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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friedberg (in Hessen) - Friedberg (Heinr. von)
Nähe die Wallfahrtskirche "Unseres Herren Ruhe",
im 13. Jahrh, von einem Bürger der Stadt nach
seiner Befreiung aus türk. Gefangenschaft erbaut,
1870 prachtvoll restauriert, mit schönen Glasmale-
reien, Freskogemäldcn, herrlichem Hochaltar und
5 neuen Glocken (1890). Hier siegten die Fran-
zosen unter Moreau 24. Aug. 1796 über die Öster-
reicher, wobei die Stadt geplündert wurde.
Friedberg. 1) Kreis in der Hess. Provinz Ober-
hessen, hat 572,29 (ikin (1890), 62104 (31288
männl., 30 816 weibl.) E., 10 659 bewohnte Wohn-
häuser, 13482 Haushaltungen, 4 Städte und
69 Landgemeinden. - 2) F. in der Wett erau,
Kreisstadt im Kreis F., auf einer Anhöhe rechts an
der Ufa und an den Linien
Cassel-Frankfurt a. M. und
Hanau-F. (32,8 km) der Preuß.
^taatsbahnen,Sitz eines Kreis-
amtes und Amtsgerichts Land-
gericht Gießen),' hat (1890)
5316 meist evang. E., Post
erster Klasse, Telegraph, 2 Kir-
chen, darunter eine 1290-
1320 im got. Stile erbaute, ein altes, sehens-
wertes Iudenbad (12. bis 13. Jahrh.), einen
Eisenbahnviadukt (20 in hoch, 350 ni lang) mit
24 Bogen, evang. Prediger- und Schullehrer-
seminar, Progymnasium, Realschule, Mädchen-
schule, Taubstummen-, Blindenanstalt, erweiterte
Handwerkerschule, Ackerbau- und Obstbauschule,
Vorschuß-und Kreditverein. Einen besondern Stadt-
teil bildet die Burg F., ehedem Sitz einer mächti-
gen, unter einem Burggrafen stehenden ritterschaft-
lichen Verbindnng, jetzt die Gebäude des Lehrer-
seminars und ein Schloß mit Anlagen und Gärten
umschließend. Es bestehen mehrere Lack- und Hand-
schuhfabriken, Gerbereien, bedeutende Vierbraue-
reien und eine Fabrik von chem. Präparaten für
die Photographie, besonders von Albuminpapier,
ferner Ackerbau und Handel, besonders mit Lan-
desprodukten. - Die Stadt, ursprünglich eine röm.
Niederlassung, wurde 1211 durch Kaiser Friedrich II.
