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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friedrich II. (König von Preußen)

den), Kolonen wurden angelegt und die verödeten Landstriche durch Zuzug aus dem Reiche neu bevölkert. Schlesien erhielt auf 6 Monate, die Neumark und Pommern auf 2 Jahre Befreiung von allen Abgaben. Um den schwer geschädigten Rittergutsbesitzern aufzuhelfen, wurden, zuerst in Schlesien, die landwirtschaftlichen Kreditinstitute, die Landschaften, eingerichtet, die für niedrigen Zinsfuß dem Adel das zur Herstellung der Güter notwendige Geld vorschossen. F. sah nicht mehr, wie sein Vater, in dem Adel einen Feind der Krone, er hatte das adlige Offizierkorps im Kriege als seine beste Stütze schätzen gelernt. Daher hörten unter F. die Kämpfe mit den Ständen auf; er räumte dem Adel sogar manche ihm früher beschränkte Rechte wieder ein. Die Scheidung zwischen den drei Ständen, Adel, Bürger und Bauern, wurde streng festgehalten, in verschiedener Hinsicht noch verschärft. Mit einer erstaunlichen Arbeitskraft ausgerüstet, hat F. auch in die innern Angelegenheiten des Staates allenthalben persönlich eingegriffen. In der Handels- und Gewerbepolitik huldigte er im allgemeinen den Lehren des Merkantilismus. Er faßte Preußen zusammen als ein wirtschaftliches Ganzes, schloß es gegen außen ab, um es von dem wirtschaftlichen Übergewicht der Fremden zu befreien und um die preuß. Volkswirtschaft auf eigene Füße zu stellen. Es wurden mit Unterstützung der Regierung Handelscompagnien begründet, die teilweise schnell und glänzend sich entfalteten; ein staatliches Monopol bildete der Getreidehandel, durch dessen umsichtige Handhabung Preußen vor Teuerungen und Hungersnöten bewahrt blieb. Durch Handelsverträge, durch Schaffung von Absatzgebieten suchte der König insbesondere dem von der österr. Regierung schwer geschädigten schles. Leinenhandel wieder aufzuhelfen. Auch mit den nordamerik. Freistaaten trat F. in handelspolit. Beziehungen. Einen bedeutenden Aufschwung nahmen die staatlichen Fabriken, so die Seidenfabriken und die Spinnereien, die Glashütten, die Tuch- und Tabakfabriken, der staatliche Bergbau und die Hüttenindustrie. Nicht minder sorgte F. für das Aufblühen der Landwirtschaft und die Kolonisation der wüst liegenden Landstriche. In einer möglichst großen Vermehrung der Bevölkerung sah er ein Hauptmittel zur Hebung des Landes. Der Niedergang während des Siebenjährigen Krieges wurde durch systematische Beförderung der Einwanderung aus Sachsen, aus Süd- und Westdeutschland wieder ausgeglichen. Die unter der poln. Wirtschaft ganz heruntergekommene Provinz Westpreußen rettete F. für die deutsche Kultur, indem er deutsche Bauern, insbesondere aus Schwaben, dort ansiedelte, den poln. Einfluß zurückdrängte, zahlreiche deutsche Schulen und Kirchen erbaute. Auch die im östl. Deutschland noch sehr umfangreichen Flußbrüche und versumpften Seen wurden ausgetrocknet und nach Ableitung des Wassers in fruchtbares Ackerland verwandelt. So wurde das reiche Land des Oderbruchs gewonnen, ebenso der Warthebruch, der Netzebruch, der Maduesee, die Plöneniederung trocken gelegt. Havel und Oder wurden durch den Finowkanal, Havel und Elbe durch den Plauenschen, Warthe und Weichsel durch den Netzekanal verbunden, die Swine wurde schiffbar gemacht und der Hafen von Swinemünde angelegt. Um den Bauernstand zu heben, fuhr F. fort, die Leibeigenschaft wenigstens auf den königl. Domänen zu beseitigen. Die gleiche segensreiche Reform auf die ritterschaftlichen Güter auszudehnen, war der König nicht im stande, obwohl er einigemal, z. B. in Pommern, einen Anlauf dazu machte.

