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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Freytag (Gust.) - F. R. G. S.
Königsberg, wo er als Gehilfe bei der Bibliothek
angestellt wurde, und gelangte 1815 als Vngade-
prediger mit der preuß. Armee nach Frankreich, wo
er zu Paris seine schon früher begonnenen orient.
Studien unter de Sacys Leitung fortsetzte. 1819 er-
hielt er die Professnr der orient. Sprachen zu Bonn,
wo er 16. Nov. 1861 starb. Sein "I^xicon aradico
ilUinuin" (4 Bde., Halle 1830-37), dem ein klei-
neres (ebd. 1837) folgte, hat dem Studium der arab.
Sprache und Litteratur wesentlich Vorschub geleistet.
Seine Ausgabe und lat. Übersetzung der "liamaZao
cNrmwlv) (2 Bde., Bonn 1828-52) und die "^i^-
!min i)i-0v6i'dia" (3 Bde., ebd. 1838-43) sind eben-
falls wichtig. Von seinen übrigen Arbeiten sind
oußer einer "Kurzgefaßten Grammatik der hebr.
Sprache" (Halle 1835) noch zu nennen: die Ansgabe
der "I^kilmt ^loliowta" von Ibn Arabschäh nnd
die "Darstellung der arab. Verstunst" (Bonn 1838)
sowie seine "Einleitung in das Studium der arab.
Sprache" (ebd. 1861).
Freytag, Gust., Dichter und Schriftsteller, geb.
13. Juli 1816 zu Kreuzburg in Schlesien, besnchte
seit 1829 das Gymnasium in Öls und studierte
seit 1835 in Vreslau und Berlin deutsche Philo-
logie. Nachdem er 1838 in Berlin mit der Abhand-
lung "^6 iuitÜ8 8ceuica6 i)068i8 u^nä (^rnmno^"
promoviert hatte, wnrde er 1839 an der Universität
Breslau Privatdocent für deutsche Litteratur und
veröffentlichte die Abhandlung "1)6 Ilroguitim
po6ti'iw>. Neben feiner wissenschaftlichen Thätigkeit
entfaltete sich mehr und mehr eine poetische. So
veröffentlichte er u. d. T. "In Vreslau" (Bresl.
1845) eine Neihe von kleinen, größtenteils epischen
Dichtungen im Volkston; 1841 schrieb er das Lust-
spiel "Die Brautfahrt, oder Kunz von der Rosen"
(ebd. 1844; 2. Aufl., Lpz. 1889), das bei der von dem
tö'nigl. Theater in Berlin ausgeschriebenen Konkur-
renz einen Preis errang; in Nuges "Poet. Bil-
dern" erschien 1844 von ihm das kleine Traner-
spiel "Der Gelehrte". Seinen Ruf als Dramatiker
begründete er durch die Schauspiele "Die Valentine"
iLpz. 1847; 3. Aufl. 1873) und "Graf Waldemar"
<ebd. 1850; 4. Aufl. 1887), von denen das letztere
1847 zu Dresden entstand, wohin F. im selben
Jahre übergesiedelt war. Beide Dramen machten
rasch die Runde über alle deutschen Bühnen und
haben sich im Spielplan derselben eingebürgert.
Die genannten Stücke sind auch in seinen "Dramat.
Werken" (3 Bde., Lpz. 1848-50; 5. Aufl., 2 Bde.,
1890) enthalten. Mit der Tragödie "Die Fabier"
<ebd. 1859; 4. Anfl. 1882) griff er von der Dar-
stellung modernen Lebens znm Pathos der Antike
zurück. Als das I. 1848 den Dresdner Kreis von
Schriftstellern und Künstlern zerstreute, in den: F.
gelebt hatte, wandte er sich nach Leipzig, wo er nun
mit Iuliau Schmidt, nach Kurandas Rücktritt, die
Leitung der "Grenzboten" übernahm, von der er
Ende 1870 zurücktrat. Für diese Zeitschrift schrieb
er u. a. eine Reihe vorzüglicher kulturhistor. Auffätze
Qus der deutschen Vergangenheit.
Im I. 1854 veröffentlichte F. seine prächtigen
"Journalisten" (11. Anfl., Lpz. 1894), das beste Lust-
spiel des Jahrhunderts, das mit feinem und herz-
lichem Humor ein Bild des geistigen und polit.