zur Freien Reichsstadt erhoben. In F. wurde im
Juni 1599 die Übereinkunft der Protestanten ge-
schlossen. Am 12. Dez. 1634 kapitulierte F. an die
Ligisten. Anfang 1640 wurde es von den Weima-
ranern, 13. Dez. 1640 von den Kaiserlichen ein-
genommen, 8. und 9. Okt. 1645 aber von den Hessen
vergeblich bestürmt. Am 10. Juli 1796 siegten die
Franzosen bei F. unter Iourdan über die Österreicher
unter Wartensleben. 1802 kam F. an Hessen. -
Vgl. Diefsenbach, Geschichte der Stadt und Burg
F. in der Wctterau (Darmst. 1857).
Friedberg, Emil Albert, Kirchenrechtslehrer,
ged. 22. Dez. 1837 zu Konitz in Westpreußen, stu-
dierte in Berlin und in Heidelberg Rechtswissen-
schaft und habilitierte sich 1862 in Berlin für Kirchen-
recht und Staatsrecht, wurde 1865 auherord. Pro-
fessor in Halle, 1868 ord. Professor zu Freiburg
l. Br., 1869 in Leipzig. In seinen Schriften dringt
F. auf Wahrnehmung der Rechte des Staates gegen-
über der tath. Kirche und auf Gestaltung eines
freiern Lebens in der prot. Kirche, deren bisher meist
nur theologisch oder geschichtlich behandeltes Recht er
juristisch zu erörtern unternahm. Besonders zu nen-
nen sind: "I>6 iiniuni intei- (x:cle8i<itn (."t civitlttmn
i'6Fnn(Ioi'uin ^udieio Huiä mo^ii n,ovi äoetorog ot
16^63 8ww6i'int" (Lpz. 1861, Inauguraldissertation),
"Ehe und Eheschließung im deutschen Mittelalter"
(Berl. 1864), "Das Recht der Eheschließung in
seiner geschichtlichen Entwicklung" (Lpz. 1865),
"Die evang. und kath. Kirche der neu einverleibten
Länder in ihren Beziehungen zur preuß. Landes-
kirche und zum Staate" (Halle 1867), "Aus deut-
schen Vußbüchern" (ebd. 1868), "Das Veto der Re-
gierungen bei Bischofswahlen in Preußen und der
oberrhein. Kirchenprovinz" (ebd. 1869), "^^0ii(^
wie es in des Churfürsten zu Sachsen Landen in den
Kirchen gehalten wird" (ebd. 1869), "Die Geschichte
der Civilehe" (2. Aufl., Berl. 1877), "Der Staat und
die kath. Kirche im Großherzogtum Baden feit 1860"
(2. Aufl., Lpz. 1873), "Die Grenzen zwischen Staat
und Kirche" (3 Bde., Tüb. 1872), "Johannes Bap-
tijta Valtzer" (Lpz. 1873), "Der Staat und die Bi-
schofswahlen" (2 Bde., ebd. 1874), "Altenstücke zum
ersten Vatikanischen Konzil" (Tüb. 1872), "Akten-
stücke, die altkath. Bewegung betreffend" (ebd. 1876),
"Verlobung und Trauung" (Lpz. 1876), "Die Grund-
lagen der preuß. Kirchenpolitik unter König Fried-
rich Wilhelm IV." (ebd. 1882), "Lehrbuch des kath.
nnd evang. Kirchenrechts" (ebd. 1879; 3. Aufl. 1889),
"Das lüoiwFwin Mi-iäicum" (ebd. 1882), "Die gel-
tenden Vcrfassungsgesetze der evang. deutschen Lan-
deskirchen" (Freib. i. Vr. 1885; nebst 3 Ergänzungs-
bänden 1888-92), "Das geltende Verfassungsrecht
der evang. Landeskirchen in Deutschland und Oster-
reich" (Lpz. 1888). Auch veröffentlichte F. eine neue,
und zwar die erste kritische, auf handschriftlicher
Grundlage beruhende Ausgabe des "(^oi-Mg Mi-iz
ciinouici" (2 Tle., ebd. 1879-81) und der "(Huin^uO
"0mMlUi0ll68 ^uti(iuH6" (ebd. 1882), eine Ausgabe
des "Handelsgesetzbuchs" (3. Ausg., ebd. 1894) und
ein "Formelbuch für Handels-, Wechsel- und See-
recht" (ebd. 1890). Im Verein mit Richard Tove
gab F. seit 1864 die "Zeitschrift für Kirchenrecht"
(Freiburg) heraus, feit 1891 mit Eehling die
"Deutsche Zeitschrift für Kirchenrecht" (ebd.).
Friedberg, Heinr. von, preuß. Justizminister,
geb. 27. Jan. 1813 in Märkisch-Friedland, studierte
1833-36 in Berlin die Rechte und arbeitete dann
auf dem Berliner Stadt- und dem Kammergericht.
Er wurde schon 1843 im Ministerium des Innern
und seit 1845 im Justizministerium mit der Vorbe-
reitung von Gesetzgebungsentwürfen detraul' 1848
wurde er zweiter Staatsanwalt beim Kammergericht,
1849 Oberstaatsanwalt in Greifswald. Dort habi-
litierte er sich an der Universität und hielt Vor-
lefungen über Strafprozeß. 1854 wurde F. als Geh.
Iustizrat in das Justizministerium berufen und 1873
zum Unterstaatssekretär ernannt, nachdem er eine
Zeit lang als Präsident der Prüfungskommission
für das zweite jurist. Examen fungiert hatte. Im
Nov. 1872 wurde er ins Herrenhaus berufen nnd
1875 zum Kronsyndikus ernannt,- im Dez. 1876 er-
folgte feineErnennung zumStaatsfekretär im Reichs-
justizamt. Als Mitglied des Bundesrats leitete F.
den Iustizausschuß und nahm an der Gesetzgebung
des Norddeutschen Bundes wie an der des Deutschen
Reichs hervorragenden Anteil, namentlich vertrat
er die von ihm aufgestellten Entwürfe des Teutschen
Strafgefetzbuches, des Militärstrafgesetzbuches, die
Gesetzgebung über die Civilehe u. s. w. Äm 30. Okt.
1879 wurde er an Leonharos stelle zum preuh.
Staats- und Iustizminister ernannt. Kaiser Fried-
rich verlieh ihm 1888 den Schwarzen Adlerorden
und damit den erblichen Adel. 1889 nahm F. seinen
Abschied und widmet sich seitdem rechtsgeschicht-
lichen Studien auf dem Gebiete der brandend.-