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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Frelatieren - Fremde
Elba ein. - F. gehörte ursprünglich zu dem Ge-
biete des kleinen ligurischen Küstenvolks Orybii,
das den Massiliern unterworfen war. Cäsar grün-
dete dort 44 v. Chr. eine Kolonie, die er I^oruni
^ulii nannte. Augustus legte einen Kriegshafen,
den jetzt der Argens (^i-Z6nt6U8) mit seinen Abla-
gerungen ausgefüllt hat, sowie Wasserleitung, Cir-
kus und Bäder an. Noch gegenwärtig hat F. an-
sehnliche Ruinen röm. Bauten; so die Reste gewal-
tiger Hafenquais, eines Leuchtturms, Theaters,
Amphitheaters, Triumphbogens, das Souterrain
einer großen Citadelle, von Thermen und Arkaden
der großen Wasserleitung. Im Mittelalter gehörte
F. den Grafen von Provence. Nachdem es gegen
Ende des 9. Jahrh, durch die Saracenen zerstört
worden war, wurde es durch das Bemühen des
Bischofs Ricalf wieder aufgebaut. 1475 wurde es
durch die Korsaren, 1536 durch Karl V. zerstört.
F. ist Geburtsort von Julius Agricola, Cornelius
Gallus und Sieyes. - Vgl. Rousse, I< ancien 6t
M0ä6rn6 (Fröjus 1866); Aubenas, Hi8toir6 ä6 I".
(ebd. 1882).
Frelatieren (frz.), Wein verfälschen, schmieren.
^>Fnz., hinter der wissenschaftlichen Benennung
von Mollusken Abkürzung für Christophe Pau-
lin de la Poix, Baron de Friminville (spr.
-mängwil), Naturforscher und Marineossizier, geb.
1787, gest. 1848.
Fremantle (spr. frihmäntl), .Hafenstadt an der
Mündung des Swan-River in Westaustralien, 20 km
südlich von der Hauptstadt Perth, hat (1891) 7077 E.
Der Bau einer Bahn nach Perth und Guilford ist
geplant.
Fremde. Die Gesetzgebung eines Volks in Be-
ziehung auf F. ist ein gewisser Maßstab seiner Kul-
tur. Rohe Völker behandeln meist die Ausländer
als Feinde und als rechtlos, gebildete Völker ge-
stehen dagegen dem unverdächtigen F. das Recht
zu, ihr Gebiet zu betreten und mit ihnen zu verkeh-
ren, ja rufen sogar nicht selten solche Kategorien
von F., von denen sie Nutzen für die Entwicklung
hoffen, ins Land. Doch ist dieser Maßstab immer-
hin ein relativer: im Altertum betrachteten auch
die höchstcivilisierten Völker die F. als Feinde; die
volle Verkehrsfreiheit der F. ist ein Ergebnis der
Neuzeit. Den Inbegriff der Rechte der F. nennt
man das Fremdenrecht. Die vollen Rechte des
Staatsbürgers übt der F. nirgends aus, und zwar
mit Recht. So sind ihm die meisten politischen
Rechte, z.B. das Wahlrecht, entzogen, er kann
Staatsämter, bevor er naturalisiert ist, nicht ver-
walten und hat auf besondere Vorteile, welche der
Staat seinen Bürgern gewährt (Armenpflege, Be-
nutzung von Stiftungen, Armenbäusern und ge-
wissen Vildungsanstalten u. s. w.), keinen Anspruch.
Bezüglich der staatsrechtlichen Stellung der F.
gilt in England durch Herkommen, in Belgien durch
ausdrückliche Verfassungsbestimmung der Grund-
satz, daß der F. so lange unter dem Schutz der Lan-
desgesetze unangefochten leben könne, als er diese Ge-
setze nicht selbst verletzt. Doch sind auch durch beson-
dere Gesetze Ausnahmen von dieser Regel gemacht
worden. (S. Fremdengesetze.)
