esseiva, F., die Schweiz und der Sonderbund (deutsch
von Keiser, Freiburg 1884); Daguet, llistoii-ß äe 1a
vilie 6t 86iZn6uri6 äe ^i'idoui^ (ebd. 1891).
2) F. im Üchtlande, frz. ^ridourF, Haupt-
stadt des Kautons F. sowie des alten Üchtlandcs,
29 km südwestlich von Bern,
in600-640inHöhe,auf einem
felsigen Vorgebirge, welches
die Saane umfließt, an den
Linien Lausanne-Bern und F.-
Dverdon (51 Km) der Schweiz.
Wcstbahn,istSitz derNchörden
des Kantons und des Bischofs
von Laufauue, hat (1888)
12239 E., darunter 1624 Evangelische, 10538 Ka-
tholiken und 74 Israeliten; 63 Proz. sprechen
französisch, die übrigen, meist in der untern Stadt,
deutsch. Die altertümliche und unregelmäßig ge-
baute Stadt, welcher die burgartige Lage hoch
über dem Flusse, die zahlreichen Türme und Thore,
Kirchen und Klöster einen eigentümlich romanti-
schen Charakter verleihen, zerfällt in drei Teile: die
untere Stadt im Flußthale zu beiden Seiten der
Saane, meist von Handwerkern bewohnt; die Alt-
stadt auf dem Plateau der Halbinsel, der Sitz der
Behörden und der städtischen Aristokratie, und die
obere Stadt, westlich gegen den Bahnhof hin aus-
gebreitet, Sitz des Handels und des Gewerbes. Drei
Brücken verbinden die einzelnen Teile der Stadt
miteinander: die große Drahtbrücke ((^nä ?out
8N8p6uän), 1834 von dem Ingenieur Chaley erbaut,
ist 247 m lang, 6 m breit und 51 m über der Saane,
hängt an sechs 374 in langen Drahtseilen (je 1056
Drähte) und ist mit 128 Ankern an Steinblöcken
befestigt; weiter aufwärts die Drahtbrücke ?out 6s
Oottei-on über das tief eingeschnittene Galternthal,
1840 erbaut, 227 m lang und 75 m hoch; in der
Unterstadt die steinerne Saanebrücke (?ont 8t. ^ean);
2^/2 Km nördlich von F. verbindet der Viadukt von
Grandfey, eine 370 m lange, 80 m hohe Eisenbahn-
gitterbrücke, die beiden Saane-Ufer. Von den neun
Kirchen sind die bemerkenswertesten die gotische St.
Nikolauskirche, Domkirche des Bistums Lausanne,
im Laufe des 14. Jahrh, begonnen, im 15. Jahrh,
vollendet, mit stattlichem, 86 m hohem Turm, 1470
-92 erbaut, merkwürdigen Reliefs am Hauptpor-
tal und berühmter Orgel von Mooser (67 Register,
7800 Pfeifen); die Franziskanertirche und die neue
prot. Kirche. Am Welschen Platze das von Pater
Canisius 1580 gegründete (^ollöFe 8t. Nicii^i mit
Kirche, früher Iesuitenkolleg, jetzt von Wcltgeist-
lichen geleitet, gegenüber das große, von den Je-
suiten 1827 erbaute Pensionat; ferner bestehen
Klöster der Franziskaner, Kapuziner, Visitandine-
zk'kancrinncn. Weiter sind zu erwähnen das alte
Rathaus in der Nähe der Nikolauskirche, an Stelle
des alten Schlosses der Zähringer 1505 erbaut, mit
achteckigem, got. Uhrturm (1511); nahebei das 1860
errichtete Standbild des Pater Grögoire Girard aus
Bronze, das große Bürgerspital der Barmherzigen
Schwestern, das Zeughaus, die Kornhalle, das Ly-
ceum mit dem Kantonsmuseum und einem sehens-
werten rom. Mosaikboden. Die 1889 gestiftete kath.
Universität (1892: 38 Docenten, 173 Studierende)
hat keine mediz. Fakultät. Neben Kleinhandel und
Gewerbe sind besonders die Fabrikation von Stroh-
hüten, Tabak, Kartonnagen und Kuustdünger sowie
die Gerberei die Haupterwerbsquellen. 1870-73
wurden bei Perolles, 1 km südlich der Stadt, groß-
artige Wasserwerke in der Saane angelegt, der Fluß
durch einen Damm zum See gestaut und bei dem
Abfluß desselben ein Gefalle von 3-4000 Pferde-
stärken erzeugt, von denen 600 durch Turbinen und
Drahtseiltransmisstoncn für die Industrie verwend-
bar gemacht wurden; der gehofste Aufschwung der
Industrie hat sich jedoch nicht eingestellt und die
Mehrzahl der damals gegründeten Fabriken ist wie-
der eingegangen. Uribnrgo.
Freiburg (Neu-), Stadt in Brasilien, s. Nova-
Freiburger Alpen, s. Westalpen.
Freicorps, s. Freikorps.
Freidank (mittelhochdeutsch Vi-läHuc, d. i. Frei-
denker) nennt sich der unbekannte Dichter des didak-
tischen Gedichts "Bescheidenheit" (d. i. Lebens-
erfahrung, Einsicht). Die Ansicht W. Grimms,
daß Walther von der Vogelweide mit F. identisch
sei, ist veraltet. F., von Geburt wahrscheinlich ein
Schwabe, war ein bürgerlicher Fahrender (vagli8)
und kam mit dem Krcuzhcer Friedrichs II. nach dem
Heiligen Land, wo er um 1229 wenigstens einen
Teil seines Spruchgedichts verfaßte und die furcht-
baren Zustände vor Acre schilderte. Sein Werk ist
eine Vlumenlese von Sprüchen und Sprichwörtern,
eigenen und fremden, aus dem Munde des Volks
und aus Werken der Dichter ausgewählt und geord-
net ; leider ist die ursprüngliche Anordnung verloren.
Der Sammler war ohne Zweisel ein freier, unab-
hängiger Charakter, Parteigänger des Kaisers gegen
den Papst, ausgerüstet mit Geschmack, reicher Ve-
lcsenheit und wohl bewandert in der Gnomik des
Volks. Er wurde bald so viel gelesen und geplündert,
wie kein anderer mittelhochdeutscher Dichter. Aus-
gaben von W. Grimm (Gott. 1834; 2. Ausg. 1860),
von Bezzenberger mit Anmerkungen (Halle 1872).
Sebastian Brant (s. d.) hat ihn 1508 umgearbeitet.
Ins Neuhochdeutsche übertrugen ihn Simrock
(Stuttg. 1867), Bacmeister (ebd. 1874) und Pannier
(Lpz. 1878). - Vgl. W. Grimm, Kleinere Schrif-
ten, Bd. 4 (Gütersloh 1887).
Freidenker oder Freigeist bezeichnet einen
Denker, der sich in seinem Urteil über religiöse
Dinge durch keine Autorität, sondern nur durch die
Vernunft bestimmen lassen will. Der Name kam
zuerst in England auf zur Bezeichnung solcher, die
an dem kirchlichen Offenbarungsglauben eine oft
spöttische Kritik übten. Dodwell, Tindal, Ant.
Collins, der durch seinen "viscourLo of tree-
tkinkinL" (Lond. 1713-19; 2. Aufl., 3 Bde.,
ebd. 1733) dieses Wort zuerst zu einem Partei-
namen machte, und John Toland waren die Chor-
führer der F. in England. Auch erschien hier seit
1718 eine Wochenschrift "^ti6 l'i'Sktiiinksr, oi'
^835^8 ol >vit miä Iiumour". Der Gottesglaube