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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friedland (Herzog von) - Friedländer (Friedr.)
Gitschin (Iicin) als Residenzstadt, F., Böhmisch'
Leipa, Arnau, Turnau, Aicha, Weihwasser und
Reichenderg, sowie 57 Schlosser und Dörfer. Die
Bestandteile des Herzogtums lagen in verschiedenen
Kreisen zerstreut; die ständische Verfassung unter-
schied 3 Stände: Prälaten, Herren und Ritter. Zu-
gleich hatte Wallenstein als Reichsfürst und Herzog
von dem Kaiser die Lehnshoheit über die innerhalb
des Herzogtums gelegenen Landgüter erhalten. Für
die Verwaltung, Rechtspflege, Wiederherstellung der
kath., bis dahin cvang. Kirchen und Schulen sorgte
Wallenstein in seinem Herzogtum mit Umsicht und
Eifer, entzog jedoch auch den Städten die wichtig-
sten Gerechtsame, z. V. die Brauerei, gewaltsam. -
2) Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft F.,
von der das Herzogtum den Namen erhielt, liegt im
Wittigthale an der Linie Seidenberg-Reichenberg
der Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn, ist Sitz
eines Bezirksgerichts, Steueramtes, und besteht aus
der uoch teilweise mit aus dem 13. Jahrh, stammen-
den Mauern umgebenen Stadt und dem Vorort
Jäkelsthal. Die Stadt hat (1890) mit dem Scklosi-
bezirk 5282 C'., Post, Telegraph, Wollwarenwebc-
rcien und Spinnereien, zwei Baumwollspinnereien,
Druckerei, Färberei und Appretur von Wollwaren,
Feintuch-, Zwirn-, Papier- und Wagenfabriken,
Dampfbrettsäge und Brauereien. Von den zwei
Kirchen besitzt die Dekanalkirche (wahrscheinlich als
Barbarakapelle im 13. Jahrh, gegründet, 1551
umgebaut, 1889 - 91 renoviert) ein Gemälde von
Johann von Ach, ein prachtvolles Denkmal des
Feldmarschalls Melch. von Rädern (1610) und ein
Rädernsches Epitaphium (1565 - 66). Das weit-
läufige, durch seine Rüstkammer und Altertümer
merkwürdige Schloß (1869 durch Graf Elam-Gallas
umgestaltet und verschönert) liegt südöstlich 60 in
über der Stadt, auf einem uur von einer Seite zu-
gänglichen Vasaltfelsen (354 m).
Friedland, Herzog von, Titel Wallensteins (s. d.
und Friedland, Vezirkshauptmaunschaft in Böhmen),
der daher auch oft als Friedländer bezeichnet wird.
Friedland, Valentin, gewöhnlich nach seinem
Geburtsorte Trotz endorf genannt, Schulmann,
war der Sohn eines Landmanns und 14. Febr.
1490 zu Trotzendorf (jetzt Troitfchcndorf) in der
Oberlausitz geboren. Er besuchte die Schule zu Gör-
litz, wurde in Leipzig von Peter Mosellan im
Lateinischen und von Richard Crocus im Griechi-
schen unterrichtet. 1516 kam er als unterster
Lehrer wieder nach Görlitz, wo er den Rektor und
die übrigen Lehrer in der griech. Sprache unter-
wies. Als Luther auftrat, legte er fein Amt nie-
der, ging 1518 nach Wittenberg und blieb hier
5 Jahre. Er wurde 1523 Lehrer am Gymnasium
zu Goldberg und 1524 Rektor. Nach 3 Jahren ging
er nach Liegnitz, 1529 wieder nach Wittenberg, 1531
zum zweitenmal als Rektor nach Goldbcrg. Er
stand dieser schule nun 25 Jahre vor und brachte
sie zu einer großen Berühmtheit. Sie war ganz nach
dem Muster der humanistischen Anstalten eingerich-
tet; Latein galt als die Krone der Bildung, und die
Muttersprache war ganz aus der Anstalt/selbst aus
dem Verkehr der Schüler untereinander, verbannt.
