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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friedenstein - Friederichsen
nur dann angewendet, wenn die leitenden Staats-
männer selbst erscheinen, wobei es sich dann auch,
wie ans dem Pariser Kongreß 1856, nm Verein-
barungen von einer über den eigentlichen F. hinaus-
rcichenden Tragweite handelt. Das Wesen des letz-
tcrn besteht in der bindenden Erklärung, daß unter
den bisher Kriegführenden Friede und Freundschaft
und zwar den Grundsätzen des heutigen Völkcr-
rcckts gemäß (s. Friede) dauernd, ü, ^6i-p6wit6,
nicht auf eine im voraus begrenzte Zeit bestehen
soll; diese bindende Kraft des F. tritt, wie bei jedem
völkerrechtlichen Vertrage (s. d.), erst mit der Ratifi-
kation ein. Haben am Kriege auf einer oder beiden
Seiten mebrere Verbündete teilgenommen, so heißt
ein nicht alle Kriegführenden umfassender F. Se-
paratfriede.
ssriedenstein, das Schloß von Gotha (s. d.).
ssriedensthore, s. Festungsthore.
Hriedenstransportordnung, s Militär
tran5vorwrdnuugen und Fricdensleistungcn.
Friedensvertrag, der einen Friedensschluß
(s. d.) entdaltendc (definitiver F.) oder dessen
wesentlicheBedingungenvorläufig festsetzende (Prä-
liminarfricdens v er tr a g) völkerrechtliche Ver-
trag: die für diesen allgemein geltenden Recktssätze
über Form, Wirtungen u. s. w. finden also auf beide
Arten der F. Anwendung. Zum notwendigen In-
balte des definitiven F. gehören außer dem eigent-
lichen Friedensschlüsse Vereinbarungen über die
Beseitigung der Thatsachen und Folgen des Kricgs-
zustaudes, vor allem also über die Räumung der
gegenseitig eroberten oder besetzten Gebietsteile,
soweit nicht eine Abtretung (s. d.) zugestanden wird,
und die Freilassung der Kriegsgefangenen. Ferner,
da durch den Kriegszustand alle für den Friedens-
zustand geschlossenen Verträge unter den Krieg-
führenden außer Kraft gesetzt werden und nach be-
endetem Kriege nur durch ueue Vereinbarung wieder
in Kraft treten können, ist es zur Wiederherstellung
des friedlichen Verkehrs unumgänglich, daß im
F. darüber wenigstens vorläufige Festsetzungen ge-
troffen werden. Endlich ist es üblich, im F. eine
allgemeine Amnestie für die beiderseitigen Unter-
thanen wegen Anteilnahme zu Gunsten des Feindes
auszusprechcn. F. auf eine bestimmte Reibe von
Jahren, thatsächlich gleichbedeutend mit den für äbn-
liche Zeitabschnitte geschlossenen Waffenstillstands-
verträgcn, waren wie diese im Altertum und Mittel-
alter nicht selten und haben sich zuletzt in den Be-
ziehungen der europäischen zu den Mohammed. Staa-
ten erhalten; mit den Grundsätzen des heutigen
europ. Völkerrechts sind sie unvereinbar.
Friedenthal, Karl Rud., preuß. Staatsmann,
geb. 15. Sept. 1827 in Vreslau, studierte die
Rechte in Vreslau, Heidelberg und Berlin, wurde
1854 Assessor, schied dann aber aus dem Staats-
dienst aus, um die Verwaltung der eigenen Be-
sitzungen zu übernehmen, und machte sich praktisch
vertraut mit Industrie und Landwirtschaft. Er
wurde 1856 Kreisdeputierter für Neisse, 1857
Landrat des Grottkauer Kreises, in welcher Stellung
er bis 1864 verblieb. 1860 veröffentlichte er die
Flugschrift "8lUu8 pudUca, 8u^i'6m^ Isx", in welcher
er sehr entschieden für die Armeereorganisation
eintrat und die altliberale Mehrheit auf die Ge-
fahren ihrer damaligen Haltung aufmerksam machte.
F. wurde 1867 in den Konstituierenden Reichstag
des Norddeutschen Bundes gewählt, wo er mit den
beiden Vincke, Max Duucker, Graf Dyhrn, Falku. a.
das altliberale Centrum bildete. Nach den Neu-
wahlen trat er in die Freikonservative Partei ein.