Auch in andern Ländern und namentlich in
Deutschland hat man nach einigem Zögern densel-
ben Grundsatz faktisch mehr und mehr angenom-
men, doch immer mit dem Vorbehalt, dem F.
den Aufenthalt nickt mehr zu gestatten, sobald
seine Anwesenheit dem Staatsinteresse widerspricht
ls. Ausweisung). Die meisten Ausweisungen von F.
baben in Deutschland und Frankreich Personen be-
troffen, welche die Presse mißbrauchten. Für das
Deutsche Reich ist durch Art. 3 der Reichsverfassung
der Grundsatz festgestellt worden, daß die Ange-
börigen eines zum Deutschen Reich gehörenden
Staates in allen übrigen Einzelstaaten wie In-
länder zu behandeln sind.
Auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts
baben auch die deutschen Einzelstaaten den Aus-
ländern dieselben Rechte wie den Deutschen einge-
räumt, und zwar nicht bloß bezüglich derjenigen
Ausländer, die sich in dem betreffenden Staate
dauernd oder vorübergehend aufhalten, sondern auch
bezüglich derjenigen, die, ohne sich hier aufzuhalten,
vor einem deutschen Gericht ihre Rechte verfolgen.
Diese wechselseitige internationale Anerkennung der
in der Fremde erworbenen Rechte entspricht, im
Gegensatz zum antiken undmittelal^Hch^Mschluh
der Nationen gegeneinander, der modernen coniitag
nationum. Die Gleichstellung der F. wird nur hier
und da, auch in Deutschland und durchgehend in
Osterreich, dann versagt, wenn der ausländische
Staat auch die deutschen schlechter als die eigenen
Unterthanen behandelt. In der Schweiz gilt nach
der Bundesverfassung (Art. 60) die Gleichstellung
aller Schweizer innerhalb der einzelnen Kantone.
In den meisten Kantonen werden auch die Auslän-
der im bürgerlichen Recht den Schweizern gleichge-
stellt. Andere Kantone haben den Grundsatz der Re-
ciprocität in den Vordergrund gestellt oder die Gleich-
stellung von positiver Bestimmung abgeschlossener
Staatsverträge abhängig gemacht. Zum Teil gelten
bezüglich einzelner Nechtsinstitute (namentlich Erb-
recht, Vaterschaftsklage, Grundeigentum und Hypo-
thek) für die F. besondere gesetzliche Bestimmungen.
Über das Nähere vgl. Huber, Schweizer Privatrecht,
Bd. 1 (Bas. 1886), S. 147 fg. Von andern europ.
Staaten hat Frankreich in einem Gesetze vom 14.Juli
1819 die F. den Franzosen in Bezug auf das Erb-
recht und die Errichtung von freigebigen Verfügun-
gen fowie die Erwerbung aus solchen gleichgestellt.
Auch wird in Handelssachen der Fremde den Fran-
zosen gleich behandelt; serner kann der Fremde in
Frankreich Grundeigentum und Hypotbeten erwer-
ben. Im übrigen gilt noch heute der Grundsatz des
ll'oäe civil, Art. 11, wonach dein Fremden nur die-
jenigen bürgerlichen Rechte zustehen, die den Fran-
zosen durch Verträge mit dem Staat eingeräumt
sind, welchem der Fremde angebört. In Rußland
werden die nicht naturalisierten F. neuerdings zum
Erwerb von Grundeigentum nicht mehr zugelassen.
Was insbesondere das gewerbliche und das
geistige Eigentum anlangt, so erkennen die
neuern Patentgesetze den Grundsatz an, daß ein
Erfinderpatent auch dem Ausländer nach Maßgabe
des inländischen Gesetzes erteilt wird; nach dem
deutschen Gesetz vom 7. April 1891 (§. 12) kann
unter Zustimmung des Bundesrats durch Anord-
nung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß
gegen die Ausländer ein Vergeltungsrecht zur An-
wendung gebracht wird. Wer im Inlande einen
Wohnsitz oder eine Niederlassung nicht hat, kann
nach dem Gesetz vom 1. Juni 1891 den Anspruch
auf den Schutz seines Gebrauchsmusters nur geltend
machen, wenn in dem Staate, in welchem sein Wohn-
sitz oder seine 'Niederlassung sich befindet, nach einer
im Reichsgcsetzblatt erschienenen Bekanntmachung
deutsche Gebrauchsmuster einen Schutz genießen