Alle Schüler, und deren zählte die schule oft über
taufend, wohnten in den ^chulgebäuden, wo F.
durch eigentümliche republikanische Einrichtungen,
indem er die Schüler selbst ins Regiment zog, eine
treffliche Disciplin aufrecht zu erhalten wußte. In
den ersten Jahren mußte er allein in den Oberklassen
den Unterricht besorgen; in der Folge wählte er sich
einige Gehilfen; in den untern Klaffen unterrichte-
ten auch Schüler der obern Klaffen. Außer der Re-
ligionslehre, welche F. selbst in allen Klassen leitete,
erstreckte sich der Unterricht auf die lat., griech. und
bebr. Sprache, Redekunst, Geschichte und Dialektik.
Als das Schulgebäude 17. Juni 1554 niederbrannte,
zog er mit feiner Schule nach Liegnitz, wo er 26. April
1556 starb. - Vgl. die Biographien von Pinzger
(Hirschb. 1825) und Löschke (Bresl. 1856), sowie G.
Schmid inK.A.Schmids "Geschichte der Erziehung",
Bd. 2 (2. Abteil., Stuttg. 1889^ und Sturm, Va-
lentin Trotzendorf und die lat. schule zu Goldberg
(Goldberg 1888).
Fricdländer, f. Friedland, Herzog von.
Friedländer, David, bekannt durch seine Be-
strebungen für die Emancipation des Judentums,
geb. 6. Dez. 1750 zu Königsberg i. Pr., kam 1771
nach Berlin, wo er mit Moses Mendelssohn eng
befreundet wurde und 25. Dez. 1834 starb. F. war
schon früh Mitarbeiter an der (hebräifchen) Zeit-
schrift ">l6H886l" ("Der Sammler") und hatte be-
sondern Anteil an der Errichtung der jüd. Freischule
in Berlin, neben der eine "orient. Buchdruckerei
und Buchhandlung" angelegt wurde. Den Anfein-
dungen einzelner Rabbiner gegen die biblischen
Übersetzungen Mendelssohns trat er u. a. in seinem
"Rundschreiben an die deutschen Juden" (Berl.
1788) entgegen. Für die Emancipation der Ju-
den schrieb er: "Aktenstücke, die Reform der jüd.
Kolonie in den preuß. Staaten betreffend" (ano-
nym, Verl. 1793) und "Über die Verbesserung der
Israelitcn im Königreich Polen" (ebd. 1819). Sein
"Sendschreiben an den Propst Teller von einigen
Hausvätern jüd. Religion" (anonym, Berl. 1799)
führte zu einem lebhaften Federkriege. Iudenfeind-
liche Schriften, die im Anfang des 19. Jahrh, er-
schienen, veranlaßten ihn zu dem Sendschreiben an
seine Freundin von der Recke: "Veitrag zur Ge-
schichte der Verfolgung der Juden im 19. Jahrh,
durch Schriftsteller" (Berl. 1820). - Vgl. Ritter,
Geschichte der jüd. Reformation, Bd. 2: David F.
(Berl. 1861).
Friedländer, Friedr., österr. Gcnremaler, geb.
10. Jan. 1825 zu Kohljanowitz in Böhmen, war
Schüler Waldmüllers in Wien und begann seine
künstlerische Laufbahn 1848 mit dem Bilde: Mönche
am Grabe eines Märtyrers, dem Des Malers
Traum, Tod des Torquato Tasso (1852), Friedrich II.
vonHohenstaufen und Petrus de Viuea folgten. Nach
einer 1850 unternommenen Reife nach Italien und
lä'ngerm Aufenthalte in Düsseldorf und Paris kehrte
er 1853 nach Wien zurück und wendete sich nun der
Darstellung des Volks- und Familienlebens, beson-
ders aber der Schilderung des Lebens österr. In-
validen zu. Später wurde er in den österr. erblichen
Adelstand mit dem Titel "von Malhcim" erhoben.
Zu seinen hervorragendsten Bildern gchören'.
Wiener Volksscene (1859; Hofmuseum in Wien",
Scene beim Juwelier, Kirchweihfest in Mariabrunn,
Der Brandstifter (Prager Museum), Weiukostcr,
Rückkehr ins Vaterhaus (1868), Der neue Kamerad
(1868; Galerie der Wiener Akademie), Erdbecr-
lieferanten (1872), Invaliden in der Kantine (1875;
letztere beide im Hofmuseum zu Wien), Das Leih-
baus (Eigentum des Herzogs von Coburg), Der
Toast, Die Weinverteilung, Die fünf Sinne (letztere
drei Eigentum des Kaisers Franz Joseph), Das
Examen (1883), Weinprobc (1885), Der Taschen-