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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Freskomalerei
Anziehung von Kohlensäure und Wasserdämpfen
nur vorwärts in der Steinbildung. Wegen der
notwendigen Verbindung mit dem Kalk sind sämt-
liche vegetabilische und animalische Farben dabei
nicht anwendbar, auch diejenigen mineralischen
nicht, welche mit dem Kalk eine neue chem. Ver-
bindung eingehen würden, z. B. Vleiweih. Da
nur mit einem feuchten Grunde die Farben zu
einem Ganzen verschmelzen, so kann auch das An-
tragen des Bewurfs und das Auftragen der Far-
den selbst nur stückweise geschehen und nie mehr
aufgelegt werden, als der Maler in einem Tage zu
vollenden vermag, wodurch die künstlerische Behand-
lung wesentlich erschwert wird, da der Maler meist
gezwungen ist, sich an einen in gleicher Große ent-
worfenen Karton und an eine Farbenskizze zu hal-
teu. Da die Töne vor dem Austrocknen mehr oder
weniger dunkler erscheinen als nachher, so gehört
ein geübtes, berechnendes Auge zu dieser Arbeit,
zumal alles wesentliche Nachbessern nur durch Ab-
lratzen des alten und Auflegen eines neuen Kalk-
bewurfs möglich ist. Minder Wichtiges, Härten in
Ton, Zeichnung und Modellierung, wird jedoch
durch Netouchierung mit Temperafarben verbessert.
Sobald es sich um fciuere koloriftifche Reize handelt,
haben die Maler daher meist die sehr schwierig zu
behandelnde Technik aufgegeben. Eine noch weit
folgenreichere Eigentümlichkeit besitzt die F. in dem
Mangel aller durchsichtigen und saftigen Farben,
sodaß die Schatten bei nur mähiger Tiefe trüb und
trocken erscheinen. Ihre große Dauerhaftigkeit be-
fähigt die F. vorzugsweise zu monumentalen Dar-
stellungen. Freilich haben die neuern Versuche eiue
gleiche Dauer, wie die alten Fresken sie besitzen,
nicht ergeben. Durch die Erfindung der Stereo-
chromie (s. d.) und die Wiederaufnahme der Wachs-
malerei (s. d.) sind in neuerer Zeit die vielen Übel-
stände der F. beseitigt worden.
Die ältesten Frestogemülde sind ägyptische, etrus-
lische und pompejanische. Die urchristl. Zeit hat in
den Katakomben von Nom und Neapel derartige
Denkmale hinterlassen. Aus dem Mittelalter fin-
den sich zahlreiche Reste von Fresken; das größte
Bildwerk im Dom zu Ulm. In Italien bilden die
Fresken den wichtigern Teil der ältern Malereien,
.vier wie in Deutschland veranlaßte die Sitte, die
Facade der Häuser mit Malereien zu verzieren, viele
Wandmalereien, womit auch die Kreuzgäuge der
Kirchen geschmückt wurden, wobei an die Toten-
tänze zu erinnern ist. Alles aber übertraf an Masse
und Wert die ital. F. des 16. Jahrh., vorzugsweise
in den Schulen von Nom, Florenz und Mailand,
weniger in der von Venedig. Durch Correggio er-
hielt die F. neue Anregung, indem er sie zur Her-
stellung großartiger Deckengemälde mit perspektivi-
scher Nmeransicht benutzte. Wie auch der künst-
lerische Wert der Fresken des 17. und 18. Jahrh,
zu beurteilen ist, sicher steigerte sich die technische
FeNv^e^ i.n dieser Zeit noch gewaltig. Tiepolo,
Pozzo und auch deutfche Meister wie Trogcr, Gran
und viele andere zeigen den Höhepunkt in diefer
Richtung. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh,
geriet die F. in Vergessenheit. Der erste Aufschwung
rritt erst wieder zu Anfang des 19. Jahrh. ein. In
der Wohnung des preuß. Konsuls Vartholdy (s. d.)
in Rom malten Cornelius, Overbeck, PH. Veit und
W.Schadow die Geschichte Josephs in sieben Bildern
l jetzt in der Nationalgalerie zu Berlin); in der Villa
M<Mn.v, k'äh.n ^Dndeä und Veit, noch Schnorr,
Führich und Koch Darstellungen aus Dante, Tasso
und Ariosto. Das erste bedeutende Kirchengemälde
dieser neuen Richtung war Overbecks Nosenwunder
des heil. Franziskus in der Kirche Sta. Maria
degli Angeli bei Assist. Nach diesen Anfängen
wurde München der Sitz der neuen deutschen F.