In der Verwaltung ist F. der Schüler seines Vaters, der diese und die Behördenorganisation so vortrefflich gestaltet hatte, daß große principielle Änderungen jetzt nicht mehr notwendig erschienen. Nur die oberste Centralbehörde, das Generaldirektorium, bedürfte teilweise einer Umgestaltung, da die Ausdehnung des Staates bedeutend gewachsen war. Bei der immer steigenden Vermehrung der Geschäfte war die von Friedrich Wilhelm I. eingerichtete kollegialische Behandlung aller Angelegenheiten nicht mehr durchführbar, es mußte notwendig wenigstens auf manchen Hauptgebieten eine Arbeitsteilung eintreten. F. brach nicht völlig mit dem Provinzialsystem, das sein Vater eingeführt hatte, die alten vier Provinzialministerien des Generaldirektoriums blieben bestehen, aber neben sie stellte der König eine Reihe von Realdepartements, indem er mehrere wichtige Verwaltungszweige aus der provinziellen Scheidung loslöste, sie einheitlich zusammenfaßte und an die Spitze dieser Fachdepartements einen eigenen Fachminister berief. So entstand 1740 ein eigenes Handelsdepartement, 1746 das Kriegsdepartement, später das Bergwerks und das Forstdepartement. Außerdem wurden noch gewisse Verwaltungen dem Generaldirektorium gänzlich entzogen und außerhalb desselben besondern Beamten unterstellt, so 1750 das Münzwesen und vor allem 1766 die Verwaltung der gesamten indirekten Steuern und Zölle, die der sog. Regie untergeordnet wurden, und weiter wurden auch ganze Provinzen von dem Generaldirektorium getrennt. Schlesien sowohl wie Westpreußen erhielten ihren eigenen Provinzialstatthalter, der direkt unter dem Könige stand; in Schlesien mit dem Namen eines Ministers, in Westpreußen mit dem eines Oberpräsidenten. Allerdings konnte bei dieser Scheidung die Einheit der obersten Verwaltung verloren gehen, doch wurde diese Gefahr, solange F. regierte, noch nicht dringend, da der König persönlich die gesamte Verwaltung übersah und einheitlich von seinem Kabinett aus regelte. Die Regierung F.s war eine durchaus persönliche, auf allen Gebieten gingen die wichtigsten Entscheidungen und die leitenden Gedanken vom König selbst aus; die Minister blieben nur noch die ausführenden Organe des königl. Willens. - Durch die Regie wurden jetzt zum erstenmal alle die verschiedenartigen indirekten Abgaben und Zölle in eine einheitliche Verwaltung zusammengefaßt, der ganze Staat mit einer Zolllinie und einer sichern Grenzkontrolle umgeben, dem massenhaften Schmuggel, der bisher die Einnahmen herabgedrückt hatte, ward Einhalt gethan. Nur eine bessere Verwaltung, nicht aber eine Erhöhung der Steuern war mit der Regie geplant; weit entfernt nach fiskalischen Rücksichten zu verfahren, gedachte der König vielmehr, die Lasten der niedern Bevölkerungsklassen zu vermindern. Auch bei der Regelung der direkten Abgaben in den neuen Provinzen ward eine gerechtere Verteilung der Steuern angestrebt; wie es in Ostpreußen, dessen "Generalhufenschoß" als Muster diente, bereits der Fall war, so wurde nun auch in den neuen Provinzen, Schlesien und Westpreußen, der Adel zu der "Kontribution", der direkten ländlichen Steuer mit herangezogen. Die Preußische Bank in Berlin und ebenso die Seehandlung wurden