Lebens jener Zeit entrollt: sodann 1855 den Roman
"Soll und Haben" (3 Bde., ebd. 1855; 42. Aufl.,
2 Bde., 1894), der, in mehrere Sprachen übersetzt,
den Namen F.s über die Grenzen Deutschlands hin-
austrug. Das Gemälde bürgerlicher Tüchtigkeit,
das F. hier in Bezug auf den Kaufmannsstand ent-
worfen hatte, erhielt ein den Gelehrtenstand zum
Mittelpunkt nehmendes Eeitenstück in dem Roman
"Die verlorene Handschrift" (3 Bde., Lpz. 1864;
24. Aufl., in 2 Vdn., 1894). Zu F.s vorzüglichsten
Werken gehören die "Bilder ans der deutschen Ver-
gangenheit" (zusammen 4 Bde. in 5 Abteil., ebd.
1859 - 62, zum Teil in 20. Auflage erschienen);
sie geben eine auf gründlichen histor. Kenntnissen
fußende und von bedentender Gestaltungskraft ge-
tragene farbenreiche und anschauliche Darstellung
des deutschen Lebens früherer Zeiten. Die Grund-
regeln des dramat. Schaffens hat F. in der Schrift
"Die Technik des Dramas" (Lpz. 1863; 7. Aufl.
)894) gründlich und treffend dargelegt und durch
Beispiele erläutert. Von 1867 bis 1870 war er Ver-
treter Erfurts in: Norddeutschen Reichstag. Nach
dem Deutsch-Französischen Kriege, den er bis zur
Schlacht bei Sedan im Hauptquartier der Dritten
Armee mitmachte, erschien sein umfangreiches Werk,
das die Schicksale einer deutschen Familie von der
german. Urzeit bis zur Gegenwart in einer Neihe
histor. Erzählungen unter dem Gesamttitel "Die
Ahnen" schildert. Die einzelnen Teile: "Ingo und
Ingraban" (Lpz. 1872; 21. Aufl. 1894), "Das Nest
der Zaunkönige" (ebd. 1873; 16. Aufl. 1892), "Die
Brüder vom deutschen Hause" (ebd. 1874; 13. Aufl.
1892), "Markus König" (ebd. 1876; 10. Aufl. 1891),
"Die Geschwister" (ebd. 1878; 10. Aufl. 1891) und
"Aus einer kleinen Stadt" (ebd. 1880; 8. Aufl. 1892),
die zwar nicht fämtlich die gleiche Bedeutung und
Frische verraten, bilden ein poet. Seitcnstück zu den
"Bildern aus der deutschen Vergangenheit". F., der
schon seit 1852 den Sommer stets auf seiner Besitzung
in Siebleben bei Gotha znbrachte, verließ 1879
Leipzig ganz und wählte nnn Wiesbaden als Winter-
aufenthalt. Bei Gelegenheit seines 70. Geburtstages
bestimmte ein Erlaß des Kaisers, daß ein aus Staats-
mitteln angefertigtes Bildnis F.s in der National-
galerie zu Berlin aufgestellt werde. Vom Herzog
von Eobnrg wurde er 1893 zum Wirkl. Geheimrat
mit dem Prädikat Excellenz ernannt. Er starb
30. April 1895 in Wiesbaden. Von seinen Schrif-
ten sind noch zu erwähnen: "Karl Mathy, Ge-
schichte seines Lebens" (Lpz. 1870; 2. Aufl. 1872),
"Doktor Luther" lebd. 1883; 3. Aufl. 1884), "Der
Kronprinz und die deutsche Kaiserkrone" (1. bis
10. Aufl. 1889), welch letztere mebrere Entgeg-
nungen hervorrief. Seine "Gesammelten Werke"
(22'Bde., Lpz. 1887 - 88) enthalten auch eine
Autobiographie F.s: "Erinnerungen" (besondere
Ausg. 1887); außerdem "Aufsätze über Politik und
Litteratur", in besonderer Ausgabe u. d. T. "Gesam-
melte Aufsätze" (2 Bde., 1. u. 2. Aufl., Lpz. 1888).
F. war ein durchaus moderner Dichter, der scharfe
Gegensätze aus dem Leben aufgriff und manche
Anklagen gegen die Gesellschaft erhob, ohne doch je
der engen Tendenz zu verfallen: davor bewahrte ihn
sein weiter histor. Blick. In seinen Dramen 'l.ieble er
schwierige psychol. Probleme, aber mit natürlicher
Lösnng. ^eine Charaktere sind klar und durchsichtig,
aus einem Guß, ebenso ist die Technik in der Kom-
position höchst verständig, die Sprache fesselnd und
frei von Schwulst. Sein gesunder, tüchtig strebender
Geist hat F. zum populärsten Romanschriftsteller der
neuern deutschen Litteratur gemacht.
?. lt. <5.3., in England Abkürzung für I^iion
ok tli6 Koval (reo^i-apiiical äocistv (d. h. Mitglied
der Königlichen Geographischen Gesellschaft).