König Ludwig I. bot ihr die entsprechenden Aufgaben
in semen Monumentalbauten, in der Glyptothek,
in den Arkaden des Englifchen Gartens, im neuen
Königsbau, der Allerheiligenkapelle, der lönigl. Resi-
denz und der Vonifaciustirche. Cornelius, Nott-
mann, Heft, Koch, Kaulbach, Schraudolph waren
die bevorzugten Meister. Technisch stehen diese Bil-
der tief unter jenen des vorhergehenden Jahrhun-
derts, ja viele sind schon als verloren zu betrachten.
Piloty, Schwind und die Schüler von Foltz zierten
1865 das Marimilianeum mit Fresken.
Die Fresken außerhalb Bayerns sind zum Teil
ebenfalls von Künstlern der Münchener Schule ge-
sertigt. Doch hat auch die Düsseldorfer Schule
Fresken geliefert. Mücke arbeitete in der Andreas-
tirche zu Düsseldorf; Stürmer, Lessing und Plüdde-
mann im Schloß Heltorf; Deger, Ittenbach und die
Brüder Müller in der St. Apollinariskirche bei Re-
magen; E. Steinle im Schlosse Rheineck und im
Chöre des Kölner Doms (die Cherubim) sowie im
Schlosse Stolzenfels. In Sachsen malten Peschel
und Preller die Wandbilder in dem sog. Römischen
Hause in Leipzig; Vendemann im tönigl. Schlosse
zu Dresden. Das Schloß Nosenstein bei Stuttgart
uud das dortige Residenzschloß hat Ant. Gegenbauer,
die Schloßkirche zu Hannover Osterley, das Städel-
sche Institut zu Frankfurt a. M. Veit ausgemalt.
Cornelins' Berufung nach Berlin veranlaßte zunächst
die Ausführung der Entwürfe Schinkels für die Vor-
halle des Museums; später schuf W. von Kaulbach
im Treppcnhausedes Neuen Museums stereochroma-
tische Fresken. Der Dom zu Speicr erhielt Fresken
von Schraudolphs Hand. Die neuen Bauten in
Wien, so die Altlerchenfelder Kirche und das Arsenal,
wurden, jene vonFühnch, Engerth und Kupelwieser,
dieses von Vlaas, mit Fresken versehen; die Votiv-
kirche erhielt Freskenschmuck von Laufberger, Iobst,
Werndle u. a.; die neue Oper von Schwind, Engerth,
^turm u. a. In Weimar malten Preller, Neher und
Jäger im Schlosse die sog. Dichterzimmer aus;
schwind zierte die Wartburg mit Freskogemülden.
InF r a n kr e i ch fand die F. in diesemJahrhundert
eine nicht minder ausgebreitete Pflege, ohne daß sie
in gleicher Weise wie in Deutschland auf die Entwick-
lung der Malerei Einfluß ausgeübt hätte. Louis
Charles Auguste Couder (gest. 1873) studierte die F.
1833 in München und übertrug sie nach Paris, wo in
zahlreichen Kirchen (Notre-Dame de Lorette, Ste.
Madeleine, St. Gervais, ^t. Germain-l'Aurerrois,
St. Ambroise) ihr große Wandstächen zur Verfügung
gestellt wurden. Doch wurde jene malerische Fein-
heit nicht erreicht, welche die Franzosen von einem
guten Bilde fordern. Zu hoher Vollendung brachte
Hippolyte Flandrin die F., dessen ernste und im Ton
bescheidene Malerei (in lHt. Söverin, St. Germain-
Des-Pres, St. Vincent de Paul in Paris, St. Paul
in Nimes u. a.) zu dem Besten gehört, was aus dienern
Gebiet geschaffen wurde. Den Höhepunkt erreichte
die F. in Frankreich durch Paul Delaroche, der
1834 in Italien die F. studiert hatte, in dem Hsmi-
cycle der ^eole ä63 IiLNiix-artZ. Unter seinen Schü-
lern hat Pils die F. fortgeführt. Von den jüngern
Meistern hat Couture in St. Eustache die F. an-