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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fürstenfeld - Fürstengroschen
schwerste bedroht. Der König, der früher die Stütze
seiner Politik bei den ausländischen Mächten gesucht
hatte, näherte sich nun, von jenen im Stich ge-
lassen, den deutschen Kleinstaaten. Es gelang, Kur-
sachsen und den Kurfürsten von Hannover zu einem
Bunde mit Preußen zu bewegen; die drei Staaten
verpflichteten sich (23. Juli 1785) zur Verteidigung
der Reichsstände in ihrem Besitz und in ihren Haus-
Verträgen; jede Verletzung derselben sollte zuerst in
der Reichsversammlung zur Sprache gebracht uud,
wenn dies nicht fruchtete, mit Waffengewalt vertei-
digt werden. Bald fchlossen sich noch zahlreiche an-
dere deutsche Fürsten dein Bündnis an, so Hessen-
Cassel, Braunschweig, Mecklenbnrg-Schwerin uud
Mecklenburg - Strelitz, Sachsen - Weimar, Sachsen-
Gotha, Pfalz-Zweibrücken und die übrigen pfälz.
Linien, die Markgrafen von Baden und von Ans-
bach-Bavreutb, der Kurfürst von Mainz, der Fürst
von Anhalt-Dessau, der Bischof von Osnabrück.
Der F. war nicht ein rcformatorifcher Verein, son-
dern ein Verteidigungsbündnis und trug einen kon-
servativen, auf die Erhaltung des alten Zustandes
gerichteten Charakter an sich. Einzelne Mitglieder,
wie Herzog Karl August von Weimar, wareu aller-
dings bestrebt, dem Bunde eine festere Form zu
geben und ibn zu einem nationalen Einigungs-
werk auszugestalten. Im Reiche fand der Bund be-
geisterte Zustimmung. Kaiser Joseph uahm dar-
auf von seinen Plänen Abstand. Aber unter den
schwachen Händen des Nachfolgers Friedrichs II.
brach der F. zusammen; die Konvention von Reichen-
dach und die Entlassung Hertzbergs (1791) bezeich-
nen das Ende dieser antihabsburg.PolitikPreuhens.
- Vgl. Ranke, Die deutschen Mächte und der F.
(2 Bde., 2. Aufl., Lpz. 1875; "Sämtliche Werke",
Bd. 31 und 32); A. Sckmidt, Preußens deutsche
Politik (3. Aufl., ebd. 1807); Bailleu, Ursprung des
deutschen F. (in der "Histor. Zeitschrift", Bd. 41,
Münch. 1879).
Fürstenfeld, Stadt in der österr. Vezirkshaupt-
mannschaft Feldbach in Steiermark, rechts der links
zur Raab gehenden Feistritz, nahe der ungar. Grenze,
an der Linie Hartberg-Fehring der Ofterr. Staats-
bahnen, hat (1890) 1797, als Gemeinde 4263
deutsche E., Post, Telegraph; Bezirksgericht (251,39
si^in, 41 Gemeinden, 59 Ortschaften, 20383 deutsche
ineist kath. E., darunter 232 Evangelische, 7 Israeli-
ten), städtische Volks- und landschaftliche Bürger-
schule; städtisches Krankenhaus, Vürgerspital,
Armeninstitut, ärarische Tabakfabrik, eine der gröh-
len und wegen ihrer Erzeugnisse berühmtesten in
Österreich (^1890^ 2140 Beamte und Arbeiter, meist
Frauen, jährliche Produktion: 70 Mill. Cigarren,
87 Mill. Cigaretten, 1462 t Rauch- und 33 t Schmipf-
tabak). Die Etadtpfarrkirche, 1774 im ital. (^tile
erbaut, gehört zur Kommende F. des Malteserordens,
dessen Bestand hier bis ins 12. Iabrh. hinaufreicht.
Fürstenfeldbruck, Flecken in Bayern, s. Brück.
Fürstenfelde, Stadt im Kreis Königsberg in
der Neumark des preuß. Reg.-Bez. Frankfurt a. O.,
21 kin im N. von Cüstrin, an der Linie Stettin-
Cüstrin (Bahnhof 4 km entfernt) der Preuß. Staats-
dahnen, hat (1890) 2101 meist evang. E., Post, Tele-
graph, Vorschußverein; Ziegelfabritation, Ackerbau
und Viehzucht.