Im Norddeutschen Reichstage und Zollparlament
sowie im Deutschen Reichstage war er bei den meisten
wichtigern Gesetzen als Referent, Korreferent oder
Antragsteller thätig. Während des Deutsch-Fran-
zösischen Krieges von 1870 und 1871 war F. Mit-
glied der Centralstelle, welche die freiwillige Kranken-
pflege organisierte und leitete. Vismarck berief ihn
mit Blanckenburg und Vennigsen nach Versailles
zum Beirat beim Abschlüsse der das Reich begrün-
denden Verträge. Seit 1870 war F. auch Mitglied
des preuft. Abgeordnetenhauses. Hier war er Refe-
rent über die allgemeinen Grundzüge und specielle
Abschnitte der Kreisordnung, deren Entwurf er hatte
ausarbeiten helfen. In der Session 1873/74 war
er zweiter Vicepräsident des Abgeordnetenhauses.
Am 19. Sept. 1874 wurde F. zum Staatsminister
für die landwirtschaftlichen Angelegenheiten ernannt,
und 80. März 1879 wurde ihm auch das bis dahin
dem Finanzministerium unterstellte Ressort der Do-
mänen und Forsten übertragen. Der Eystemwechsel
in der Wirtschaftspolitik Vismarcks veranlaßte ihn
seine Entlassung einzureichen, die ihm auch 12. Juli
1879 gewährt wurde. Die ihm hierbei angebotene
Erhebung in den Adelstand lehnte er ab. Seine
Berufung ins Herrenhaus im Okt. 1879 machte
seiner Thätigkeit als Vertreter des Wahlkreises
Meseritz-Bomst im Abgeordnetenhause ein Ende.
Seit 1881 gad er auch seine parlamentarische Wirk-
samkeit im Reichstage auf, um sich wieder ausschließ-
lich der Verwaltung seiner landwirtschaftlichen und
indnstriellen Besitzungen zu widmen. Er starb 6. März
1890 auf seinem Gute Giesmannsdorf bei Neisse.
Friederichs, Karl, Archäolog, geb. 7. April
1831 zu Delmenhorst, studierte in Göttingen, Er-
langen und Berlin Philologie und Archäologie,
wurde erster Kustos am Museum in Berlin, dann
außerord. Professor an der Universität und 1868
Direktor des Antiquariums im Museum. Er starb
18. Okt. 1871. Unter seinen Schriften sind hervor-
zuheben: "Praxiteles und die Niobegruppe" (Lpz.
1855), "Berlins alte Bildwerke" (2 Bde., Düsseld.
1868-72), auch u. d. T.: "Bausteine zur Geschichte
der griech.-röm. Plastik" (Nachtrag 1873; Neu-
bearbeitung von Wolters u. d. T. "Die Gipsabgüsse
antiker Bildwerke der königl. Museen zu Berlin",
Verl. 1885), "Die philostratischen Bilder" (Erlangen
1860), "Pindarische Stndien" (Berl. 1863). Reise-
briefe aus Griechenland, dem Orient und Italien er-
schienen u. d. T. "Knnst und Leben" (Düsseld. 1872).
Friederichseu, Ludw., Kartograph, geb. 1. Mai
1841 in Rendsburg, erhielt seine geogr. Ausbildung
in Gotha unter von Sydow und Petermann. Spä-
ter studierte er in Kiel und Berlin, ward 1865 Mit-
glied des statist. Seminars in Berlin und errichtete
1868 in Hamburg eme geogr.-nautische Verlags-
anstalt (Firma " L. Frieoerichsen & Co."), aus der
unter andern hervorragenden Werken das "Jour-
nal des Museum Godeffroy" (Hamb. 1873 - 79)
hervorgegangen ist. 1873 gründete er die Ham-
burger Geographische Gesellschaft und bekleidet seit
jener Zeit das Ehrenamt des Generalsekretärs
dieser Gesellschaft, deren "Mitteilungen" er heraus-
giebt und kartographisch ausstattet. Anßerdem ver-
öffentlichte er: "Die deutschen Seehäfen" (2 Bde.,
Hamb. 1889-91) und hatte wesentlichen Anteil an
der Herausgabe der in seinem Verlage el-schiei^ien
zweibändigen "Hamburgischen Festschrift zur Er-