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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Friedrich II.

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Friedrich II. (König von Preußen)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Friedrich Wilhelm I. (König von Preußen)'

der Finanzen, war 1714 die Generalrechenkammer begründet worden, die 1723 unter dem Namen Oberrechenkammer dem Generaldirektorium beigeordnet wurde. Es wurden die ersten Generalkassenrechnungen und die ersten Etats für die gesamte Staatsverwaltung aufgestellt. Auch in der Leitung der auswärtigen Verhältnisse führte F. W. das Kollegialsystem durch. 1728 wurde das preuß. Auswärtige Amt errichtet mit zwei, zeitweise auch drei Ministern, es führte den Namen "Departement der auswärtigen Affairen" oder "Kabinettsministerium". Für das Justizwesen wurde eine oberste Spitze geschaffen in der Stellung des "Chef de justice", die Cocceji 1737 erhielt. Zusammen mit drei andern Justizministern bildete der "Chef de justice" das sog. Justizdepartement. - An dem zum größten Teil bürgerlichen Beamtentum gewann die Krone eine feste zuverlässige Stütze gegen die Stände. Den von seinem Großvater begonnenen Kampf des preuß. Fürstentums gegen die Stände hat F. W. weiter geführt. Die Versammlung von ständischen Landtagen wurde nicht mehr geduldet, der Einfluß der Stände auf die Landesverwaltung hörte gänzlich auf, das Präsentationsrecht der Ritterschaft bei der Besetzung des Landratsamtes wurde bedeutend eingeschränkt. Gegen die Willkür der Gutsherren wurde die Bauernschaft durch ein strenges Verbot des Auskaufens der Bauerngüter und des Prügelns geschützt. Die Leibeigenschaft begann F. W. wenigstens auf den Staatsgütern abzuschaffen. Die Selbständigkeit der städtischen Magistrate, ihre patrimoniale Polizei, Finanzverwaltung und Rechtsprechung wurde durchbrochen; landesherrliche Beamte erhielten die städtische Verwaltung, ein heilsamer Fortschritt, denn die Regierung der Magistrate war in eine oligarchische Cliquenherrschaft ausgeartet. - Wie der König selbst in seiner Lebensweise die größte Sparsamkeit und Einfachheit beobachtete, so brachte er auch in die Finanzen des Staates die strengste Ordnung, tilgte sämtliche Schulden, steigerte die Reineinnahmen bis auf 7 Mill. Thlr. und hinterließ, ungeachtet der großen Ausgaben für das Heer und für die Landeskultur und ungeachtet der Armut der Bevölkerung, einen Staatsschatz von 10 Mill. Thlrn. Auf den zahlreichen trefflich verwalteten Domänen beruhte seit F. W. im 18. Jahrh, die große finanzielle Kraft und Leistungsfähigkeit des preuß. Staates. Statt der Erbpacht richtete er die Generalzeitpacht ein; durch systematische Urbarmachung wüsten Landes, durch große Ankäufe und mannigfache landwirtschaftliche Verbesserungen wurden Umfang und Wert des preuß. Domaniums gesteigert. Auch vereinigte er die Schatullgüter feiner Familie mit den Staatsgütern und verfolgte überall das Ziel, die Naturalwirtschaft durch ausschließliche Geldwirtschaft abzulösen, eine strenge Kontrolle und feste Rechnungsablegung, genaue Voranschläge einzuführen. Für den Unterhalt des Heers wurden zu den bestehenden Militärsteuern, der Kontribution und Accise, mehrere neue eingeführt: die sog. Kavalleriegelder, die Servis- und Sublevationsgelder; auch der schon erwähnte Lehnskanon gehört hierher. Die Kontribution wurde in Ostpreußen in eine weit gerechter verteilte ländliche Steuer, in den sog. Generalhufenschoß (s. d.) umgewandelt. In Ostpreußen, das Krieg und Pest entsetzlich verwüstet und entvölkert hatten, wurden 1732 17 000 Salzburger Protestanten angesiedelt. In der Gewerbe- und in der Handelspolitik huldigte F. W. dem Merkantilsystem. Insbesondere die Wollindustrie nahm durch die Schutzmaßregeln, durch staatliche Unterstützung, durch Schaffung von großen Absatzgebieten, z. B. in Rußland, einen bedeutenden Aufschwung. - Erhebliche Verdienste erwarb sich F. W. auch um das Volksschulwesen; für höhere Wissenschaft aber und für die Kunst mangelte ihm fast jedwedes Verständnis; die von Friedrich I. begründete Akademie geriet in Verfall, von ihrem Etat wurden die königl. Hofnarren besoldet. Nur die Theologie und solche Wissenschaften, die der Praxis nahe stehen, wie die Nationalökonomie, fanden Gnade vor den Augen des Königs. Seine Erholung und seine Freude suchte F. W. auf der Jagd und bei den derben Späßen des Tabakskollegiums. Er starb 31. Mai 1740 in Potsdam.