Fürst engericht. Dem Grundsatz der mittel-
alterlichen Gerichtsverfassung gemäß, wonach nur
ebenbürtige oder höher geborene Personen (Mi-68)
befähigt Md, über jemand Urteil zu sprechen,
hatten die fürstenmähigen Personen das Recht, daß
in allen Sachen, die ihr Leben oder ihre Ehre oder
ihr Fürstentuni betrafen, sie ihren Gerichtsstand
vor dem Könige haben und niemand anders über sie
in diesem Gericht Urteil finden dürfe als Standes-
genossen. Sie waren daher in den erwähnten
Sachen von dem Gericht des ko'nigl. Hofrichters
befreit; der König persönlich mußte den Vorsitz
führen und das Urteil von Fürsten (Pairs) finden
lassen. Diese Einrichtung vertrug sich mit der von
staatlichen Gesichtspunkten ausgehenden Reorgani-
sation der Rcichsgerichtsbarkeit, wie sie seit dem
Ende des 15. Jahrh, durchgeführt wurde, zwar
nicht; das Reichskammergericht sollte auch über
Reichsunmittelbare zuständig sein; man hob jedoch
das alte Fürstenrecht weder ausdrücklich noch voll-
ständig auf, sodasi Reste des "Fürstengerichts" bei
Bestand blieben, die den Anlaß zu vielen Streitig-
keiten gaben. In die Reichsregimentsordnung von
1521 wurde eine Stelle aufgenommen, nach welcher
der Kaiser sich vorbehielt, daß, wenn dachen vor-
fielen, die ganze Fürstentümer betrafen, solche nicht
vom Reichsregiment, sondern von ihm persönlich
erledigt werden sollten. Diese Stelle kam mit eini-
gen Veränderungen in die Kammergerichtsordnun-
gen von 1548 und 1555 und gab zu der Deutung
Anlaß, daß Rechtssachen über derartige Gegen-
stände nicht zur Kompetenz des Reichskammerge-
richts gehören, sondern vom Kaiser selbst mit Zu-
ziehung mehrerer Fürsten entschieden werden sollten.
Diese kaiserl. Jurisdiktion nahm d^uv ader der
Neichshofrat in Anspruch, und es ergab sich hieraus
eine umfangreiche Kontroverse zwischen dem Reichs-
kammergericht und dem Reichshofrat über den
Sinn der erwähnten Bestimmung. Zu den Fällen,
welche nach dem ältern Recht zweifellos nur in
einem F. erledigt werden konnten, gehörte insbe-
sondere die Achtserklärung eines Fürsten. Während
der Religionswirren wurden aber mehrmals evang.
Neichsstände vom Kaiser ohne Zuziehung von
Neichsfürsten in die Acht erklärt. Die Angelegen-
heit wurde daher bei den westfäl. Friedensverhand-
lungen erörtert, ihre Erledigung aber auf den näch-
sten Reichstag verschoben. Endlich bestimmte die
Wahlkapitulation Karls VI. von 1711, daß in Achts-
prozessen gegen einen Reichsstand die beiden Reichs-
gerichte zwar zur Verhandlung der ^ache zuständig
seien, ihr Beschluß aber nur als Gutachten abgefaßt
werden sollte, welches von einer aus beiden Re-
ligionsteilen in gleicher Anzahl zusammenzusetzen-
den Reichsdeputation geprüft und mit deren Bericht
dem Reichstage zur Entscheidung vorgelegt werden
sollte. Auch konnte nach der Wahlkapitulation die
Entsetzung eines Reichsstandes nicht auf Grund
eines reichsgerichtlichcn Urteils allein vollstreckt
werden, sondern es war hierzu ein förmlicher Reicbs-
schluß erforderlich. In diesem Sinne bestand daher
das F. bis zum Ende des Reichs fort.
Fürstengroschen, auch Löwengroschen, zu-
erst vom Landgrafen Balthasar von Thüringen zu
Ausgang des 14. Jahrh, geprägt, unterscheiden sich
wenig von den Vreitgroschen (s. d.), mit denen sie
den aufrechten Löwen auf der einen, das verzierte
Kreuz auf der andern Seite gemein haben. Ähnlich
sind die Neuen F., zu Anfang des 15. Jahrh, von
den Markgrafen von Meißen geprägt. Im 17. Jahrh,
hießen F. oder Apfelgro s ch e n die V24'Thalerstücke,
die auf der einen Seite den Reichsapfel mit der
Wertzahl 24 trugm.