F. W. vereinigte mit einen: zwar nicht vielseitig gebildeten, aber vorurteilsfreien Geiste einen starken, fast unwiderstehlichen Willen. Frühzeitig mit sich selbst fertig, war er gewillt, allen andern, der eigenen Familie, dem ganzen Staate den Stempel seiner Persönlichkeit aufzuzwingen; daraus entsprangen die traurigen Konflikte mit dem ältesten Sohne. F. W. war vermählt mit Sophie Dorothea von Hannover, der Schwester Georgs II. von England. Aus dieser Ehe stammten zehn den Vater überlebende Kinder: König Friedrich II., Prinz August Wilhelm, Prinz Heinrich, Prinz Ferdinand, der Vater des Prinzen Louis Ferdinand, die Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, die Königin Ulrike von Schweden, die Prinzessin Amalie und drei andere nach Ansbach, Braunschweig und Schwedt verheiratete Töchter. Denkmäler des Königs finden sich u. a. in Gumbinnen (von Rauch), zu Stresow auf Rügen, wo die Preußen 15. Nov. 1715 landeten, sowie seit 1885 im Lustgarten zu Potsdam. Seinen Namen führt jetzt das 2. ostpreuß. Grenadierregiment Nr. 3. Lange Zeit kannte man F. W. fast nur aus den tendenziös geschriebenen Memoiren seiner Tochter Wilhelmine (s. d.). - Vgl. dagegen Förster, F. W. (3 Bde., Potsd. 1835); Droysen, Geschichte der preuß. Politik, Tl. 4, Bd. 2-4 (Lpz. 1869-70); Ranke, Zwölf Bücher preuß. Geschichte, Buch 5 u. 6 (2. Aufl., ebd. 1879); Koser, Friedrich der Große als Kronprinz (Stuttg.1886); Paulig, F. W. I. (2. Aufl., Frankf. a. O. 1889); für die Verwaltung sehr wichtig sind die Aufsätze von Schmoller in der "Zeitschrift für preuß. Geschichte", Bd. 8, 10, 11, 12, 20; in den "Preuß. Jahrbüchern", Bd. 25 u. 26; in der "Histor. Zeitschrift", Bd. 30; der "Deutschen Rundschau", Bd. 3; den "Forschungen zur brandenb. und preuß. Geschichte", Bd. 1, und im "Jahrbuch für Gesetzgebung", Neue Folge, Bd. 1; Stadelmann, Preußens Könige in ihrer Thätigkeit für die Landeskultur, Bd. 1 (Lpz. 1878).

Friedrich II., König von Preußen (1740 - 86), genannt Friedrich der Große oder der Einzige, geb. 24. Jan. 1712 als Sohn Friedrich Wilhelms I. und der Prinzessin Sophie Dorothea von Hannover. Seine Erziehung leiteten zuerst Frau von Rocoulle, später General Graf Finckenstein und Oberst von Kalkstein. Friedrich Wilhelm stellte selbst die Grundsätze fest, nach denen der Prinz erzogen werden sollte; in allem Wesentlichen sollte er zu einem Ebenbild des Vaters geschaffen werden; die klassische Bildung sollte ihm gänzlich fern gehalten werden. Da aber der König seine eigenen Tugenden, Selbstbeherrschung und Selbständigkeit, bei dem weichen, zur Verschwendung und zu Ausschweifungen neigenden Knaben nicht vorfand, da

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 337.